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Update

93-Millionen-Projekt
Kreistag beschließt Erweiterungsbau – Beschwerde beim Regierungspräsidenten

Lesezeit 5 Minuten
Eine Visualisierung des Erweiterungsbaus.

Viel Glas: So soll der Anbau nach den Plänen Berliner Architekten aussehen.

Die Anträge von Grünen und SPD auf Vertagung und Kostenprüfung lehnte die Mehrheit von CDU, UWG, FDP/FWO/DU am Donnerstag ab.

Mit der Mehrheit von CDU, UWG, FDP/ FWO/DU hat der Kreistag bei seiner Sitzung am Donnerstagnachmittag in Lindlar den Baubeschluss für das aktuell 92,7 Millionen Euro teure Kreishaus II auf den Weg gebracht. Die Anträge von Grünen und SPD, den Beschluss zu vertagen, die Kosten extern prüfen zu lassen und nach Alternativen zu suchen, wurden mit der gleichen Mehrheit abgelehnt.


Freitag, 13 Uhr: Kalkulation des Kreises auf den Prüfstand

Das Tauziehen um die Erweiterung des Kreishauses in Gummersbach – „Kreishaus II“ – für fast 93 Millionen Euro geht in die nächste Runde: Nun soll der Kölner Regierungspräsident die Kalkulationen des Oberbergischen Kreises prüfen. Das fordert die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Marie Brück, in einem Schreiben an den RP, das die Fraktion direkt im Anschluss an die Kreistagssitzung noch abgestimmt hat. In dem Schreiben, das der Redaktion im Wortlaut vorliegt, heißt es unter anderem, dass die in der Kostenaufstellung enthaltenen Kosten von rund 17.000 Euro pro Quadratmeter „erheblich von den branchenüblichen Vergleichswerten für Verwaltungsgebäude abweichen“ würden (zirka 3500 bis 5500 Euro je Quadratmeter laut Baukosteninformationszentrum BKI und Statistischem Bundesamt).

Prüfung durch unabhängiges Fachgremium

Auch eine in der Kreistagssitzung am Donnerstag seitens des Baudezernenten Felix Ammann kurz vor der Abstimmung mündlich vorgetragene Korrektur dieser Zahlen ändere diesen Eindruck keineswegs. Eine „unabhängige“ Wirtschaftlichkeitsprüfung oder Kosten-Nutzen-Analyse durch externe Stellen liege bislang nicht vor, heißt es in dem Schreiben. Marie Brück bittet die Kommunalaufsicht um Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses und der zu Grunde liegenden Finanzkalkulation sowie um Klärung, ob ein Verstoß gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit erfüllt werden. Und ob es erforderlich ist, eine externe Kosten- und Nutzenanalyse durch ein unabhängiges Fachgremium (z.B. Architektenkammer, Rechnungsprüfungsamt, externe Baukostenberater) zu veranlassen.

Am Donnerstag hatte der Kreis in namentlicher Abstimmung den Bau mit 33 Ja-, 27 Nein-Stimmen (bei einer Enthaltung) beschlossen. Die Mehrheit von CDU, UWG, FDP/ FWO/DU hatte gehalten. In der vorangegangenen Diskussion hatten die Fraktionen ihre Positionen und Anträge deutlich gemacht. Die Verwaltung hatte eingangs auf den jahrelangen Vorlauf der Planungen mit Architektenwettbewerb abgestellt. In diesem Kontext wurde abermals auf die prekäre Lage im Jugendamt verwiesen, dass an vorderster Stelle in den Neubau umziehen soll.

Geht es auch für 4000 Euro pro Quadratmeter?

Für Irritationen vor allem auf Seiten der Opposition sorgten die Erläuterungen von Dezernent Amman im Hinblick auf die Kosten pro Quadratmeter. Wie in dieser Woche berichtet, hatte der langjährige Geschäftsführer der Gummersbacher Wohnungsbaugesellschaft, Volker Müller, im Gespräch mit dieser Zeitung gesagt, dass man einen Neubau auch für 4000 Euro pro Quadratmeter Nettogeschossfläche bauen könne. Die Quadratmeterzahlen, die der Kreis bis zum Kreistag der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt hatte, ergaben einen Quadratmeterpreis von fast 17.000 Euro. Amman rechnete vor, man müsse wegen der Vergleichbarkeit auch Flure, Teeküchen und Aufzüge hinzuaddieren – so dass er auf 8700 Euro pro Quadratmeter kommt. Die aber liegen immer noch deutlich über dem Preis von Müller, der dieser Zeitung im übrigen von zwei weiteren Projektentwicklern, die im Raum tätig sind, bestätigt wurden.

