In der Republik feierten bunt kostümierte Jecken wie schon lange nicht mehr.
Sitzung in der RepublikKölsche Töne und Morsbacher Tänzer
„So gut war’s selten“, jubelte ein bunt kostümierter Jeck. Nach zwei Jahren Sitzungsabstinenz brachte die Prunksitzung der Morsbacher Karnevalsgesellschaft das Festzelt ins Beben. Vom Einmarsch des Elferrats und dem Auftritt der Kindergarde ging es Schlag auf Schlag in ein an Höhepunkten reichen sechsstündiges Programm. Die originell und kreativ verkleideten Jecken hatten kaum Zeit zu verschnaufen bei Musik, Tanz und Büttenreden.
Martin Schopps begeistert
Martin Schopps zog die Jeckenschar auf seine Seite. Der Lehrer für Deutsch und Sport und Vater zweier schulpflichtiger Kinder ließ unter anderem die Zeit im Homeschooling Revue passieren: „Da merkte man plötzlich, am Lehrer liegt es wohl doch nicht.“ Dass einige Eltern ihre Kinder schon wieder zur Schule schicken wollten, obwohl der Präsenzunterricht erst eine Woche später losging, ließ Mama und Papa kalt: „Das ist mir egal, Kind. Dann geh halt langsamer.“ Schopps hat es mit seinen Schülern nicht einfach. In Politik habe er sie gefragt, was sie von „Nord Stream 2“ halten. Die Antwort: „Keine Ahnung, Digger. Ich hab noch nicht einmal den ersten Teil gesehen.“ Apropos mangelndes Allgemeinwissen: „Ich hab Schüler, die glauben, Amazonen sind die weiblichen DHL-Boten für Amazon.“ Eine halbe Stunde begeisterte Schopps seine Zuhörerinnen und Zuhörer mit einer Pointe nach der anderen. Die dankten es ihm mit viel Applaus.
Dem Redner folgten die Sänger, und die Domstürmer nahmen die Morsbacher Bühne in Besitz. Frontmann Micky Nauber holte die Jecken direkt vor die Bühne, und auch bis in die hintersten Reihen hielt es keinen auf seinen Plätzen. Ob „Meine Liebe, meine Stadt, mein Verein“, „Mach dein Ding“ oder eines ihrer neueren Lieder „Zo Hus“ – die Jeckenschar bildete einen großen Chor, der Textsicher die Band begleitete. Schlag auf Schlag ging es in Morsbach mit den Auftritten weiter.
Neben dem Tuppes vum Land Jörg Runge, Willi und Ernst und den Swinging Funfares kamen die Morsbacher Tanzgruppen Wolpertinger und die Mini-Wolpertinger ins Zelt. Auch die dreiköpfige Band „Kommando 3“ und „Bel Kantholz“ die achtköpfige Boygroup des MGV Eintracht Morsbach kamen bei den Jecken gut an. Der Auftritt von Prinz Philip I. aus dem Hause Zimmermann, der Garde Blau-Weiß und der Funkengarde bildeten den fulminanten Abschluss der Prunksitzung.
Rathaussturm
Auch 2023 schaffte es Morsbachs Bürgermeister Jörg Bukowski nicht, seine „Festung Rathaus“ gegen die anstürmenden Narren zu verteidigen. Gestärkt durch den Segen von Pfarrer Tobias Zöller in der Karnevalsmesse zog das bunte Schmölzchen zunächst von der Basilika zum Rathaus. Dort angekommen, erwartete Prinz Philip I. ein Ratespiel nach Art der TV-Herzblatt-Show. Der Prinz, der bekanntermaßen noch Single ist, wurde von Herzblatt-Moderator Jörg Bukowski, verkleidet mit einer Rudi-Carrell-Maske, vor die Aufgabe gestellt, aus drei Kandidatinnen per Fragespiel seine Frau fürs Leben zu finden. Damit verbunden war der begehrte Rathausschlüssel. Der Prinz entschied sich für Susi Sonnenschein alias Sigrid Stark, die hinter der Trennwand hervortrat, um ihm den großen Schlüssel umzuhängen.
Der Bürgermeister musste einsehen, dass sich Philip I. wacker geschlagen hatte. Dafür gab es für die Tollität und Susi mit einem dreifachen „Mueschbech deheem“ einen Flug mit dem Herzblatthubschrauber nach Rom bei Morsbach. Doch zuerst verkündete Prinz Philip seine elf närrischen Paragrafen. Er möchte beispielsweise die Tourismusbranche ankurbeln, in dem er den Eisenbahnhaltepunkt Kömpel zum ICE-Bahnhof ausbaut. Der Anschluss nach Morsbach soll von dort aus per Draisine erfolgen. Außerdem sollen in den Schulen neue Pflichtfächer eingeführt werden, in denen Müeschbejer Platt und Gardetanz unterrichtet werden.