„Bielstein ist der Vorreiter“Christian Borch hat eine Idee von der City der Zukunft
Bielstein – Christian Borch (30) ist mit seinem Büro vor fünf Jahren in ein früheres Ladengeschäft an der Bielsteiner Straße gezogen. Wenn Dienstleister wie er in der ersten Reihe einer Einkaufsstraße sitzen, sei das natürlich nicht der Optimalzustand, sagt der Makler selbst. Aber viel besser, als wenn gar kein Leben auf der Fläche wäre. Alles in allem, ist Borchs Meinung, stehe der Bielsteiner Ortskern gut da mit seiner Mischung aus Einzelhandel und Dienstleistern: „Hier wird auf kleinem Raum viel geboten.“ Zugleich hat er eine Idee davon, warum es in anderen Zentren schlechter aussieht.
Den ganzen Ort im Blick
Der junge Unternehmer hat den ganzen Ort im Blick, weil er dem örtlichen Gewerbering vorsitzt. Der gebürtige Waldbröler mit Wohnsitz Gummersbach hat den Standort nicht von ungefähr gewählt. „Bielstein liegt mitten im Kreis und ist über die Autobahn gut angebunden.“ Für sein Geschäft weniger wichtig, aber umso mehr für Gastronomie und Einzelhandel, sei eine einladende Atmosphäre, wie er sie beispielsweise in der Gummersbacher City vermisst.
Neue Förderung
Die Stadt Wiehl darf rund 150 000 Euro Fördermittel des Landes zur Stärkung des Ortszentrums einsetzen. Es geht darum, leerstehende Ladenflächen wieder in eine Nutzung zu bringen. Die Stadt Wiehl will Ladenlokale anmieten und stark vergünstigt über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren weitervermieten. Neue Geschäftsideen sollen Menschen ins Zentrum locken. (tie)
Dort fehle es an Grünflächen und öffentlichen Treffpunkten, die für „Aufenthaltsqualität“ sorgen, meint Borch. „Es reicht nicht, wenn man alle 100 Meter eine Bank aufstellt.“ Dass es in Bielstein anders sei, liege am Erfolg des Ortsumbaus, der bis 2016 als „Integriertes Stadtentwicklungskonzept“ (ISEK) Jahn- und Bielsteiner Straße eine ganz neue Anziehungskraft verliehen hat.
Inzwischen ist im Wiehler Zentrum das nächste ISEK im vollen Gang, was der Vorsitzende des Gewerberings übrigens sehr begrüßt. Die alte Rivalität zwischen Bielstein und Wiehl ist dem Zugereisten fremd. Borch meint, dass der westliche Nebenort ein Muster für den zentralen Hauptort sein kann: „Bielstein ist der Vorreiter.“
Nichts gegen staatliche Eingriffe
Als Makler ist er eine handelnde Figur auf dem freien Immobilienmarkt. Gegen staatliche Eingriffe hat Borch dennoch grundsätzlich nichts einzuwenden. Auch nicht gegen das neue Förderprogramm der Stadt (siehe Kasten), das dazu dient, Leerstand zu verringern. Borch warnt zwar vor zu hohen Erwartungen: „Die Miete macht in der Regeln weniger als zehn Prozent der Kosten aus.“ Dennoch kritisiert er ein schädliches „Anspruchsdenken“ vieler Eigentümer von Büro- und Ladenflächen in Oberberg. In Gummersbach reiche die Bandbreite der für Ladengeschäfte geforderten Mieten von 8,50 bis 35 Euro pro Quadratmeter. Mehr als 10 Euro hält er aber auch für 1A-Lagen nicht für angemessen. Gleiches gilt für die Vertragslaufzeiten. „Viele Vermieter hier haben sich an Zehn-Jahres-Verträge gewöhnt. Aber wer ein neues Geschäft gründet, kann sich erstmal nicht länger als ein Jahr festlegen.“
Allzu viele Eigentümer scheuten Investitionen, die notwendig sind – und sei es, um ein Ladenlokal in eine Wohnung zu verwandeln. Nur noch in den Haupteinkaufsstraßen habe der Einzelhandel eine Chance, ist Borch überzeugt. Auch wenn Corona vorbei ist, würden die Geschäft in der zweiten Reihe keine Kunden mehr finden. Die Pandemie habe den unumkehrbaren Trend zum Online-Einkauf noch einmal verstärkt.
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Umgekehrt mangele es in den Ortszentren an Wohnraum. Borch sieht eine Renaissance des Mehrfamilienhauses aufziehen – und wiederum Bielstein als Muster: Das einst berüchtigte Weissenberger-Haus sei dort in ein begehrtes Wohnobjekt verwandelt worden.