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Dokumentation überarbeitetNeue Details zur Judenverfolgung in Gummersbach

Lesezeit 3 Minuten

Über das Leben und die Flucht der Familie Simons ist in der Dokumentation viel zu erfahren.

Gummersbach – Die „Dokumentation zur Judenverfolgung in Gummersbach während der Zeit des Nationalsozialismus“ ist ab sofort in einer überarbeiteten, dritten Auflage verfügbar. Sie wurden am Dienstag im Rathaus zum ersten Mal gezeigt. Allen Interessierten steht sie online zum Download zur Verfügung.

Berichte zum Teil korrigiert

Gummersbachs neuer Stadtarchivar Manfred Huppertz hat sich vor allem die digitalen Recherchemöglichkeiten zu Nutzen gemacht und dabei die Unschärfen, die es in der bisherigen Fassung noch gab, in weiten Teilen bereinigen können.

Manfred Huppertz, Jessica Leifgen und Frank Helmenstein stellten das Projekt und die Dokumentation vor.

Basierte die Erstauflage vor allem auf den Schilderungen von Zeitzeugen, konnte Huppertz deren Berichte nun mit Quellen belegen oder, wo nötig, korrigieren. Dabei standen ihm neben dem Bundesarchiv auch die Quellen der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem offen. An der Erstauflage von 1995 hatten neben den beiden Historikern Jürgen Woelke und Gerhard Pomykaj auch Werner Knabe und Heinrich Mecke als Autoren mitgewirkt.

Die Simons hatten einen weiteren Sohn

Unter der neuen Verantwortung von Manfred Huppertz herausgekommen ist eine lesenswerte Dokumentation, die auch viele neue Erkenntnisse zu den in Gummersbach lebenden Juden zu Tage brachte. So konnte Huppertz mit dem Stadtarchiv Meinerzhagen die Identität von Hulda Simons final klären. Dieser Name sei mit Bezug auf Gummersbach in den Archiven zwei Mal aufgetaucht, sagte er.

Hulda Simons die in Gummersbach blieb, kam in Theresienstadt um.

Nach einem Abgleich der Daten ist er nunmehr sicher, dass die in Gummersbach lebende Hulda Simons im November 1944 in Theresienstadt umgekommen sein muss. Ihre Familie, das Arztehepaar Dr. Alfred und Dr. Sophie Simons, konnte Gummersbach noch rechtzeitig mit Sohn Klaus verlassen und erreichte im Juni 1939 die neue Heimat Melbourne. Klaus Simons kam 1995 noch einmal nach Gummersbach, als die Kreisstadt einen Platz in der Altstadt seiner Familie widmete.

Neu in der Dokumentation ist auch, dass Hulda Simons und ihr Ehemann David neben Alfred einen weiteren Sohn hatten. Walter Simons, 1894 in Ehrenfeld geboren, floh bereits 1931 nach Amerika und lebte später in Brasilien. Auch das Schicksal von Margret Löwenstein, 1913 als Tochter von Siegmund und Else Löwenstein geboren, konnte Huppertz aufklären.

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Ihre Heirat mit Philipp Levisohn führte sie nach Hamburg. Huppertz schreibt, dass sie mit ihrer Familie im Vernichtungslager Kulmhof/Chelmo ermordet wurde. An das Schicksal der Levisohns erinnern sogenannte Stolpersteine, die in Hamburg verlegt worden sind.

Stolpersteine sollen an Simons erinnern

Apropos Stolpersteine: Die werden am 17. März zum ersten Mal auch in Gummersbach verlegt und sollen dann an das Schicksal der Familie Simons erinnern. Und zwar vor dem Haus Seßmarstraße Nummer 5. Dort wohnten die Simons vor der Flucht vor den Nazis. Hauptinitiator dieser Aktion ist die Jahrgangsstufe neun am Lindengymnasium.

Das Schicksal von Margrit Levisohn wurde erstmals erforscht. Ihr wurde in Hamburg ein Stolperstein gewidmet. Gummersbachs erste Stolpersteine werden vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Simons verlegt.

Geschichtslehrerin Jessica Leifgen berichtete am Dienstag, dass sie Manfred Huppertz gefragt habe, ob es im Stadtarchiv Quellen zum jüdischen Leben in Gummersbach gebe. Für den Archivar war das der Anstoß, die Dokumentation von 1995 zu überarbeiten. Bürgermeister Frank Helmenstein dankte Jessica Leifgen und Manfred Huppertz. Aktuelle, fremdenfeindliche Übergriffe würden zeigen, dass eine Botschaft gegen das Vergessen kein bloßes Erinnerungsritual sondern eine brandaktuelle Sache sei.