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Schnelle GefechteWarum Frauen bei den Fechtturnieren in Gummersbach so erfolgreich sind

Lesezeit 4 Minuten
Kampfszene beim Degen-Fechten

In fünf Gruppen und im Modus Jeder-gegen-jeden fochten die Männer und Frauen die Finalpaarungen in Gummersbach aus.

Weit über 100 Kampfsportler, auch aus dem Ausland, zog es am Wochenende nach Gummersbach. Darunter überraschend viele Frauen.

Genau 14 Meter lang sind die Kampfbahnen, die Björn Sommerfeld und seine Mitstreiter in der Kienbaum-Halle akribisch ausgelegt und verkabelt haben. Klingt nach viel Raum, der allerdings schnell knapp wird, wenn ein übermächtiger Gegner zur Attacke ansetzt. Dazu kommt: Auf dem jeweils vorletzten Meter jeder Seite signalisieren Schraffierungen, dass der weitere Rückzug keine gute Idee ist. „Ein bisschen Mut gehört schon dazu – Weglaufen gilt bei uns nicht“, erklärt Sommerfeld und lacht.

Auch zwei Damenrunden bei Turnier in Gummersbach

Gerade hat Sommerfeld, Vorsitzender des Fechtsport Gummersbach von 1890 (FSG), die Teilnehmer des 22. „Bergischen Degentreffens“ in Gruppen eingeteilt. Während auf etlichen Bahnen die ersten Gefechte starten, hat der Vereinschef ein bisschen Zeit zum Durchschnaufen. Die Organisation steht, die rund 60 Fechterinnen und Fechter sind fürs Erste im Modus Jeder-gegen-jeden beschäftigt.

Gruppenfoto von 60 Degenkämpferinnen und -kämpfern

Mit dem Degentreffen am Samstag eröffneten über 60 Jugendliche und Erwachsene das Turnier-Wochenende in Gummersbach.

Drei Herren- und zwei Damenrunden ermitteln zunächst ihre Sieger, deren Erstplatzierte danach wiederum die beiden Gesamtsieger unter sich ausmachen. Die Stimmung ist jedenfalls schon beim Aufwärmen locker, die Kampfsportler sind bestens gelaunt. Ein Grund: „Die Fechtsaison fällt immer mit dem Schuljahr zusammen“, berichtet Sommerfeld. Soll heißen: Alle Titel und Auszeichnungen der Saison sind bereits vergeben, in der Halle gibt es niemanden mehr, der auf der Jagd nach Ranglistenpunkten ist.

„Der Leistungsdruck ist weg, bei uns in Gummersbach steht allein der Spaß am Fechtsport im Zentrum“, betont der Vereinschef. Und das hat sich scheinbar herumgesprochen, aus ganz NRW, aber auch aus Hessen, aus Norddeutschland und den Niederlanden sind Menschen mit Degen angereist. Unter den Schutzhelmen verbergen sich, für das Publikum vielleicht überraschend, viele weibliche Gesichter.

Im Training stehen einem ja immer denselben Gegnern gegenüber. Da hat man sich die Schwächen der anderen längst eingeprägt.
Björn Sommerfeld über den Reiz eines Turniers

Auf etwa 40 Prozent schätzt Sommerfeld den Anteil der Frauen im bundesdeutschen Fechtsport. Eine, die zu dieser Quote beiträgt, ist Josephine Reinhardt vom Turnverein Wetzlar. Die 17-Jährige, von allen „Josy“ genannt, kam vor fünf Jahren zum Fechten und hat gleich mehrere Freundinnen im Schlepptau. Manche wurden durch fechtende Geschwister angeregt, andere sahen zufällig ein Duell bei Olympia und waren sofort fasziniert.

Zu sehen sind eine Degen-Fechterin und ein Degen-Fechter mit Ausrüstung.

Josy“ Reinhardt und Martin Zieher kamen aus Wetzlar zu dem Turnier in Gummersbach.

Zwar kämpfen bei dem Gummersbacher Turnier Frauen und Männer unter sich, sportlich gesehen wäre das aber nicht zwingend. Josy etwa hat vor gar nicht langer Zeit erst ihren Vereinskameraden Martin Zieher (62) besiegt. „Gerade größere Männer mögen die längeren Arme haben. Das gleichen manche Frauen aber mit einer besseren Beweglichkeit locker aus“, sind sich beide einig. „Fechten ist wie Schachspiel mit Kondition und Technik“, beschreibt Zieher seine Leidenschaft und betont, dass taktischer Überlegung eine dominierende Rolle bei der Frage über Sieg oder Niederlage zukomme. „Der Großteil eines Gefechtes spielt sich ganz klar im Kopf ab.“

Drei Minuten oder eben fünf Treffer dauert jeder Schlagabtausch. Natürlich bleiben die Gummersbacher nicht nur in der Rolle der Gastgeber. Mit Thomas Ossenbühl, Michel Scheffels, Sabine Bölling und dem Vater-Sohn-Team Torsten und Tristan Jaeschke gehen gleich fünf Oberberger mit ins Rennen. Für die eigenen Mitglieder biete das Turnier gute Möglichkeiten, ihr sportliches Können einzuordnen, erklärt Björn Sommerfeld. Denn: „Im Training stehen einem ja immer denselben Gegnern gegenüber. Da hat man sich die Schwächen der anderen längst eingeprägt. Beim Turnier steht man vor unbekannten Herausforderungen.“

Gummersbacher Turnier über zwei Tage

Sommerfeld selbst griff am gestrigen Sonntag beim „Bergischen Florett-Treffen“, dem zweiten Gummersbacher Turniertag, zur Waffe. Verglichen mit dem Degen ist das Florett genau ein Drittel leichter, außerdem gibt es eine kurze Variante. Damit stellten sich am Sonntag über 50 Kinder ab neun Jahren den Kämpfen und verwandelten die Kienbaum-Halle in ein munteres Gewusel.

Björn Sommerfeld und der FSG waren mit dem Turnier rundum zufrieden und freuten sich besonders über die hohen Meldezahlen beim Nachwuchs. „Das Florett ist der Einstieg in unseren Sport. Das große Interesse der Jungs und Mädchen macht uns optimistisch für die Zukunft“, so Sommerfeld.


Zweimal wöchentlich wird beim FSG trainiert und zwar dienstags und freitag in der Halle der Grundschule Steinenbrück. Der Sport eigne sich für alle Altersgruppen und gerade auch für Senioren, findet Björn Sommerfeld. „Drei Minuten körperlich und geistig Vollgas geben und dann wieder eine Pause.“ Die Details gibt es auf der Homepage des FSG. www.fechtsport-gummersbach.de