Unter den Trikots tragen die Handballer des VfL Gummersbach eine Art Bustier, in dem sich ein kleiner Tracking-Sensor befindet.
VfL GummersbachJeder Schritt auf dem Feld wird aufgezeichnet – Selbst im Handball ist ein Sensor
Am heutigen Sonntag wird Mervi Klama zum letzten Mal in dieser Saison die Tracking-Sensoren an die Handballer des VfL Gummersbach und die Gegner aus Göppingen verteilen. Unter den Trikots tragen die Spieler eine Art Bustier, das auf der Rückseite eine Tasche hat, in die der kleine Sensor eingeschoben wird. Gemessen wird vor und während des 60-minütigen Spiels ganz individuell bei jedem Handballer die zurückgelegte Strecke, die Sprints, Geschwindigkeiten, Beschleunigungen, Verlangsamungen und die Richtungswechsel. Obendrein steckt ein Sensor im Spielball.
Handball-Bundesliga: Tracking-Sensoren für Spieler und Bälle
Mervi Klama, deren Söhne Joonas und Niklas, beim VfL mit dem Handball begannen, arbeitet seit Anfang der Saison für das Sportanalyse-Unternehmen Kinexon, das diese Daten für die Handball-Bundesliga (HBL) erhebt. Bewegungs- und Leistungsdaten von fast 400 Spielerinnen und Spielern sowie des Balls werden gesammelt. Trainer und Liga können die Daten in Echtzeit nutzen. Für Sponsoren, Medien und Fans gebe es ausgewählte Live-Statistiken, wie es in der Beschreibung von Kinexon heißt.
Mit dem Sport ist Mervi Klama nicht nur über ihre Söhne vertraut, sondern auch über viele Funktionen im VfL in den vergangenen Jahren. Als sie vor der Saison die Ausschreibung las, hat sie sich auf die Stelle der Datenanalyse beworben.
Die Gummersbacherin wird an diesem Tag von Andy Aelmanns unterstützt, der schon länger dabei ist und selbst Handball beim TV Weiden bis in die Regionalliga gespielt hat. Mervi Klama ist fest für die Hallen in Gummersbach, beim Bergischen HC und der HSG Wetzlar zuständig, war aber auch schon in Melsungen, bei den Rhein-Neckar Löwen oder in Eisenach im Einsatz. „Wir sind zwar einem Verein zugeordnet, helfen aber auch bei anderen Clubs aus, wenn dort jemand beispielsweise wegen Urlaub nicht kann“, erklärt die Gummersbacherin.
Fünf Stunden vor Spielbeginn sind die beiden Tracking-Operatoren, wie die Bezeichnung für Mervi Klama und Andy Aelmanns ist, vor Ort, um die Sensoren in der Halle, die der Spieler und in den Bällen aufzuladen. 20 Anker, 18 feste und zwei mobile, sind rund um das Spielfeld an der Decke und in der Bande verteilt.
Ihre Daten konstruieren ein 3D-Modell, über das die Bewegungsprofile der Spieler aufgezeichnet werden. Erfahrungen mit der Echtzeit-Analytik sammelt Kinexon nicht nur in verschiedenen Sportarten, sondern auch international, wie etwa in der amerikanischen Basketball-Liga NBA.
„Wir prüfen im Vorfeld der Partie, ob alle Anker funktionieren“, berichtet Mervi Klama. Der erste Test ist der mit den Sensoren und Bällen. 70 Minuten vor Anpfiff bekommen die Handballer ihre Chips und können bereits beim Warmlaufen Daten sammeln, wenn sie möchten. Über die Firmenzentrale in München werden die Informationen zurück an die Vereine gegeben, die diese auswerten.
Über ein Tablett können die Daten bereits während des Spiels abgefragt und ausgewertet werden. „Vereine wie die Rhein-Neckar Löwen und die MT Melsungen nutzen die Datenerfassung auch fürs Training“, berichtet Mervi Klama. Das ist dort möglich, weil die Clubs, anders als der VfL, nicht zu jedem Heimspiel das Spielfeld neu aufbauen müssen, sondern es auch im Training nutzen.
VfL Gummersbach: Die Daten gehen auch an die Athletiktrainerin des
Während des Spiels sitzt Klama vor dem Tablet und verfolgt, ob alles Sensoren funktionieren. Sollte einer ausfallen, kann er ersetzt werden, dazu hat jede Mannschaft vier Zusatz-Sensoren. Das gilt auch für die vier Bälle pro Spiel, die bei Bedarf und mit Einverständnis des Schiedsgerichts getauscht werden. „Scheidet ein Spieler mit einer Roten Karte oder verletzt aus, lege ich ihn im System schlafen“, sagt Mervi Klama.
„Die Informationen gehen an die Athletiktrainerin, die nach den Daten den Trainingsplan ausarbeitet“, sagt VfL-Außenspieler Tilen Kodrin. Die Auswertungen helfen, sich zu verbessern, was die Schnelligkeit oder die Sprungkraft angehe. Die Daten würden auch genutzt, um die Belastung zwischen den Spielern auszugleichen, erklärt VfL-Athletiktrainerin Kim Kron. Damit die Handballer, die lange gespielt haben, und die mit weniger Einsatzzeit auf das gleiche Level kommen.
Nach einer Saison in Sachen Daten zieht Mervi Klama ein positives Fazit ihrer Arbeit. „Sie macht Spaß und es sind ganz andere Augenblicke im Handball zu erleben“, erklärt sie und meint damit nicht nur die 60 Minuten Spielzeit, sondern auch das ganze Drumherum.