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Interview mit Engelskirchener Pfarrer„Die Ostertage fand ich sehr irritierend“

Lesezeit 3 Minuten
Pfarrer_Henning_Strunk_Schnellenbach

Vor der Kirche in Engelskirchen-Schnellenbach verteilt Henning Strunk Zettel mit einem „Segen to go“.

  1. Die Schließung der Kirchen in der Corona-Krise hat auch in der Gemeinde in Engelskirchen-Schnellenbach vieles durcheinander gewirbelt.
  2. Pfarrer Henning Strunk hatte selbst damit zu kämpfen, gerade zu Ostern so „ausgebremst“ zu werden.
  3. Andererseits hat er mit dem „Segen to go“, Audioandachten und vielen Gesprächen auf Distanz neue Wege gefunden. Ein Interview.

Was war Ihre erste Empfindung zu Beginn der Corona-Krise?

Ich fühlte mich plötzlich komplett und sehr heftig ausgebremst, von Hundert auf Null. Mitte März spitzte sich die Nachrichtenlage so sehr zu, dass ich gemeinsam mit unserem Presbyterium ad hoc entschied, die Gottesdienste auszusetzen. Damit begannen hier in der Gemeinde einschneidende Veränderungen. Nicht zuletzt ist eine Osterferienfreizeit für die Kinder ausgefallen.

Wie haben die Mitglieder der Gemeinde auf diese einschneidenden Veränderungen reagiert?

Die Gemeindemitglieder fanden sie größtenteils in Ordnung. Einige waren allerdings der Meinung, dass gerade in Krisenzeiten wie dieser ein Ort gebraucht werde, um zu beten, und dass die Schließung der Kirche das falsche Zeichen sei. Doch das Gemeindeleben geht ja weiter. Wenn auch auf andere Weise.

Wie ging es Ihnen persönlich mit dem Shutdown?

Die Ostertage fand ich sehr irritierend, weil ich in dieser Zeit sonst immer auf Hochtouren war. Damit konnte ich schlecht umgehen. Ich habe die Entschleunigung nur Schritt für Schritt akzeptiert und eher langsam in die Ruhe gefunden. Natürlich mache ich mir Gedanken um die Menschen, die diese Zeit als beängstigend und schmerzlich empfinden. Diese Zeit schön zu reden, hat keinen Sinn. Aber es ist mir ein Anliegen, aus der Situation das Beste zu machen und die digitalen Möglichkeiten zu nutzen. In der Summe tut mir die Entschleunigung persönlich aber durchaus auch gut.

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In welcher Form halten Sie jetzt Kontakt mit Ihrer Gemeinde?

Es gibt vor den Kirchen in Ründeroth und Schnellenbach den „Segen to go!“ auf kleinen Zetteln, die äußerst beliebt sind. Ich werde jetzt wieder für Nachschub sorgen. Außerdem haben wir Audioandachten aufgenommen. Von Gründonnerstag bis Ostermontag gab es täglich eine Andacht, diese können die Gemeindemitglieder auch auf Papier erhalten. Diese Form der Andacht ist für mich stimmiger als im Talar vor einer Kamera in der leeren Kirche zu stehen. Die frisch gegründete Facebook-Gruppe der Ründerother Gemeinde hat heute 200 Mitglieder, deren Kontakt untereinander rege ist.

Seelsorgerische Gespräche zu führen ist aber zurzeit sehr schwierig, oder?

Ja, das meiste läuft über Telefon oder Internet. In den vergangenen Wochen habe ich zwei Trauergespräche telefonisch geführt. Das ist sehr ungewohnt und wahrlich nicht leicht. Die Umarmungen fehlen, der Augenkontakt fehlt ebenso. Viele Gemeindemitglieder, die gerade große, vor allem wirtschaftliche Sorgen haben, kann ich jetzt nur per E-Mail und telefonisch unterstützen, was auch für mich schwer ist.

Was hat Sie in den vergangenen Wochen überrascht?

Ich finde es faszinierend, dass Gespräche über den Gartenzaun hinweg oder bei zufälligen Treffen beim Spaziergang jetzt deutlich intensiver sind. Die Menschen sind insgesamt emotionaler und öffnen sich mehr. Und dadurch, dass Körperkontakt und Umarmungen nicht möglich sind, schaut man sich intensiver an und nimmt sich viel deutlicher wahr. Spannend finde ich es auch, dass jetzt auch ältere Menschen sich per Whatsapp vernetzen und unseren neuen Youtube-Kanal nutzen.

Wie wird es nach Corona weitergehen?

Das bleibt geduldig abzuwarten. Ich habe Vertrauen in die Entscheidungsträger, die sicherlich nicht leichtfertig agieren. Ich hoffe, dass wir ein Gefühl des Zusammenhalts aus der Krise mitnehmen und dass wir uns auch nach der Corona-Epidemie mit mehr Verständnis und Solidarität begegnen.