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Serie

Mein ältester Schatz
Julia Wewer aus Marienheide kocht gerne Leckereien aus Omas Buch

Lesezeit 4 Minuten
Mein Schatz; Julia Wewer; Omas Kochbuch

Julia Wewer mit dem Kochbuch ihrer Oma aus dem Jahr 1925. Davor steht ein Teller mit Szekler Kuchen.

Fast 100 Jahre alt ist der älteste Schatz von Julia Wewer – es ist ein Buch mit dem Titel „Schuster's Küche und Haushalt“.

Julia Wewer hat einen ganz besonderen Schatz. Es ist ein Buch, dem man sein hohes Alter durchaus ansieht. Ganz ehrlich: es fällt bereits ein wenig auseinander. Zum einen ist das Buch viel und ausgiebig genutzt worden und zum anderen ist es alt. Fast 100 Jahre, um genau zu sein. Die 43-jährige Grafikdesignerin und Illustratorin, die mit Mann und Eltern vor ein paar Jahren aus Remscheid nach Marienheide gezogen ist, weiß, dass das Buch sogar noch ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hat.

„Es ist die dritte Auflage von 1924, die erste Auflage stammt wohl von 1913“, sagt sie. Es handelt sich dabei nicht um einen Roman, sondern um „Schuster's Küche und Haushalt“, und der Name ist Programm. „Das Buch wurde von Christine Schuster geschrieben, der ehemaligen Leiterin der Haushaltsschule des Hermannstädter Ortsvereins. Und es ist eben ein Koch- und Haushaltsbuch“, sagt Julia Wewer.

Rezepte sowie hilfreiche Tipps und Tricks für den Haushalt

Mit allem, was dazugehört: Rezepten natürlich, und – heute würde man es so ausdrücken – Tipps und Tricks für den Haushalt. Es ist für Julia Wewer aber vor allem eine rund 900-seitige Verbindung zu ihrer Großmutter. „Ich habe meinen Opa nicht mehr kennengelernt, aber mit meiner Oma hat mich bis zu ihrem Tod im Jahr 2007, da war sie schon über 90 Jahre alt, ein ganz enges Band verbunden“, sagt die 43-Jährige.

Die beiden sind sich so nahe gewesen, dass die Enkelin schon Jahre vor dem Tod der Oma Alpträume davon gehabt hat. „Ich war 27 Jahre alt, als sie dann starb. Vor drei Jahren haben wir dann das Haus meiner Großmutter in Remscheid verkauft und sind zusammen mit meinen Eltern nach Marienheide gezogen“, sagt Julia Wewers. „Schuster's Küche und Haushalt“ natürlich mit im Gepäck.

Julia Wewer hat ihre Oma viele Jahre beim Kochen erlebt

Da sie ihre Oma über viele Jahre erlebt hat, kennt sie natürlich auch die Geschichte des Buches. Und die reicht noch eine Generation weiter zurück, zur Urgroßmutter. „Sie hatte es als erste in meiner Familie. Meine Oma stammt aus Siebenbürgen in Rumänien, mein Vater ist als 19-Jähriger aus Remscheid nach Medias gereist, um dort eine Zweigstelle des Familienunternehmens aufzubauen. Die beiden haben sich zum ersten Mal getroffen, da war meine Oma zwölf Jahre alt. Da war natürlich noch nichts mit Liebe und Beziehung – aber zehn Jahre später haben die beiden geheiratet und sind nach Remscheid gezogen“, erzählt Julia Wewer.

1935 sind Oma, Opa und Buch ins Bergische gekommen. Dort angekommen, musste sie erst einmal lernen, das Oberbergische zu verstehen. „In den späteren Kriegsjahren wurde sie nach Waldbröl geschickt, hat dort in Schnörringen bei einer Bäuerin gelebt und gearbeitet – 1945 ist mein Vater dort zur Welt gekommen“, sagt die 43-Jährige.

Mit dem Umzug nach Marienheide schließt sich ein Kreis

Insofern schließt sich nun mit dem Umzug nach Marienheide gewissermaßen ein Kreis. Und noch heute kocht und backen Julia Wewer und ihre Mutter gerne und viel aus dem alten Buch mit seinen Rezepten für Leckereien aus Siebenbürgen. Zum Beispiel den Szekler Kuchen, ein sehr süßes und reichhaltiges Gebäck aus Mürbteig mit Marmelade und Haselnüssen.

Oder Julia Wewers Lieblingsrezept mit dem vielsagenden Namen „Non plus ultra“. Das sind eine Art Plätzchen mit Baiser. „Die sind nicht ganz einfach zu backen, aber schmecken einfach fantastisch. Und sie haben es in die ‚Bergischen Kaffeehausgeschichten‘ geschafft, mein Vater hat eine Geschichte über ein Gummersbacher Café geschrieben, in dem ,Non plus ultra' vorkommen“, sagt Julia Wewer schmunzelnd.

Dass Gerüche Trigger sein können, ist heute allseits bekannt. Bei Julia Wewer funktioniert das beim Backen der Spezialitäten aus Siebenbürgen. „Wenn die Gerüche entstehen, dann ist es so, als ob meine Oma wieder da ist, dass sie neben mir steht und wir zusammen Szekler Kuchen backen“, sagt Julia Wewer. Und auch wenn es vor allem die süßen Rezepte sind, von denen bislang die Rede ist, will die 43-Jährige nicht vergessen, auf Omas Kartoffelsalat hinzuweisen. „Der ist legendär und wir bis heute gerne gemacht. Meine Oma war eine wunderbare, offene, laute und lustige Frau“, sagt sie. Wie schön, dass sie da in den Rezepten und Gerichten weiterleben kann.


Zum Nachbacken: Rezept für Szekler Kuchen

Teig: 210 Gramm Mehl, 140 Gramm Butter oder Fett, ein Ei, 70 Gramm Zucker und für die Füllung etwas Obstmarmelade. Guss: 210 Gramm Zucker, vier Eier und 210 Gramm ungeschälte geriebene Mandeln, Haselnüsse oder Nüsse.

Zubereitung: Teigzutaten vermischen und auf einem Backblech auswalken, am Rand zwei Zentimeter Teigrand aufsetzen, innen mit der Marmelade bestreichen. Die Eier mit dem Zucker flaumig schlagen, die Mandeln oder Nüsse unterheben und den Kuchen begießen. Dann im Ofen backen.