Abhilfe von der Schneckenplage soll nun ein neuer, tierischer Mitbewohner im Garten bringen: ein Igel.
Natürlicher FressfeindEngelskirchenerin lässt einen Igel die Schnecken im Garten jagen
Von den Zucchini waren nur noch abgenagte Stummel übrig. Auch die Gurken im Beet nebenan: Ratzekahl runtergefressen. Nacktschnecken sind über dem Garten in Engelskirchen nachts regelrecht hergefallen.
Als auch Kupferbleche rund um die Beete kaum Wirkung zeigten, machte sich die Hobbygärtnerin auf die Suche nach einer Lösung, ohne die Chemiekeule zu schwingen. Abhilfe von der Schneckenplage soll nun ein neuer, tierischer Mitbewohner im Garten bringen: ein Igel.
So wie der Gartenbesitzerin geht es in diesem Sommer vielen Menschen in Oberberg. Die Nacktschnecken tummeln sich im angebauten Gemüse und tanzen auf den Rosenkohl-Setzlingen Samba. 2024 ist ein Schneckenjahr. Das hat auch das regionale Kompetenzzentrum in Sachen Biodiversität und Ökologie beobachtet, die Biologische Station Oberberg mit Sitz in Nümbrecht.
„Mehrere ungünstige Faktoren sind zusammengekommen“, bestätigt Florian Schöllnhammer von der Biostation. Ein nasser Winter mit milden Temperaturen sorgte dafür, dass sich die Schneckenpopulationen nach den Dürresommern bis 2022 schon 2023 kräftig erholt haben. Das legte gleichsam den Grundstein für die regelrechte Schneckenplage dieses Jahr.
Hinzu kommt: „Die natürlichen Fressfeinde fehlen“, erklärt Schöllnhammer. Igel und Kröten sorgen eigentlich dafür, dass sich Spanische- und Rote Wegschnecke und ihre zahllosen Hybride nicht übermäßig verbreiten. Auch, indem sie die Schneckeneier verputzen. Doch sowohl Igel als auch Kröten sind bedroht und finden in vielen aufgeräumten Gärten keinen Unterschlupf mehr.
Im Garten in Engelskirchen setzt die Besitzerin nun auf einen dieser natürlichen Schnecken-Feinde. Der Igel stammt aus dem Tierheim Köln-Dellbrück. Die dortige Igelauffangstation päppelt Fundtiere aus der Stadt auf. Wenn der Winterschlaf beendet ist, suchen die Tierschützer nach Auswilderungsstellen. Die Gartenbesitzerin meldete sich und konnte ein Exemplar zum Auswildern mit nach Engelskirchen nehmen.
Der Garten in Grünscheid ist dazu ideal. Das tennisplatzgroße Areal hat Zaun und Hecke, Beete und viele Winkel. Zunächst bleibt der Igel noch in einer geöffneten Transportbox, die im Tierhandel eigentlich für Katzen verkauft werden. „Mit zerknülltem Zeitungspapier hat er darin ein Nest“, erklärt die Gartenbesitzerin. Langsam kann sich das Wildtier an die Luft im Garten gewöhnen.
Igel fühlt sich in Engelskirchen inzwischen wohl
Inzwischen fühlt sich der Igel offensichtlich wohl. Die Hauskatzen machen einen großen Bogen um das Igel-Habitat. Die ursprünglich von den Gartenbesitzern zum Schutz aufgebaute Bierzelt-Garnitur ist nicht mehr nötig.
Ab 23 Uhr rumpelt es dann zwischen Beeten und Stauden, wenn der Igel sein Nest umgestaltet und auf Erkundungstour im Garten geht. „Ich hätte nicht gedacht, dass Igel so laut sein können“, berichtet die Gartenbesitzerin.
Das Katzenfutter hat sie inzwischen reduziert, das Tier soll sich sein Futter selber suchen. Schnecken hatte sie dem Gast auch schon mal als Appetithäppchen hingelegt. Ob er die auch verputzt hat, steht nicht fest.
Igelschützer warnen davor, die Tiere mit Schnecken zu füttern. Zwar fressen Igel Schnecken als Teil ihrer natürlichen Ernährung. Aber: „Schnecken, mit oder ohne Gehäuse, machen nur etwa zehn Prozent der Igelnahrung aus“, schreibt dazu Igel und Umwelt (Ausgabe I/2011), herausgegeben vom gemeinnützigen Igelzentrum Zürich.
Im Engelskirchener Garten ist jedenfalls die Schneckenpopulation gefühlt schon etwas zurückgegangen. „Aber das kann natürlich auch Einbildung sein“, sagt sie. Auch Florian Schöllnhammer will nicht garantieren, dass ein Igel schnell Wirkung zeigt. Vielmehr komme es auf ein intaktes Ökosystem an.
Aber: Wenn das Tier artgerecht ausgewildert wird, sei das zumindest „eine pfiffige Idee“ der Naturfreundin. So oder so: Für die Gartenbesitzerin, die auch Kräuterwanderungen anbietet, hat sich der Gartengast allein schon wegen der Erfahrung gelohnt.
Die Tage der tagtäglichen Koexistenz von Igel, Tomaten und Karotten sind jedenfalls gezählt. Nach dem Ende der laufenden Auswilderungsphase bleibt das Gartentürchen am hinteren Ende des Grüns offen. Da geht es nämlich zu einer Streuobstwiese, die nicht gemäht wird und wo jede Menge Totholz liegt. Die Streuobstwiese ist nur von einem grobmaschigen Weidezaun vom nahe gelegenen Wald getrennt.
Damit der Abschied nicht zu schwerfällt, haben die Gartenbesitzer dem Igel übrigens keinen Namen gegeben. „Es ist und bleibt schließlich ein Wildtier“, sagt Delia Schiller.
Anmerkung der Redaktion: In der ursprünglichen Version dieses Artikels stand ein Satz, der die Interpretation zulassen könnte, dass die Gartenseitzerin dem Igel Schnecken verfüttert hat. Das war nicht der Fall, die entsprechende Stelle haben wir präzisiert. Gleichwohl haben uns zu dem Thema zahlreiche Zuschriften erreicht. Wir haben die entsprechenden Stellen ergänzt und Belege und weiterführende Informationen im Text verlinkt. Außerdem haben wir den Beitrag nachträglich anonymisiert.