Oberbergisches LandEhepaar aus Siebenbürgen schafft sich ein Heim in Drabenderhöhe
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Drabenderhöhe – Heimat und Zuhause – das ist gar nicht immer so einfach. Ein Zuhause haben Jürgen und Christa Brandsch-Böhm im Oberbergischen gefunden, doch die Heimat liegt 1700 Kilometer weiter südöstlich, in Siebenbürgen, mitten im heutigen Rumänien. Dort ist die Heimat von Jürgen Brandsch-Böhm, obwohl er nie wirklich dort gelebt hat.
1941, knapp ein Jahr nach seiner Geburt, flohen seine Eltern wie sehr viele Siebenbürger Sachsen vor den einmarschierenden Russen in Richtung Westen. Einige blieben in Österreich, doch die meisten sind weiter nach Deutschland gezogen, und die meisten davon Jahre später nach Drabenderhöhe. Dort entstand seit den 1960er Jahren die heute weltweit größte Siedlung von Siebenbürgern außerhalb Rumäniens. Siedlung und Altdorf zusammengenommen, zählt Drabenderhöhe heute 3300 Einwohner.
Straßen nach Siebenbürgern benannt
„Wir zogen 1966 von Frankfurt hierher und waren die zweite Familie, die sich in die Siedlung einkaufte, in die Straße mit dem Namen ,Reenerland’.“ Jede Straße ist nach einer Region in Siebenbürgen benannt. Und jede Straße ist eine eigene „Nachbarschaft“, ein Wort und eine siebenbürgische Tradition mit ganz besonderer Bedeutung.
Denn eine Nachbarschaft hat jeweils einen von allen Anwohnern gewählten Vater und eine gewählte Mutter samt Stellvertreter und manchmal gibt es auch einen Kassenwart. Die Nachbarschaft hält regelmäßige Treffen ab, schlichtet öffentlich Streitfragen zwischen den Anwohnern, verhängt Sanktionen – aber vor allem hilft sie sich gegenseitig. „Wir haben uns natürlich sofort in der Nachbarschaft und später auch in der Landsmannschaft eingebracht“, erzählt Jürgen Brandsch-Böhm.
Es war irgendwie eine doppelte Integration: Einmal innerhalb der Siedlung mit ihren Nachbarschaften und ein weiteres Mal mit den Einheimischen aus dem Altdorf von Drabenderhöhe. „Wir erlebten die Bedenken der Altbewohner – kein Wunder, denn wir Neusiedler waren in der Mehrzahl“, erinnert sich der studierte Ingenieur Brandsch-Böhm. Es sei vor allem Robert Gassner, dem „Vater der Siedlung“ zu verdanken, dass es keine Rivalität oder Spaltung gab und dass das Altdorf seit der Gründung der Siedlung ebenfalls eine positive Entwicklung erlebt hat.
Viel Zeit im Jugendheim
Über die Jugendarbeit, die Sportvereine und den Chor hat das Ehepaar die Verbindung zu den Hiesigen aufgebaut und gefestigt. Sie verbrachten sehr viel Zeit im Jugendheim und in der Turnhalle, beides noch heute sehr vertraute Gebäude – gelegen nahe dem Siebenbürger Platz, den Tennis- und Sportplätzen und dem Turm der Erinnerung, einer Gedenkstätte mit allen Wappen der Siebenbürger Gemeinden. „Als wir 2002 das Erntepaar des Erntevereins Drabenderhöhe sein durften, haben wir das sehr genossen.
Es war wie der Beweis dafür, dass wir wirklich angekommen sind“, erinnert sich Jürgen Brandsch-Böhm, der im kommenden Jahr 80 Jahre alt wird. Er wurde 2014 für seine Tätigkeiten als Trainer im Sportverein mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, seine Frau erhielt für ihr Engagement im Tanzsport und im Chor 1996 den „Wiehltaler“ und 2016 die Auszeichnung des Verbands der Siebenbürger Sachsen „Pro Meritis“.
Zwei von ihren vier Kindern sind in Drabenderhöhe wohnen geblieben. Drei Geschwister von Jürgen Brandsch-Böhm leben ebenfalls in der Siedlung. Seine Großmutter, Schwiegereltern, Eltern und ein Schwager wurden auf dem nahegelegenen Friedhof beigesetzt.
Wenn er oberhalb des Friedhofs steht und über die welligen Hügel des Oberbergischen Landes schaut, muss Jürgen Brandsch-Böhm immer an seinen Geburtsort Heltau in Siebenbürgen denken. Die Landschaften ähneln sich ein wenig. „Siebenbürgen ist unsere Heimat, aber in Drabenderhöhe sind wir Zuhause und haben bleibende Wurzeln geschlagen“, sagt er und seine Frau nickt. Auf dem Friedhof mit der Fernsicht haben sie sich ihre eigene Grabstätte schon vorsorglich reserviert – auch wenn sie sich damit noch Zeit lassen wollen. Erst einmal steht im Dezember 2022 die Feier zum 60. Hochzeitstag an. In Drabenderhöhe, natürlich.