Die Verwaltung betonte weiter, dass im Vorfeld des Kreistags in den Fachausschüssen „ausgiebig“ diskutiert und beraten worden sei. Tatsächlich hielten sich diese aber in Grenzen. Landrat Jochen Hagt bat die Opposition darum, den Neubau nicht fortwährend als ein „Abschiedsgeschenk“ an ihn zu bezeichnen. Tatsächlich habe bereits sein Vorgänger Hagen Jobi den Prozess mit angestoßen und am Ende gehe es ihm vor allem darum, seiner Verantwortung gegenüber den Beschäftigten gerecht zu werden.


Freitag, 8 Uhr: Grünen legen Beschwerde bei der Kommunalaufsicht ein

Am Donnerstagabend hat die Fraktion der oberbergischen Grünen beschlossen, dass sie die Kommunalaufsicht einschalten werden. In dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, heißt es, dass die in der Kostenaufstellung enthaltenen Quadratmeterkosten von rund 17.000 Euro pro Quadratmeter erheblich von den branchenüblichen Vergleichswerten für Verwaltungsgebäude abweichen würden (ca. 3500–5500 Euro je Quadratmeter laut BKI und Statistischem Bundesamt). Auch eine in der Kreistagssitzung vom 27. März seitens des Baudezernenten Felix Ammann Minuten vor der Abstimmung zum entsprechenden Beschluss mündlich vorgetragene Korrektur dieser Zahlen ändere diesen Eindruck keineswegs. Eine „unabhängige“ Wirtschaftlichkeitsprüfung oder Kosten-Nutzen-Analyse durch externe Stellen liege bislang nicht vor.

Als Fraktionsvorsitzende der Grünen bittet Marie Brück die Kommunalaufsicht um Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses und der zu Grunde liegenden Finanzkalkulation sowie um Klärung, ob ein Verstoß gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit erfüllt werden, und ob es erforderlich ist, eine externe Kosten- und Nutzenanalyse durch ein unabhängiges Fachgremium (z. B. Architektenkammer, Rechnungsprüfungsamt, externe Baukostenberater) zu veranlassen.


Donnerstag, 18.10 Uhr: Baudezernent nennt nun andere Zahlen

Zu Beginn des Tagesordnungspunktes am Donnerstagnachmittag hatte Michael Stefer für die CDU einen Erweiterungsantrag zur Verwaltungsvorlage eingeführt, in der es im Kern auch darum geht, die aktuell kritisch diskutierten Bausummen der Verwaltung noch einmal prüfen zu lassen. Und das offenbar auch mit Hinblick darauf, dass der öffentliche Druck ob der enormen Bausumme hörbar zugenommen hatte.

SPD-Fraktionschef Sven Lichtmann appellierte unmittelbar vor der Abstimmung noch einmal an die Mehrheit im Kreistag, den Beschluss für drei oder sechs Monate auszusetzen – und das vor allem mit Blick auf die enormen Kosten. Doch ein Einlenken fand nicht mehr statt. Marie Brück (Grüne) warb ebenfalls für eine Vertagung. Und das auch mit Hinblick darauf, dass Kreisbaudezernent Felix Ammann als Reaktion auf die Berichte in dieser Zeitung auf einmal ganz andere Zahlen zu den Flächen in Bauabschnitt I auf Lager hatte.

Diese bezifferte er nun auf über 10.000 Quadratmeter, nachdem er Flure, Teeküchen und Aufzüge addiert hatte. Eine Zahl, die in den ganzen Beratungen der Fachausschüsse nicht einmal gefallen war. Die Kosten pro Quadratmeter konnte er so von knapp 17.000 auf 8700 Euro herunterrechnen. GWG-Geschäftsführer Volker Müller hatte dieser Zeitung gesagt, dass man so ein Gebäude auch für unter 4000 Euro pro Quadratmeter bauen könne.

Was die Büroimmobilie in Wiehl angeht, betonte Dezernent Felix Ammann, dass er dort in einem anderen Zusammenhang mal drin gewesen sei. Diese Immobilie sei ihm aber nicht angeboten worden.