1994 wurde die „Schule für Circuskinder“ gegründet, für die Grundschullehrerin Inga Bormann aus Gummersbach arbeitet.
Schule auf RädernGummersbacherin begleitet Zirkuskinder bis zum Sekundarstufen-Abschluss
Eifrig stellen die Zwillinge Nevio und Neyphan (9) Fragen zum Thema Zeitung. Weil heute eine Journalistin in der „Schule für Circuskinder“ der Evangelischen Kirche im Rheinland zu Gast ist, haben die beiden jungen Artisten des Familienzirkus Ronelli kurzerhand mit Lehrerin Inga Bormann den Schwerpunkt auf dieses Thema gelegt. Es geht darum, wie Artikel entstehen. Dann zeigt Neyphan, wie toll er jongliert, Nevio holt schnell den Zirkushund Panda dazu. Die Cousine der beiden, Josselyn (7), schaut lachend zu. Gelernt wird dann eben nach der kurzen Pause wieder.
Genau das ist die Besonderheit dieser Art Schule: Sie ist ungeheuer flexibel und macht deshalb besonders viel Spaß. Die 1994 gegründete „Schule für Circuskinder“ bietet die Möglichkeit, gemäß den Richtlinien und Lehrplänen für Primarstufe und Sekundarstufe in Nordrhein-Westfalen einen Sekundarstufen-Abschluss, also mindestens einen Hauptschulabschluss, zu machen. Aufgeteilt werden die zehn Schuljahre in die Schuleingangsklasse, die Grundschule und die weiterführende Schule. Dabei werden Lerninhalte nicht nur flexibel angepasst, sondern auch auf die Lebenswelt der jungen Menschen abgestimmt, eben mit Kenntnissen, die man für ein Leben auf Reisen benötigt.
Unterwegs in einem kleinen Bus voller Lehrmaterialien und Digitalem
Soweit die Theorie. In der Praxis fährt Grundschullehrerin Inga Bormann aus Gummersbach mit einem kleinen Bus voller Lehrmaterialien und einer digitalen Ausstattung zu den Orten, an denen der Circus Ronelli und der Circus Aladin gerade gastieren.
Familie Trumpf vom Circus Ronelli ist seit gut drei Wochen in Gummersbach. Inga Bormann unterrichtet dort an zwei Tagen in der Woche die drei jüngeren Kinder, ihre Kollegin die drei älteren. Auch im Circus Aladin sind es sechs Kinder, die mit den Lehrerinnen fleißig lernen. Zwei Tage Schule pro Woche klingt nach wenig, doch die Pädagogin versorgt die Kinder natürlich auch mit Hausaufgaben, dazu gibt es die Möglichkeit, Online-Kurse zu belegen.
Termine für die Schulzeiten werden mit den jeweiligen Familien abgestimmt. Rund 30 Kolleginnen und Kollegen sind so in ganz Nordrhein-Westfalen unterwegs. Inga Bormann ist seit Anfang August dabei, hat sich für diese Aufgabe zunächst für ein Jahr beurlauben lassen. Sie habe ein Schulmobil gesehen und sich dann über das Angebot informiert, berichtet sie. Nach der Hospitation war sie begeistert und wurde Teil des Teams.
Die Gummersbacherin sieht viele Vorteile in dieser Art zu unterrichten. „Ich kann die Kinder da abholen, wo sie gerade in ihren Leistungen stehen. Wir können außerschulische Lernorte besuchen, Pausen nach Bedarf machen, und der Kontakt zu den Eltern ist sehr intensiv.“ Als Sportlehrerin, das räumt sie ein, würden ihr die Teamsportarten fehlen. Mit drei Kindern ein Fußballspiel aufzuziehen, ist tatsächlich schwierig. Tischtennis, Boule oder Klettern klappt aber allemal – „und Jonglieren“, wie die Pädagogin lachend sagt.
Und so hat Lehrerin Inga Bormann auch eine Hausaufgabe von den quirligen Zwillingen bekommen: „Bis Weihnachten soll ich vier Bälle entspannt in der Luft halten können!“