Die 46-Jährige will für den Evangelischen Kirchenkreis An der Agger dort hingehen, wo niemand die Kirche vermutet.
KirchenkreisAnneke Ihlenfeldt ist in Oberberg Pfarrerin für die Kirche auf dem Markt
Das „Moin“ zur Begrüßung hat Anneke Ihlenfeldt noch nicht abgestellt, was allerdings kaum verwundert: Den allergrößten Teil ihres bisherigen Lebens hat die 46-Jährige schließlich an der Nordseeküste verbracht. Nun ist sie im Bergischen und erhält am Freitag im Rahmen der Synode des Evangelischen Kirchenkreises An der Agger einen besonderen Auftrag. In der Wiedenester Kreuzkirche wird Superintendent Michael Braun sie zur Pfarrerin für Kirche auf dem Markt berufen.
Wer nun denkt, Ihlenfeldt solle künftig Birnen oder Tomaten an den Mann oder die Frau bringen, ist allerdings auf dem Holzweg. Der Kirchenkreis hat vielmehr eine Pfarrstelle geschaffen, die an keine der 22 zugehörigen Gemeinden gedockt ist, sondern für Präsenz an Orten sorgen soll, an denen man die Kirche nicht unbedingt vermutet: im Café, in der Fußgängerzone, im Bus oder beim Straßenfest.
Pfarrerin Anneke Ihlenfeldt hat viel Zeit für das Gespräch mit Menschen
„Kirche ohne Kirche“, bringt Anneke Ihlenfeldt das Konzept auf den Punkt. Die viele Zeit für das Gespräch mit Menschen sei ein „echter Luxus“, den sie unbedingt nutzen wolle – gerade in Zeiten, in denen viele Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltungsarbeit eingespannt seien. Längst ist die Pfarrerin aus dem Norden deshalb im Kirchenkreis unterwegs, seit Ostern trifft sie zwischen Wipperfürth und Windeck-Rosbach auf Menschen und guckt sich geeignete Treffpunkte aus. „In manchen Wochen habe ich allein 400 Kilometer auf dem Tacho meines Autos“, verrät Ihlenfeldt mit einem Schmunzeln.
Aufgewachsen ist Anneke Ihlenfeldt in Cuxhaven, nach dem Abitur studierte sie zunächst Biologie, wechselte dann aber zur Theologie und damit zum Beruf des Vaters. Auf das Studium in Bielefeld und Hamburg folgten das Vikariat in Bremen und die erste Pfarrstelle in Uelzen. Als „enorm prägend“ bezeichnet sie ihre Zeit als Gemeindepfarrerin in Bremerhaven, eine der ärmsten Gegenden der Bundesrepublik, die ihr gleichwohl fest ans Herz wuchs – und umgekehrt. Die Nordsee-Zeitung verabschiedete die Pfarrerin Ende März jedenfalls mit Wehmut gen Oberberg. Ausschlaggebend für den Wechsel, auch der Landeskirche, sei der lockende Freiraum gewesen, blickt Ihlenfeldt auf das Frühjahr zurück. „Der Kirchenkreis geht hier einen wirklich mutigen Weg.“
Zwar besitzt Ihlenfeldt ein Büro im Kreiskirchenamt in Dieringhausen, oft ist sie dort allerdings nicht. Es zieht sie hinaus. Vor allem Gummersbach und Waldbröl hat das Nordlicht schon genauer erkundet, beim Bergneustädter Stadtgeburtstag lernten die Besucherinnen und Besucher ihre „Goldrand-Aktion“ kennen – dabei schrieben Menschen am Losemund-Brunnen Begegnungen auf entsprechendes Essgeschirr, die ihnen den Tag versüßt haben. Ende August sollen genau diese Goldrand-Teller bei einem Straßendinner in Hackenberg zum Einsatz kommen.
Manchmal ist die Pfarrerin mit Talar unterwegs, manchmal ohne. Stets dabei hat sie aber eine bunte Flasche mit Lauge. „Seifenblasen habe ich immer griffbereit“, berichtet die 46-Jährige und lacht, erklärt aber auch gleich den Hintergrund: „Kinder und auch viele Erwachsene sind oft unsicher, wie sie Gott ansprechen sollen. Aber Liebe, Wünsche und auch Trauer in Blasenform in den Himmel schicken, das können alle.“ Außerdem wirke das Seifenblasen entspannend. „Die Menschen werden ganz ruhig und sie sehen zugleich: Es passiert tatsächlich etwas.“
Amtseinführung
Offiziell als Pfarrerin für Kirche auf dem Markt eingeführt wird Anneke Ihlenfeldt am Freitag, 7. Juni, um 17 Uhr bei einem öffentlichen Gottesdienst in der Kreuzkirche in Wiedenest. Dort hält Ihlenfeldt auch die Predigt, das Thema ist „Ein Tag mit Gott“ – mehr will sie allerdings noch nicht verraten.