Der Gummersbacher Tom Kiesler spielt seit er vier Jahre alt ist beim VfL und ist heute aus der Bundesliga-Mannschaft nicht mehr wegzudenken.
InterviewHandballer Tom Kiesler zu seiner Rolle und der Hinrunde des VfL Gummersbach
Tom Kiesler wurde zwar in Bad Soden am Taunus geboren, kam aber bereits mit einem Monat mit seiner Familie nach Gummersbach und spielt seit seinem vierten Lebensjahr Handball im VfL Gummersbach. Mittlerweile hat er einen festen Platz in der Bundesliga-Mannschaft. Über seine Rolle und die Hinrunde in der Bundesliga sprach Andrea Knitter mit dem 22-Jährigen.
War es nach drei Siegen in Folge nicht enttäuschend, mit der knappen 25:26-Niederlage bei der MT Melsungen in die Rückrunde und die Winterpause zu gehen?
Tom Kiesler: Wir waren nach der Niederlage in Melsungen sehr enttäuscht, denn wir hatten es in der Hand zu gewinnen. Gerade dann ist es besonders bitter, ein Spiel zu verlieren.
Sie konnten aber trotzdem mit der Abwehr, in der Sie eine wichtige Rolle spielen, zufrieden sein, oder?
Schon, denn 26 Gegentore in Melsungen sind in Ordnung, doch die Abwehr ist ja nur ein Teil der Mannschaft und man gewinnt und verliert zusammen.
Wenn Sie zum Jahresende auf den bisherigen Saisonverlauf zurückblicken, welches Fazit ziehen Sie?
Wir sind ein bisschen holprig in die Saison gestartet, auch wenn wir zum Auftakt gegen den TBV Lemgo gewonnen haben. Mit den Niederlagen gegen Göppingen und den Bergischen HC sind wir in ein kleines Loch gefallen, aus dem wir uns aber selber wieder befreit haben. Grundsätzlich kann man mit dem bisherigen Saisonverlauf zufrieden sein, auch wenn die Niederlagen in Wetzlar und zuletzt gegen Melsungen vermeidbar waren. Wir spielen uns immer mehr als Mannschaft ein.
Die Schwalbe-Arena ist meist ausverkauft und die Euphorie um den VfL groß. Dazu nach dem Aufstieg eine Saison ohne Abstiegsangst. Hätten Sie gedacht, dass es so kommt?
Ich hatte nach dem Aufstieg zur Saison 2022/23 schon darauf gehofft, aber dass es jetzt so passiert, darüber freue ich mich einfach. Das zeigt, dass Gummersbach Handball lebt.
Mit dem VfL sind auch Sie aufgestiegen. Haben Sie sich das so vorgestellt?
Ich habe noch nie so richtig darüber nachgedacht. Ich habe mir das Ziel Bundesliga gesetzt, habe hart dafür gearbeitet, unter Trainer Gudjon Valur Sigurdsson den Sprung in die Abwehr und damit in die Mannschaft geschafft und freue mich, ein Teil von Goggis System zu sein.
Wann hatten Sie zum ersten Mal das Gefühl, dass es mit dem Stammplatz in der Bundesliga klappen kann?
Das war im dritten Zweitliga-Jahr im Oktober im Heimspiel gegen TuSEM Essen. Die Halle war voll, wir haben ein Superspiel gemacht und ich habe zum ersten Mal gemerkt, dass das, was ich mache, nicht so verkehrt ist.
Man merkt immer mehr, dass Sie sich in der Bundesliga viel Respekt verschafft haben.
Ich bin ein sehr physischer Abwehrspieler und es ist ein cooles Gefühl, wenn man sich einen Ruf erarbeiten kann.
Sie sind der einzige Gummersbacher im Team. Wie nimmt Ihr Umfeld Ihre Entwicklung wahr?
Meine Familie und Freunde freuen sich natürlich für mich. Ich möchte das alles aber nicht so hochhängen. Ich bin doch nur ein Handballspieler und mehr nicht. Na ja, vielleicht will der ein oder andere nun doch ein Trikot von mir. (lacht)
Apropos Gummersbach, die Handballstadt. War es immer klar, dass Sie Handballer werden wollten?
Beim VfL gab es damals schon die Möglichkeit, mit vier Jahren bei den Bambini mit Handball zu beginnen. Parallel dazu habe ich die ersten Jahre noch Leichtathletik gemacht, war im Schwimmverein, habe Tennis gespielt und mit dem Skifahren begonnen. In der C-Jugend musste ich mich dann entscheiden und habe den Handball gewählt.
Dabei kommt Ihr Vater Martin Kiesler doch vom Wasserball.
Ich denke, dadurch habe ich von ihm auch den Biss und die Härte geerbt.
Haben Sie von Beginn an vor allem in der Abwehr gespielt?
Nein, unter meinen ersten Trainern Maik Pallach und Jamal Nagy habe ich Angriff und Abwehr gespielt. Durch eine Schulterverletzung war ich dann in der Jugend im Wurf eingeschränkt. Ich habe mich dadurch mehr auf die Abwehr konzentriert und in der A-Jugend unter Trainer Alois Mraz darin Erfahrung gesammelt, wie auch in der U23 unter Maik Thiele. In dieser Saison stehe ich seit dem fünften Spieltag, als wir das Derby gegen den Bergischen HC hatten, im Innenblock. Den Angriff habe ich aber nicht aus den Augen verloren. Und mit dem Spielsystem über die zweite Welle werde ich mehr in den Angriff eingebunden.
Was macht den VfL so stark?
Wir haben ein sehr junges, sehr ausgeglichenes und ausbalanciertes Team und sind auf jeder Position super besetzt. Goggi motiviert uns und wir entwickeln uns als junges Team immer weiter. Wir lassen unser Herz auf der Platte und es ist schon toll zu sehen, wenn über 4000 Leute auf der Tribüne mit uns mitfiebern. Dazu kommt, dass sich der VfL in den vergangenen Jahren in allen Bereichen immer professioneller aufgestellt hat.
Haben Sie in den vergangenen Jahren alleine auf die Karte Handball gesetzt?
Nein, ich habe 2019 mein Abitur gemacht und im Sommer 2022 meine Ausbildung zum Industriekaufmann bei der eepos GmbH abgeschlossen und arbeite dort auch ein oder zwei Tage die Woche. Mein Fokus liegt natürlich ganz klar auf Handball. Während der Ausbildung mit Berufsschule war es nicht immer einfach, beides unter einen Hut zu bekommen.
Bleibt denn dann noch Zeit für Hobbys?
Ich bin gerne in der Natur. Dazu mache ich am Samstag, 6. Januar, meinen Jagdschein. Von Neujahr an findet vor der Prüfung der entsprechende Lehrgang statt, den ich gemeinsam mit Gabriel Viana absolviere, mit dem ich in der U23 zusammengespielt habe und der mittlerweile beim TuS Ferndorf spielt.
Die Weihnachtszeit als Zeit der Wünsche ist zwar gerade vorbei, aber was wünschen Sie sich mit dem VfL noch für diese Saison?
Ich möchte mit dem VfL ins Pokal-Final Four kommen, koste es, was es wolle. Wir sind jetzt zweimal in der Schwalbe-Arena im Viertelfinale gescheitert, jetzt soll es auswärts bei den Füchsen Berlin klappen. Wir sind zwar der Underdog, doch wie in der Liga ist alles möglich.