AusgrabungenWissenschaftler arbeiten an Wallanlage auf der Aggerhalbinsel
Lantenbach – Die Wallanlage muss nach ihrer Errichtung Respekt eingeflößt haben. Wer sich ihr im Flusstal aus südlichen Richtungen näherte, erblickte die mächtigen Erdmauern gut sichtbar auf dem Bergrücken thronen. Bewaldet war die Erhöhung damals noch nicht, auch machte kein Stausee aus dem Hügel eine Landzunge. Zumindest so viel sind sich die Experten sicher, die in diesen Tagen am sogenannten Römerlager auf der Aggerhalbinsel bei Lantenbach forschen. Mit den Ausgrabungen möchte das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege herausfinden, wann die sagenumwobene Festung entstand.
Schon viele Heimatforscher haben sich der „Burg“ angenommen, wie die Anlage inmitten des Waldes auch bezeichnet wird. Schon 1913 und in den 1960er Jahren rückten zudem Profis zu Ausgrabungen an. Was sie damals fanden, ist nur unvollständig dokumentiert, sagt Nadia Balkowski (29). Die studierte Archäologin ist wissenschaftliche Volontärin im Amt des Landschaftsverbands und betreut die neuen Ausgrabungen. Von „frühmittelalterlichen Scherben“ war 1913 die Rede, sagt Balkowski. Erhalten sind diese Scherben nicht. Dass die Anlage im frühen Mittelalter entstand, also vor rund 1500 Jahren, sei zumindest möglich, so die Archäologin – dass hier aber ein Römerlager war, eher unwahrscheinlich. „Mit römischen Befunden rechnen wir nicht. Die Wallanlage gibt keinen Hinweis, dass hier je ein Gebäude stand.“
Wallanlagen bisher vernachlässigt
Dass Archäologen die Aggerhalbinsel nach rund 50 Jahren wieder in den Fokus genommen haben, sei das Ergebnis grundsätzlicher Überlegungen. Balkowski: „Rund um Overath, wo unser Landesamt eine Außenstelle hat, gibt es mehrere Wallanlagen – und die wurden in der Forschung bislang etwas vernachlässigt.“ So begannen Dr. Erich Claßen, Leiter der Außenstelle, und seine Mitarbeiter vor gut drei Monaten mit den Vorbereitungen einer Ausgrabung. Die Anlage an der Agger bot sich an, weil das Amt sich unproblematisch mit dem Grundstückseigentümer einigen konnte. Schon am Schreibtisch legten die Experten fest, an welchen Stellen sie die Wälle öffnen: Reliefkarten, die bei Flügen entstanden, zeigen die Anlage frei von Bewuchs.
An dem zirka 550 Meter langen Ringwall haben die Forscher seit Anfang Oktober an zwei Stellen einen Querschnitt angelegt. An einem geraden Wall, direkt vor dem Ring, wurde mit dem Bagger ein dritter Schnitt freigelegt. „Unser Ziel ist es, anhand der Erdschichten nachzuvollziehen, ob der Wall in einem Stück gebaut oder in mehreren Phasen aufgeschüttet worden ist“, erklärt Ausgrabungsingenieur Hauke Harms (30). Zumindest am Ringwall deutet nichts darauf hin, dass er nach und nach errichtet wurde.
In Erdschichten lesen
Interessanter wurde es für die Forscher am sogenannten Vorwall. Verschiedenfarbige Erdschichten lassen deutlich erkennen, wie er entstand: Aus einem Graben wurde das Erdmaterial entnommen und zum Wall aufgeschüttet. Zudem fanden die Forscher in der Erde klitzekleine Holzkohlepartikel, die bald im Labor untersucht werden. Balkowski: „Wir erhoffen uns, dass mittels der Radiokarbondatierung das Alter der Partikel bestimmt werden kann.“ Dabei wird der Zerfall von Isotopen bestimmt. Somit könnten die Forscher im besten Fall recht genau eingrenzen, wann der Wall entstand. Ins Labor eingeschickt werden auch Bodenproben.
Mittlerweile hat das Team des Amts für Bodendenkmalpflege die Ausgrabung fast beendet – die Schnitte in den Erdwällen wurden wieder aufgefüllt. Doch die Arbeit geht für die Forscher nun im Overather Büro weiter. Dort wird alles aufbereitet, was sie auf der Halbinsel mit Fotokamera, Skizzen und Vermessungsgerät dokumentiert haben.