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SchimmelwohnungBehindertes Paar aus Marienheide im Streit mit Vermieter

Lesezeit 3 Minuten

Carmen Seils und Dirk Beyer leben seit 12 Jahren in einer immer wieder aufs Neue verschimmelten Wohnung.

Marienheide – Jeden Morgen wacht Carmen Seils mit Magenschmerzen und Angst auf. Eigentlich arbeitet die 55-Jährige bei den RAPS (Rehabilitation, Arbeitstraining, Produktion und Service) Gemeinnützigen Werkstätten. Eigentlich, denn ihre Arbeit, die sie dort seit 22 Jahren ausübt, fällt ihr von Tag zu Tag schwerer. Seils erklärt, warum: „Ich bin in Gedanken immer in unserer Wohnung und kann mich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren.“

Die Wohnung von Carmen Seils und ihrem Verlobten Dirk Bayer ist durchaus ein Grund zur Sorge. Die Wand oberhalb des Fliesenspiegels im Bad ist schwarz und das nicht etwa, weil das Paar sich diese Farbe ausgesucht hat. Es sind dichte Schimmelausblühungen. „Auch die Fensterrahmen in den anderen Zimmern sind schwarz vor Schimmel“, berichtet Seils mit besorgtem Blick.

Seit einem Jahr in der Gruppentherapie

Die Wohnung hat das Paar vor zwölf Jahren von der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Marienheide gemietet. „Schon damals waren die Fensterrahmen schwarz. Ich war nur leider zu krank und habe nicht darauf geachtet, dass die Schimmelproblematik im Protokoll erfasst wird,“ erzählt Bayer und zeigt Fotos auf seinem Notebook vom Beginn des Mietverhältnisses. Seitdem hat der seit einem Verkehrsunfall stark beeinträchtigte Marienheider alles dokumentiert.

Carmen Seils leidet an einer psychischen Erkrankung und einer angeborenen geistigen Behinderung. In ihrer Kindheit und Jugend hat sie Schlimmes erlebt. Ihre Nichte starb mit kaum zwei Jahren. Anschließend ihre Mutter, dann der Vater. Von einem engen Verwandten sei sie jahrelang sexuell missbraucht worden, sagt sie. Alles, was in ihrem Alltag seitdem nicht nach Plan läuft, bringt sie emotional aus dem Konzept, macht ihr Angst, macht sie noch kränker. Seit einem halben Jahr geht sie deshalb wieder zur Gruppentherapie.

Johanneswerk: Hilfe bei der Kommunikation

Thomas Scharfenberg vom Evangelischen Johanneswerk Oberberg, der das Paar seit einigen Monaten betreut, stuft die Situation als untragbar ein. „Die beiden können sich aufgrund ihrer Erkrankung kaum zur Wehr setzen. Sie leben und schlafen seit Jahren in einer verschimmelten Wohnung.“

Nun greift er den beiden unter die Arme, hilft bei der Kommunikation mit der Genossenschaft. Aber, es zieht sich. „Die Genossenschaft hat ein Gutachten beauftragt, eine verständliche Auswertung haben Frau Seils und Herr Bayer jedoch nie erhalten.“ Bis zum heutigen Tage sei auch völlig unklar, ob und inwieweit eine Gesundheitsgefährdung vorliegt. Die Genossenschaft führe alles immer auf schlechtes Lüften zurück.

Schimmel lässt sich durch Lüften nicht beseitigen

Unter anderem droht die von der Genossenschaft beauftragte Anwaltskanzlei nun damit, dass „Sollte sich erneut ein solcher Schaden zeigen, wird das Mietverhältnis mit ihnen fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt werden.“ Und weiter heißt es: „... dass, sollte durch ihr Nutzungsverhalten weiterhin schuldhaft der Schimmelpilzbefall in der Mietwohnung verursacht werden, wir sie hierfür schadensersatzpflichtig machen werden.“

Bayer beteuert, immer regelmäßig zu lüften, jedoch: „Das Problem war von Anfang an da und lässt sich nicht in den Griff bekommen.“ Zwar hätte die Genossenschaft auch Maler in die Wohnung geschickt, die mit Fungiziden und einem neuen Anstrich dem Schimmel Herr werden wollten, aber „das kommt immer wieder.“

So schnell wie möglich eine neue Wohnung

Das Paar wünscht sich nichts mehr, als so schnell wie möglich in eine neue Wohnung ziehen zu können. Bei dem aktuellen Wohnungsmarkt alles andere als einfach. „Wir arbeiten beide in der RAPS, jeden Tag von acht bis halb vier“, berichtet Seils. Bayer, der bislang noch sehr wählerisch bei der Wohnungssuche war, würde mittlerweile alles nehmen „Hauptsache wir kommen hier raus.“

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Die Genossenschaft lehnt eine Stellungnahme mit Verweis auf das laufende Verfahren ab. Die beauftragte Kanzlei teilt dieser Zeitung schriftlich mit: „Sollten sich Frau Seils und Herr Bayer im Recht befinden, so können auch Sie ruhigen Gewissens davon ausgehen, dass beiden durch das Gericht entsprechendes Recht zugesprochen wird.“