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Lebendiges OberbergDie Schlehe eignet sich gut als Heckenpflanze und schmeckt den Insekten

Lesezeit 4 Minuten
Die Schlehe bzw. der Schleh- oder Schwarzdorn (Prunus spinosa)

Die Schlehe ist beliebt bei Nektarsammlern.

Die weißen Blüten der Schlehe sollen einer Legende nach ein Gottesgeschenk gewesen sein. Im Frühling sind sie ein Paradies für Nektarsammler.

Mit Unterstützung der Biologischen Station Oberberg stellen wir Arten vor, die uns in Oberberg aufgefallen sind. Diesmal geht es um die Schlehe.

Der Dokumentarfilmer Dieter Wieland erinnert sich in seinem Film „Heckenlandschaften“ aus dem Jahr 1993: „Es war einmal eine Zeit, da gab es noch keine Elektrozäune und auch der Stacheldraht war so teuer, dass ihn sich nur reiche Leute und das Militär leisten konnten. Damals waren die Zäune lebendig und blühten und dufteten und trugen Früchte, fast das ganze Jahr.“ Er spricht natürlich von Hecken. Das Wort Hecke geht auf das althochdeutsch „hegga“ (= (ein)hegen, umzäunen) zurück. Heute allerdings schützen eher Gesetze, Metallzäune und Beizmittel die landwirtschaftlichen Erträge, wodurch die Hecken zu einem Phänomen privater Gärten wurden und Hecken die freie Landschaft zunehmend seltener prägen.

Schlehe: Leckere Alternative zum giftigen Kirschlorbeer

Hecken bestehen bekanntermaßen aus Gehölzen, vor allem Sträuchern, also Pflanzen mit verholzter Sprossachse, die sich bereits ab der Wurzel verzweigen und keinen aufrechten Stamm bilden. Eine leider beliebte Heckenpflanze ist die aus dem Nahen Osten stammende Lorbeerkirsche (Prunus laurocerasus, auch „Kirschlorbeer“ genannt), die giftiges Prunasin enthält. Ein ungiftiger Verwandter ist die Schlehe (Prunus spinosa), die auch als Schwarzdorn bekannt ist.

Im Gegensatz zum Kirschlorbeer verliert die Schlehe das Laub und zeigt im Winter ihre sparrige Struktur. Aber dann ereignet sich ein Wunder in der Landschaft, das der Filmemacher Wieland in folgende Wort fasst: „Und über Nacht, von einem Tag auf den anderen sind die Knospen der Schlehen aufgegangen, vom blanken Holz, ohne jedes Grün, so üppig, so reich, dass man kaum noch etwas sieht vom Gerüst der Zweige. Die Landschaft ist so schlagartig verwandelt, wie das sonst nur noch der Schnee tun kann.“ Und dann ist endlich Frühling, könnte man ergänzen.

Zahlreiche Legenden über die Schlehe

Es existieren übrigens zahlreiche Legenden zu diesem Ereignis. In einer polnischen Stadt ist überliefert, dass man der Schlehe unterstellte, ihre Zweige für die schmerzende Dornenkrone von Jesus Christus zur Verfügung gestellt zu haben. Um die Unschuld der Schlehe zu offenbaren, schüttete Gott über Nacht unzählige weiße Blüten über dem Strauch aus.

Im Herbst werden aus den hübschen Schlehenblüten tiefblaue Früchte, auf die ihr vom Indogermanischen „(s)li“ (= bläulich) abgeleiteter Namen zurückzuführen ist, und die aufgrund des herben, adstringierenden Geschmacks gerne in Schnaps eingelegt werden, um einen im Bergischen Land beliebten Likör herzustellen.

Auch als Nistort für Vögel wie Heckenbraunelle oder Kleinsäuger wie für die Haselmaus ist die Schlehe perfekt geeignet. Denn aufgrund der Vielzahl an Dornen dringt so schnell keine vorwitzige Hauskatze in einen Schlehenstrauch ein. Auch Pferde, Rinder und Schafe hüten sich vor dem Abknabbern der wehrhaften Triebe.

Es gibt aber doch eine Reihe von Tieren, die sich an der Schlehe gütlich tun. Zahlreiche Raupen, wie die des Hecken-Wollafters und Käfer wie der Schlehen-Blütenstecher sind klein genug, dass die Dornen nicht wirken. Sie laben sich unverdrossen am Grün der Blätter, am Nektar oder am Pollen der Blüten. Auch Pilze erweitern die Artenvielfalt einer Schlehdornhecke, wie die parasitäre Gattung Taphrina, die aus den Schlehdornfrüchten sogenannte Narrentaschen werden lässt.

Die aufgesetzten Früchte beschwipsen übrigens nicht nur die in den Mai tanzende Landbevölkerung. Auch Vögel fressen sich an den Steinfrüchten satt, ohne sich aus ihrem Versteck wagen zu müssen. Wenn sie dann doch das Gebüsch verlassen, helfen sie bei der Ausbreitung der Pflanze. Ein weiterer Hecken-Fan ist darum der Landschaftsgärtner Hermann Benjes, der in derben Worten erklärt: „Vögel scheißen sich ihre eigene Hecke zusammen. Wie sie es ohne Biologiestudium schaffen, dass eine Hecke entsteht, in der ausgerechnet jene Sträucher dominieren, die ihnen die meisten Beeren und die sichersten Nistplätze bieten, das sollte man nicht einfach verstehen, sondern naturnah erleben wollen.“

Die Schlehe liebt Licht und Wärme

Allerdings entstehen ohne Zutun des Menschen in der Natur eigentlich keine Hecken in Form linienförmiger Strauchreihen, allenfalls Waldränder oder Gebüsche werden durch den Vogelkot verbreitet. Aber Vorsicht: Die Licht und Wärme liebende Schlehe hat auch eine finstere Seite. Ist man nicht ständig mit scharfem Werkzeug zur Stelle, verleibt sich die Schlehe peu à peu alle offenen Bereiche in ihrer Nähe ein. Dank hartnäckiger Ausläufer entsteht aus einem einzelnen gepflanzten Strauch bald ein ausgedehntes Gebüsch.

Es entsteht ein Paradies für Klappergrasmücke und Konsorten, das mit einem herben Verlust für die Raumansprüche des Gärtners verbunden sein kann. Dann hat eine vielfältige trockenwarme Offenlandflora, die Naturliebhaber schätzen, keine Chance mehr. Schlehensträucher lassen sich aber problemlos auf den Stock setzen, also radikal herunterschneiden und treiben dann wieder dicht und widerstandsfähig aus.

Die Biologische Station Oberberg plädiert natürlich für die Verbreitung der Schlehe in der Bergischen Kulturlandschaft. Man soll nur genau abwägen, ehe man leichtfertig ein Gehölz in die Welt setzt, denn jede Art hat ihre spezifischen Ansprüche und Eigenheiten, mit Vor- und Nachteilen.