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„Lebendiges Oberberg“Zur Beute des Waschbären gehören auch bedrohte Arten

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Ein Waschbär sitzt auf einem Stein an einem Gewässer.

Stammt ursprünglich aus Nordamerika: Der Waschbär fühlt sich auch im Bergischen Land pudelwohl.

Mit Unterstützung der Biologischen Station stellen wir Arten vor, die uns im Oberbergischen aufgefallen sind.

Nicht umsonst wird der Mai „Wonnemonat“ genannt. Die Bezeichnung geht zwar darauf zurück, dass vor der Einführung von Ganzjahresstallhaltung im Mai das Vieh auf die Weide (althochdeutsch: wunni) getrieben wurde. Trotzdem ist es eine Wonne, die Fruchtbarkeit und das Erwachen der Natur in all ihren Erscheinungen zu erleben.

Als ganz besonders possierlicher Neubürger unserer Kulturlandschaft gilt der Waschbär (Procyn lotor) mit seiner   markanten Gesichtszeichnung. Die neugierige Art, mit der junge Waschbären ihre Umwelt entdecken, löst Beschützerinstinkte aus. Auch wenn ihre mit einem ausgeprägten haptischen Wahrnehmungsvermögen ausgestatteten Vorderpfoten der opponierende Daumen fehlt, wirkt ihr Hantieren mit Gegenständen auf Menschen   vertraut.

Der Waschbär ist ein „Problembär“

Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten: Der im ausgewachsenen Zustand bis neun Kilogramm schwere Waschbär ist ein „Problembär“, seit er ausgehend vom hessischen Edersee ab dem Frühjahr 1934 seinen Siegeszug antrat. Ursprüngliches Verbreitungsgebiet der Waschbären ist Nordamerika. Die europäische Population geht – neben den zwei von einem Forstmeister zur „Bereicherung“ der heimischen Fauna ausgesetzten Paaren – auf Individuen zurück, die im 20. Jahrhundert aus Pelztierfarmen ausbrechen konnten, wie die rund zwei Dutzend Exemplare, die 1945 in Brandenburg entkamen.

Seitdem randaliert der anpassungsfähige Kleinbär, der seinen Nachwuchs vorwiegend des nachts auf das Leben vorbereitet, auf der Suche nach Nahrung und Lebensraum auch in menschlichen Siedlungen. Eigentlich bevorzugt die Art gewässerreiche Laub- und Mischwälder. Das Bergische Land ist demzufolge prädestiniert für eine Besiedlung. Bergische Talsperren können sich zum Hotspot dieser gut schwimmenden Säugetierart entwickeln.

Der Name bezieht sich auf das Verhalten der Tiere

In Gefangenschaft werden sie bis zu 20 Jahre alt. In der Natur haben Waschbären lediglich eine Lebenserwartung von etwa drei Jahren. Diese ausgesprochenen Allesfresser ernähren sowohl von Pflanzenteilen als auch von Tieren bis hin zur Größe einer Sumpfschildkröte, die sie zum Leidwesen dieser in Deutschland fast ausgestorbenen Reptilienart mit Vorliebe anknabbern. Bei bedrohten Arten wie dieser oder auch bei der Gelbbauchunke kann der Waschbär zu einem ernsten Problem werden.

Stellenweise kommt es vor, dass sie lernen, sich auf das Töten von ohnehin stark gefährdete Amphibien zu spezialisieren und an Krötenzäunen räubern. Der Beutegreifer plündert die Nester von Vögeln oder eignet sich ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten als Schlafplatz an. Er macht da auch bei wehrhaften Arten wie dem Rotmilan keine Ausnahme. Zwar können der als invasiv kategorisierten Art keine negativen Auswirkungen auf die Biodiversität der neu besiedelten Ökosysteme nachgewiesen werden, doch die Sorge der Naturschützer bleibt bestehen.

Der Name Waschbär bezieht sich auf das Verhalten der Tiere. Sofern eine Wasserstelle in der Nähe ist, „waschen“ sie tatsächlich ihre Nahrung. Es geht allerdings weniger darum Schmutz und Keime zu entfernen, sondern eher darum, mit den vom Wasser weich und noch sensibler gewordenen Pfoten, ungenießbare Nahrungsbestandteile zu spüren und abstreifen zu können. Auch spielt es eine Rolle, dass Waschbären oft Kleinlebewesen am Ufer suchen. Das Waschen imitiert dieses Verhalten und gilt unter Verhaltensforschern als typisches Beispiel einer Leerlaufhandlung.

Eine Gemeinheit ist es darum, einem Waschbären ein Stück Würfelzucker anzubieten. Abgesehen davon, dass man Wildtiere nicht füttern soll und purer Zucker für Waschbären schädlich ist, löst sich der quaderförmige Energielieferant in den Pfoten des betrogenen Kleinbären natürlich auf, sobald er ihn „waschen“ möchte. Übrig bleibt dann nur ein scheinbar traurig dreinblickender Waschbär.