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Nach dem RückzugEs war Bodo Löttgens ganz persönliche Entscheidung

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Im Wahlkampf wie hier bei der Podiumsdiskussion dieser Zeitung in Wiehl. ließ sich Bodo Löttgen noch nichts von seinen Plänen anmerken. 

Nümbrecht – Wie war das eigentlich im Frühjahr? Hätte man Bodo Löttgen, als er als CDU-Fraktionsvorsitzender im Oberbergischen in den Wahlkampf um die Verteidigung seines Direktmandates gezogen ist, anmerken können, dass er genau mit diesem Amt nach der Wahl schon abgeschlossen hat?

Jahre als Fraktionsvorsitzender zählen doppelt

Denn genau das sagt Löttgen heute, inzwischen mehr als zwei Monate nach dieser Wahl, immer wieder. „Es waren drei Todesfälle in meiner Familie, der letzte der meines Vaters am 24. Februar, die mich zum Nachdenken gebracht haben.“ Danach gebe es privat unheimlich viel zu regeln. Das sei mit dem Amt in Düsseldorf so nicht vereinbar gewesen: „Denn ich weiß ja nur allzu gut: Als Fraktionsvorsitzender zählen die Jahre, was das Altern angeht, doppelt.“

Da stand er noch in der ersten Reihe: Bodo Löttgen (r.) mit Ministerpräsident Hendrik Wüst bei der ersten Sitzung der Fraktion nach der Wahl.

Im Wahlkampf, so Löttgen, habe er sich das aber dennoch nicht anmerken lassen können. Zu wichtig war seine Rolle in der heißen Phase. Erst recht stand ein Abschied vor der Wahl nie zur Debatte. Nicht nur, dass man sich von jemandem wie Löttgen nicht hätte vorstellen können, vorzeitig das Schiff zu verlassen: Es hätte auch sinken können. Er spricht zwar nicht drüber, aber schließlich steckte der CDU-Fraktionsvorsitzende zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung eigentlich schon gefallen war, nicht nur mittendrin im Wahlkampf, sondern auch mittendrin in der Eingrenzung der Mallorca-Affäre um Ex-Ministerin Ursula Heinen-Esser.

Die Verbindungen für den Wahlkreis nutzen

Für Löttgen selbst war es ohnehin keine Option: „Es kam einfach nicht in Frage.“ Vielmehr ging sein Blick immer nur auf die nächste Legislaturperiode. Und da stand für ihn fest: „Ich möchte als einfacher Abgeordneter die Verbindungen für die Interessen meines Wahlkreises nutzen, die ich seit 2005 zunächst im Parlament, später als kommunalpolitischer Sprecher, dann ab 2012 als Generalsekretär und schließlich als Fraktionsvorsitzender aufgebaut habe.“

Einen Bedeutungsverlust, der sich auf seine Arbeit für Oberberg auswirken könne, sieht er darin nicht. „Die Verbindungen bleiben ja. Das Einzige, das fehlt, ist das Amt, um etwas im Zweifel auch gegen Widerstand durchzusetzen zu können.“ Aber davon, so Löttgen, könne man ohnehin nur ganz vereinzelt Gebrauch machen.

Minister oder Regierungschef wollte Löttgen nicht werden

Generalsekretär, Fraktionsvorsitzender: Wenn man es so weit gebracht hat, fehlt da nicht ein Ministerposten in der Vita? Oder – jetzt könnte er es ja sagen – vielleicht sogar die Ambition, selbst Ministerpräsident zu werden? Löttgen schmunzelt, sagt dann aber etwas Anderes: „Ich habe das höchste Amt erreicht, das man als Parlamentarier erreichen kann: Fraktionsvorsitzender der Mehrheitsfraktion. Und dann haben wir es erstmals nach vielen, vielen Jahrzehnten auch noch geschafft, dass die CDU als Regierungspartei wiedergewählt wird. Mehr wollte ich nicht.“ Tatsächlich, verrät er, hätte er die Möglichkeit gehabt, viele Ministerposten zu bekleiden: „Aber ich wollte nicht in die Legislative wechseln.“

Warum? „Ich bin gerne Generalist, anstatt mich auf ein Fachthema konzentrieren zu müssen.“ Also doch lieber Ministerpräsident? „Das war für mich persönlich nie ein Thema. Ich habe einfach gesehen, welche Veränderung das für das Privatleben bedeutet, inklusive Personenschutz“, sagt Bodo Löttgen, der selbst früher beim BKA Personenschützer war. „Für mich wollte ich das nicht.“

Sportausschuss und Grundlagen für Kommunalpolitik

Wenn der Nümbrechter dann über seine Ziele im Parlament spricht, dann nimmt man ihm ab, dass er vielleicht keine doppelten Jahre mehr, aber dennoch genug zu tun haben wird. Neben der Lobbyarbeit für den Wahlkreis – auch und gerne besonders erfolgreich im Sportausschuss zum Wohle der Vereine in der Region – wolle sich seinem alten Thema Kommunalpolitik widmen. „Jede Fraktion hat die Chance, eine Enquetekommission einzurichten. In der vergangenen Legislaturperiode habe ich mich dafür stark gemacht, genau das zum Thema zu machen.“ Herausgekommen ist die Enquete „Subsidiarität und Partizipation. Zur Stärkung der (parlamentarischen) Demokratie im föderalen System aus nordrhein-westfälischer Perspektive“.

Die Ergebnisse ihrer Arbeit in Zukunft in die Realität umzusetzen, das sei ihm wichtig, sagt Löttgen. Denn nur mit einer funktionierenden Kommunalpolitik, für die Menschen vor Ort bereit sind, sich politisch zu engagieren, sei Demokratie auch in schwierigen Zeiten – wie jetzt – auf Dauer zu stabilisieren.