Gründersohn Frank Ferchau wechselt nach über 20 Jahren an der Spitze des in Gummersbach ansässigen Ingenieurs- und IT-Dienstleister Ferchau in die Rolle des Chairman. Andreas Arnold sprach mit ihm über seine künftige Rolle.
AufgabenverteilungWeichenstellung bei der Gummersbacher Firma Ferchau
Herr Ferchau, die Nachricht, dass Sie sich aus dem Tagesgeschäft zurückziehen werden, kam überraschend. Welche Idee steckt dahinter?
Wir haben zuletzt mehrfach den Moment erlebt, dass wir strukturell an unsere Grenzen gestoßen sind, so dass wir uns entschieden haben, mehr Verantwortung auf mehr Schultern zu verteilen, um das von uns angestrebte Wachstum realisieren zu können.
Wie muss man sich das vorstellen?
Wenn Sie einen Kunden haben, der wachsen will und uns dabei um Unterstützung fragt, besteht unsere Dienstleistung im Grunde aus mehreren zentralen Leistungsbausteinen. Jeder für sich zielt auf eine ganz bestimmte Bedarfssituation beim Kunden. Durch eine strukturelle Fokussierung dieser Bereiche ermöglichen wir zukünftig, noch zielgerichteter zukunftsweisende Technologien mitzugestalten. Bis dato hatte ich die Vogelperspektive auf alle Bereiche. Doch ich habe mich mit 60 Jahren gefragt, was ist, wenn ich nicht mehr diese Rolle habe. Und dafür haben wir jetzt die Voraussetzungen geschaffen.
Was ist das für ein Gefühl, wenn man ein stückweit loslässt?
Das ist eine geteilte Gefühlslage. Natürlich bin ich stolz, was wir zusammen erreicht haben. Allerdings habe ich nie den Eindruck vermitteln wollen, dass es hier um mich geht. Und mit der aktuellen Entscheidung fängt für mich auch ein neuer Lebensabschnitt an. Mein Ziel ist, Verantwortung zu übertragen. Denn am Ende eröffnet das mir mehr Freiräume. Das Leben ist voller Veränderungen und es gibt immer ein Morgen.
Mit der neuen Aufgabenverteilung betreten Sie aber auch Neuland im Unternehmen?
Das stimmt und wir wissen auch, dass solche Veränderungen nicht von Beginn an funktionieren. Man muss die Prozesse – und vor allen Dingen die Menschen – dabei begleiten. Das wird eine meiner künftigen Aufgaben sein. Wir haben einen Zwei-Phasen-Plan erstellt, der erste Abschnitt geht bis zu meinem 65. Geburtstag.
Und was kommt danach?
Darüber reden wir, wenn ich 65 geworden bin.
Das Unternehmen Ferchau wollte in den vergangenen Jahren immer weiter wachsen. Die 10 000er Marke wurde ohne Mühe durchbrochen. Jetzt scheint es so, also würden sie stagnieren. Stimmt das?
In der Tat liegen wir aktuell 700 Mitarbeitende hinter unserem Stand von 2019. Nach Covid hat kein wirkliches Wachstum stattgefunden. Dabei sind wir ein tolles Unternehmen mit tollen Menschen. Doch im Augenblick macht die Stagnation nicht an jedem Tag Spaß.
Warum nicht?
Weil die Rahmenbedingungen, die wir hier haben, uns die Arbeit unnötig schwer macht – auch in Verbindung mit der Bürokratie.
Die 20 Jahre an der Spitze von Ferchau gehen beinahe deckungsgleich einher mit der Revitalisierung des Steinmüllergeländes, auf dem auch Ihre Unternehmenszentrale ist. Wie haben Sie den Umbruch vor Ihrer Türe erlebt?
Gummersbach hat als Mittelzentrum im Rheinland eine tolle Entwicklung erlebt. Die Verlagerung der Technischen Hochschule vom Sandberg auf das Steinmüllergelände war ein guter Move. Auch die Idee, auf dem Areal das Forum zu bauen, war clever. Insgesamt ist das Areal ein Meisterstück der Stadtentwicklung. Und dazu gehört auch der Bau der Schwalbe-Arena für die Handballer des VfL Gummersbach, den ich ebenfalls für eine sehr gute Entscheidung halte.
Sie klingen so, als seien Sie ganz zufrieden.
Im Grunde ja, aber man muss auch sehen, dass wir hier nach wie vor das Problem mit der Regionalbahn und ihrer Verbindung zwischen Köln und Bonn haben. Gleichzeitig gibt es auf der A4 immer häufiger kein Durchkommen für Pendler. Ich finde es schlimm, dass nicht nur meine Mitarbeitenden hier Lebenszeit verlieren, wenn sie mal wieder im Stau stehen. Es würde Gummersbach und Köln guttun, wenn es eine schnellere Verbindung gäbe. Wir haben hier eine tolle Lage und viel zu bieten.
Sie sprachen eben den Bau der VfL-Halle an. In der Schwalbe-Arena trägt eine Tribüne Ihren Namen. Wie schaut Ihr Engagement für den Verein aus?
Wir unterstützen die Handballer seit Jahren mit einem unveränderten Volumen. Und das auch, weil wir uns als zwei Gummersbacher Gemeinschaften verstehen, die beide überregionalen Bekanntheitsgrad haben. Und ich freue mich, einen Beitrag zu leisten, diesen Verein zu unterstützen.