Engelskirchener FirmaBelegschaft verwandelt Schulungshaus in Wohnhaus für Geflüchtete
Engelskirchen – Da, wo Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Engelskirchener Firma Lukas-Erzett in den vergangenen Jahren an neuer Software geschult wurden, stand in den letzten Tagen eher Handwerkliches im Vordergrund – allerdings nach Feierabend: Eine gut 20-köpfige Gruppe aus der Belegschaft hat das Schulungshaus in ein Wohnhaus verwandelt. Dort sollen in den kommenden Tagen neun kriegsvertriebene Menschen aus der Ukraine einziehen, Familienangehörige eines Mitarbeiters, berichtet Stefan Lukas aus dem Beirat des Unternehmens – der Beirat hatte die Renovierungsarbeiten angestoßen: Trockenbauwände errichten, spachteln, streichen und nicht zuletzt eine Lieferwagenladung Ikea-Möbel aufbauen, dann Bilder aufhängen, Terrasse fegen, Beete bepflanzen.
Vertreter für die Ukraine kämpft im Krieg
„Das Gebäude wurde in den letzten Jahren für verschiedenste Projektarbeiten sehr gern in Anspruch genommen“, erklärt Stefan Lukas, der zusammen mit Dr. Sebastian Salm die Gesellschafterfamilien im Beirat des Unternehmens vertritt. Er spricht von einem „kleinen Beitrag zur Bewältigung der tragischen Flüchtlingssituation“. Die engagierte und zugewandte Zusammenarbeit von Mitarbeitern, „die sich ansonsten nur zufällig auf dem Parkplatz begegnen“, hätten ihn beeindruckt: „Wer es erst gemeinsam geschafft hat, das Ikea-Etagenbett Vitval verletzungsfrei zusammenzuschrauben, den wird kein betriebliches Problem mehr schrecken.“
Der Krieg in der Ukraine wirkt sich in mancherlei Hinsicht auf Unternehmen in Oberberg aus. Auch bei Lukas, dem Engelskirchener Hersteller für Schleif- und Fräswerkzeuge, muss man erst lernen, mit Nachrichten wie dieser umzugehen: Der Vertreter für die Ukraine hat sich, nachdem er seine Familie in Sicherheit gebracht hat, der ukrainischen Armee angeschlossen und verteidigt seine Heimat mit der Waffe in der Hand.
Ukrainische Mitarbeiter hat Lukas auch am Standort im tschechischen Skalna. Dort, zehn Kilometer von der Grenze zu Deutschland entfernt, unterhält der Engelskirchener Werkzeugspezialist einen Produktionsstandort mit Vertrieb, erklärt sagt Thomas Polinski, Geschäftsführer für den technischen Bereich. Die ukrainischen Kollegen haben zwischenzeitlich Teile ihrer Familien nach Tschechien geholt, dort werden sie jetzt unterstützt. Die Belegschaft in Engelskirchen sammelte, und mit dem wöchentlichen Transport, der zwischen Engelskirchen und Skalna pendelt, wurden Hilfsgüter für die dort untergebrachten ukrainischen Flüchtlinge mittransportiert.
Auch das gibt’s vor dem Hintergrund des Krieges: Einem Mitbewerber außerhalb Nordrhein-Westfalens, dessen Produktionsstandort in der Ukraine durch Kriegseinwirkung Probleme bekommen hat, bot Lukas an, Lukas-Produkte unter seinem Namen zu vertreiben, um weiter liefern zu können.
„Und weitere Unterstützungsaktionen sind in der Planung“, verrät Stefan Lukas: So wird die kaufmännische Geschäftsführerin Isabel Noll beispielsweise eine größere Menge an südafrikanischen Souvenirs für eine Spendenverlosung in Engelskirchen aus Johannesburg mitbringen.
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Noll ist gerade erst nach mehr als 20 Jahren in Südafrika dem Ruf der Muttergesellschaft gefolgt und hat ihren Lebensmittelpunkt „aus Verbundenheit dem Unternehmen gegenüber“, wie Stefan Lukas betont, „wieder nach Deutschland verlegt“. Das beschert ihr in den kommenden Monaten ein beständiges Pendeln zwischen den Kontinenten – und zwar so lange, bis der Fortgang in Südafrika personell gesichert ist.
Das, so Lukas, sei der Abschluss einer fast dreijährigen Findungsphase. Seither sei zwar kein Familienmitglied mehr im operativen Geschäft aktiv, das Unternehmen präsentiere sich dennoch „in bester unternehmerischer Verantwortung eines Familienunternehmens“, das gewährleiste der nun noch zweiköpfige Beirat, der mit er Geschäftsführung einen konstruktiven und partnerschaftlichen Austausch pflege.