Nach einer Wolfsichtung macht sich Biobauer Peter Schmidt Sorgen um seine Schafe, wenn sie demnächst auf die Frühlingsweide kommen.
Nach Sichtung in Rhein-BergWolf verfolgte Mädchen – Schafhalter in Oberberg in Sorge
„Der Wolf ist da, das ist eine Tatsache, und er geht auch nicht mehr weg.“ Biobauer Peter Schmidt aus Bünghausen macht sich Sorgen um seine 25 Mutterschafe und ihre Lämmer, wenn sie demnächst aus dem Winterstall auf die Frühlingsweide kommen. So wie ihm geht es auch anderen Oberbergern, seit im Januar eine 14-Jährige berichtete, ihr sei im Eifgenbachtal zwischen Odenthal und Wermelskirchen auf einem Ausflug mit Pony und Hund über eine Strecke von rund 200 Metern ein Wolf gefolgt. „Der Wolf kümmert sich nicht um die Kreisgrenze. Wenn ich bedenke, dass er bis zu 100 Kilometer am Tag zurück legt, dann ist Wermelskirchen nur einen Katzensprung entfernt“, meint Schmidt.
Bisher waren Oberbergs Wölfe Jungtiere auf Wanderschaft
Bisher stehe nicht fest, ob es sich bei der Begegnung im Rheinisch-Bergischen Kreis wirklich um einen Wolf gehandelt habe, schränkt Wolfsberater Dietmar Birkhahn vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz ein. Aber auch wenn sich herausstellen sollte, dass es keiner war – im Nordkreis bei Wipperfürth und Radevormwald tappte Isegrim zu Jahresbeginn gleich mehrfach in Fotofallen. In der Vergangenheit gab es in jedem Jahr mehrere mutmaßliche Wolfssichtungen, und 2021 wurden bei Engelskirchen-Loope auch Schafe gerissen.
Allerdings handelte es sich bei den Wölfen in Oberberg nach Auskunft des Wolfsberaters bisher immer um Jungtiere auf Wanderschaft. Zwischen März und November verlassen sie ihr angestammtes Rudel und gehen auf Partnersuche.
„Sie sind unerfahren und neugierig“, sagt Birkhahn, das sei wohl auch bei der Begegnung in der Nähe von Wermelskirchen so gewesen. Das Mädchen habe genau richtig reagiert, indem es den Hund angeleint habe und mit dem Pony zügig weitergegangen sei. Auch Lärm machen mit Rufen und Klatschen könne sinnvoll sein.
„Wölfe sind scheue Tiere“, weiß auch der stellvertretende Kreisjagdberater Oliver Sadowski. „Ein Wolf geht nicht das Risiko ein, verletzt zu werden. Er wird daher nicht Pferd und Reiter angreifen“, glaubt auch Birkhahn. Allerdings sei ein Wolf ein Wildtier und verteidige sich, wenn er in die Ecke gedrängt werde oder verletzt sei. „Es ist kein Kuscheltier, und auf keinen Fall sollte man ihn anfüttern. Viele Menschen haben heute den Bezug zur Natur verloren.“
Doch wie viel Wildnis verträgt Oberberg? Bauer Peter Schmidt, als Vorstandsmitglied im Biokreis NRW zuständig für den Wolf, schützt – seit Oberberg offiziell Wolfsland ist – seine Schafe mit zu 100 Prozent vom Land finanzierten Zäunen.
Allerdings seien die, abgesehen vom höheren Aufwand beim Errichten, besonders an Steilhängen nicht sicher, meint er, und wenn ein junger Wolf einmal gelernt habe, dass er von Menschen nichts zu befürchten habe, bediene er sich gern an der leichten Beute. Er plädiert dafür, „Deiche, Dämme und anspruchsvolle Mittelgebirge mit viel Weidetierhaltung wie in Oberberg im Sinne eines konsequenten Managements von Wölfen frei zu halten“.
In Oberberg ist es dem Wolf vermutlich zu kahl
„Maß halten in beide Richtungen“, empfiehlt Jagdberater Sadowski. Wenn ein Wolf auffällig werde, müsse man ihn allerdings „entnehmen“. Darin ist er sich einig mit Wolfsberater Birkhahn: „Wenn ein Wolf eine Gefahr für Menschen ist, dann ist es keine Frage, dass er geschossen wird“, sagt dieser. Doch zurzeit stellt sich die Frage in Oberberg eher theoretisch.
Das Leuscheider Rudel in Rhein-Sieg, zu dem 13 oder 14 Tiere gehören, überquere nicht die Sieg, die eine natürliche Grenze bilde, erklärt Birkhahn. Und für die jugendlichen Wanderer, die „im Schlauch zwischen A1 und A45 unterwegs sind, ist Oberberg aus Wolfssicht zweite oder dritte Wahl, da gibt es viel bessere Reviere“, glaubt der Wolfsberater: Zu viele kahle Flächen durch Borkenkäferschäden – da fühle sich der Wolf nicht wohl. „Der will seine Ruhe.“
Die möchte auch Jäger Sadowski für die Rehe und Biobauer Schmidt für seine Schafe. Beide sind froh, dass sich bisher kein Rudel hier angesiedelt hat.