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NahverkehrMitfahrbänke werden in Oberberg wenig genutzt

Lesezeit 4 Minuten
Eine leere Bank, daneben ein Schild mit der Aufschrift „In die Nachbarschaft“.

24 dieser Mitfahrbänke stehen im gesamten Kreis verteilt, daneben gibt es privat finanzierte Bänke.

In Oberberg stehen an zahlreichen Orten Mitfahrbänke, genutzt werden diese jedoch noch sehr verhalten. Wir haben es ausprobiert.

Seit knapp einem Jahr stehen 24 „Mitfahrbänke“ im Oberbergischen, kürzlich ist eine weitere in Engelskirchen-Bellingroth hinzugekommen. Ziel des Leader-Projekts war es, ein zusätzliches Mobilitätsangebot zu schaffen, um in den Hauptort, die angrenzenden Dörfer oder einfach bis nach Hause zu kommen, getreu dem Motto: „Unterwegs im Schildumdrehen“. Zuletzt haben diese Zeitung jedoch immer wieder Mitteilungen erreicht, dass das Angebot kaum genutzt wird. Grund genug, es selbst auszuprobieren.

Es ist Samstagnachmittag in der Morsbacher Ortschaft Lichtenberg: Nach dem Umklappen des Mitfahrschildes auf den Zielort Waldbröl heißt es, sich auf die Bank zu setzen und zu warten – genau so, wie es an dem Mitfahrschild beschrieben ist. Die Bank steht strategisch günstig nahe einer Bushaltestelle, wo das Einsteigen problemlos und gefahrlos möglich ist. Doch das Warten erinnert an das Kinderspiel „Ich zähle die roten Autos und du die blauen – wer die meisten hat, gewinnt.“

Langes Warten in Lichtenberg und Wahlscheid

Nach zehn Minuten sind 27 Pkw vorbeigefahren, die meisten haben nicht einmal registriert, dass die Bank besetzt ist. Ein Umklappen der Tafel auf „In die Nachbarschaft“ hilft auch nicht, weitere 23 Fahrzeuge fahren vorbei. Hochgerechnet sind das 150 Wagen pro Stunde, von denen fast alle mit höchstens zwei Personen besetzt sind, die meisten Fahrer sind allein unterwegs.

Ein weiterer Test in der Engelskirchener Ortschaft Wahlscheid bringt ein ähnliches Ergebnis. Dort sind zwar weniger Fahrzeuge unterwegs, doch auch hier hält niemand an der besetzten Mitfahrbank an. Ein Nachbar winkt ab. „Da kann man lange sitzen, es hält keiner an.“ Ob das vielleicht daran liegt, dass die Bänke nicht häufig frequentiert werden? Diese Beobachtung hat Benjamin Schneider, Fachbereichsleiter in der Gemeinde Morsbach, gemacht: „Ich habe noch nie jemanden auf einer Mitfahrbank sitzen sehen.“ Dennoch ist er vom Projekt begeistert: „Das ist eine fantastische Möglichkeit, CO2 einzusparen. Ich würde jemanden mitnehmen.“

Gelegenkeiten dazu gibt es genug – immerhin stehen elf dieser Bänke alleine auf Morsbacher Gebiet. Klimaschutzmanagerin Michelle Zimmermann befürwortet das Angebot ebenso. Allerdings gebe es seitens der Gemeinde kaum  Möglichkeiten, die Nutzung zu überprüfen, da die Betreuung der Bänke von den Dorfgemeinschaften organisiert wird.

Infoveranstaltung in Engelskirchen

Auch eine Nachfrage bei Leader-Regionalmanagerin Heike Brand ergibt, dass derzeit noch keine aussagekräftigen Rückmeldungen vorliegen. Es sei geplant, nach den Sommerferien Kontakt mit den Dorfgemeinschaften aufzunehmen und die Ergebnisse zu bewerten. Dass die Mitfahrbänke so ungleich im Oberbergischen verteilt sind – jeweils elf stehen in Morsbach und Engelskirchen, zwei in Bergneustadt und eine in Lindlar – führt sie auf die Unterstützung der Dorfgemeinschaften durch die Kommunen zurück.

In Engelskirchen habe es sogar eine Infoveranstaltung zum Thema gegeben. Die dortige Quartiersmanagerin Tina Docken berichtet, dass die Mitfahrbänke neben ihrer eigentlichen Bestimmung auch zur Kommunikation genutzt werden: „Sie laden ein zum Klönen und sind ein gutes Angebot, um miteinander in Kontakt zu kommen.“ Aber sie könne auch Bedenken von Eltern verstehen, die ihre Töchter nicht auf so einer Bank sehen möchten, nachdem sie ihnen jahrelang eingeschärft haben, nicht zu Fremden ins Auto zu steigen.

Doch es gibt auch positive Rückmeldungen. So schildert die Engelskirchenerin Dawn Stiefelhagen, dass die Bank in Hardt von Eltern und Großeltern für die Wartezeit und ein Schwätzchen genutzt werde, bis sie die Kinder aus der Kita abholen können. Einmal habe sie selbst getestet und „Schnellenbach“ aufgeklappt. Kurz darauf sei eine Bekannte vorbeigekommen und habe sie auf eine Tasse Kaffee eingeladen: „Ich finde das eine tolle Sache, die auch Vertrauen schaffen kann.“

Neben den Mitfahrbänken, die über Leader gefördert wurden, gibt es noch eine Reihe von weiteren Mitfahrbänken, etwa in Gummersbach und Wipperfürth. Diese wurden zum Teil mit Privatspenden errichtet.


Leader-Projekt

Die Mitfahrbank ist ein Projekt der der Leader-Region Oberberg „1000 Dörfer – eine Zukunft“, die das knapp 50 000 Euro teure Projekt mit 32 500 Euro gefördert hat.

„Landleben ist schön, aber ohne eigenes Auto ist mobil sein manchmal herausfordernd. Die Mitfahrbank ist ein Treffpunkt für spontane Fahrgemeinschaften, denn hier auf dem Land kennt man sich untereinander und kann diesen Vorteil nutzen“, heißt es von Leader zu dem Projekt, das seinen Ursprung in der Eifel hat.

Gute Erfahrungen hat auch Mareike Kirchhoff aus Lichtenberg gemacht. Neulich habe sie eine junge Ukrainerin mitgenommen: „Wir haben uns auf der Fahrt angeregt unterhalten, das war ein schöner Austausch.“ Ein anderes Mal habe sie eine Seniorin an der Bank eingeladen und während der Fahrt festgestellt, dass beide die gleichen Ziele hatten. So habe sie die Frau nach der Erledigung ihrer Angelegenheiten auch wieder nach Hause gebracht: „Wenn sich das mit den Mitfahrbänken erstmal richtig herumgesprochen hat, ist es eine tolle Sache.“