Die beiden Bergneustädter Brüder starteten ihre Karriere im Handballkreis Oberberg, mittlerweile sind sie international unterwegs.
InterviewRamesh und Suresh Thiyagarajah sind Brüder und gemeinsam Handball-Schiedsrichter
Ramesh (35) und Suresh (34) Thiyagarajah sind seit vielen Jahren ein Schiedsrichter-Gespann im Handball. Die beiden Bergneustädter Brüder starteten ihre Karriere im Handballkreis Oberberg, mittlerweile sind sie international unterwegs, denn im vergangenen Jahr haben sie den IHF-Status bekommen. Lara Mielke sprach mit ihnen über ihren Werdegang und ihren neuen Status als IHF-Schiedsrichter.
In welchem Alter haben Sie angefangen zu pfeifen?
Ramesh Thiyagarajah: Wir haben beide im Jahr 2004 mit dem Pfeifen begonnen. Ich war damals 15 Jahre alt und spielte selbst Handball. Nachdem ich ein Trainingsspiel geleitet hatte, wurde ich gefragt, ob ich Interesse hätte, als Schiedsrichter tätig zu sein. Mein Bruder war zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt und schloss sich einige Wochen später ebenfalls dem Schiedsrichter-Ausbildungslehrgang an. Wir haben parallel den Lehrgang absolviert und sind danach auch direkt zusammen als Schiedsrichter-Team gestartet.
Welche Karriereschritte haben Sie besonders geprägt?
Ramesh Thiyagarajah: Ich würde sagen, dass für uns eigentlich jede Liga und der damit verbundene Aufstieg besonders war. Das fing damals in der Kreisliga an, ging weiter in der Landesliga, Verbandsliga, Oberliga und so weiter.
Suresh Thiyagarajah: Das sehe ich genauso. Mit jedem Aufstieg kamen neue Mannschaften hinzu, auf die wir uns einstellen mussten. Der Handball wurde von Liga zu Liga immer schneller, was sicherlich herausfordernd, aber auch prägend für unsere Entwicklung war.
Ihr persönliches Highlight?
Ramesh Thiyagarajah: Für mich waren die ersten Spiele in einer höheren Liga immer ein Highlight, etwas Besonderes. In dieser Saison waren es sogar die ersten Spiele in der Champions League. Und natürlich war es auch ein Höhepunkt, vergangenen Sommer den IHF-Status zu erhalten.
Suresh Thiyagarajah: Auf jeden Fall. Zwei weitere Beispiele sind das Finale des DHB-Pokals 2023 in Köln oder zwei Wochen später, als wir das A-Nationalmannschaftsspiel zwischen Dänemark und Schweden pfeifen durften – das waren wirklich einzigartige Erlebnisse.
Gibt es auch negative Erfahrungen?
Suresh Thiyagarajah: Klar denken wir bei schlechten Spielen intensiver und auch länger darüber nach. Aber Handball ist ein Fehlersport und auch wir Schiedsrichter machen mal Fehler. Wichtig ist nur, daraus zu lernen und die richtigen Rückschlüsse daraus zu ziehen, mit dem Ziel, die Fehler abzustellen.
Haben Sie Rituale vor dem Spiel?
Ramesh Thiyagarajah: Wir folgen einem strukturierten Ablauf vor jedem Spiel, den wir grundsätzlich einhalten. Vier Stunden vor Spielbeginn nehmen wir immer eine Mahlzeit mit Nudeln zu uns, um uns ausreichend mit Energie zu versorgen. Zwei Stunden vor dem Anpfiff treffen wir uns bereits in der Halle, um uns auf das Spiel vorzubereiten. In der Kabine führen wir vor dem Spiel immer das gleiche Abklatsch-Ritual durch. Kurz vor dem Spielbeginn haben wir außerdem zwei spezielle Rituale, die uns dabei helfen, uns mental auf das Spiel einzustellen und in den richtigen Fokus zu gelangen.
War zu Beginn Ihrer Schiedsrichterkarriere klar, dass das Ziel ein so hohes Niveau sein wird?
Suresh Thiyagarajah: Nein, das würde ich nicht so sagen. Ursprünglich haben wir das Schiedsrichtern aus reinem Spaß begonnen und fanden dadurch eine noch größere Verbindung zum Handball. Doch im Laufe der Zeit haben wir auch unsere persönliche Entwicklung zunehmend wahrgenommen. Der sportliche Anreiz, uns ständig zu verbessern, wurde von Jahr zu Jahr und von Liga zu Liga intensiver.
Ramesh Thiyagarajah: Wir haben beide lange Zeit gleichzeitig Handball gespielt und wollten dann einfach mal sehen, wie es ist, auf der anderen Seite des Spielfelds zu stehen und Spiele zu leiten. Mit der Zeit haben wir jedoch unseren Fokus immer mehr auf das Schiedsrichtern gelegt. Ich denke, als wir in der Dritten Liga angekommen sind, war das der Zeitpunkt, an dem wir realisiert haben, dass es möglich sein könnte, den Sprung in die Bundesliga zu schaffen.
Nun habt Sie den IHF-Status erreicht. Was bedeutet das für Sie persönlich?
Ramesh Thiyagarajah: Für uns bedeutet das eine riesige Anerkennung und Wertschätzung. Es zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind und die vergangenen Jahre gut gearbeitet haben. Aber natürlich ist es auch gleichermaßen eine hohe Verantwortung für uns, weil die beste Qualität von uns erwartet wird.
Suresh Thiyagarajah: Den Status zu haben ist das eine. Jedoch bringt es gleichermaßen auch die Verantwortung mit sich, dass wir in jedem Spiel, sowohl national, als auch international immer wieder Spitzenleistungen zeigen.
Wie haben Sie von dem Aufstieg erfahren?
Suresh Thiyagarajah: Jutta Ehrmann-Wolf, unsere Schiedsrichter-Chefin, hat uns telefonisch informiert, dass wir als Kandidaten für ein internationales Turnier nominiert worden sind. Kurz darauf erhielten wir eine klassische Einladung per E-Mail mit allen wichtigen Informationen für das Turnier. Nach dem erfolgreichem Absolvieren von Regeltests und Fitnesstests haben wir am Turnier teilgenommen, Spiele geleitet und wurden dabei bewertet. Die Rückmeldungen waren überwiegend positiv und gegen Ende des Turniers haben wir schließlich den Status erhalten.
Wie bereitet man sich auf so ein Turnier vor?
Ramesh Thiyagarajah: Die Vorbereitung auf ein solches Turnier beginnt bereits sechs bis acht Wochen vorher. In dieser Zeit nehmen wir an zahlreichen Online-Meetings teil, in denen die Kriterien für das Turnier, sowie taktische Entwicklungen der Teams diskutiert werden, um eine einheitliche Linie unter allen Schiedsrichtern sicherzustellen. Wir erhalten auch einen individuellen Fitnessplan und überwachen unsere Werte mithilfe einer Polar-Uhr. In den drei bis vier Tagen vor Turnierbeginn werden die Themen nochmals intensiviert und die weitere Vorbereitung findet am Turnierort statt.
Was ist das Erfolgsrezept, um so einen Status zu erreichen?
Ramesh Thiyagarajah: Es ist wichtig, von Spiel zu Spiel zu denken, mit dem Ziel, in jedem Spiel ein bisschen besser zu werden. Dafür bedarf es viel Analyse unserer Entscheidungen im Spiel. Gleichzeitig ist es auch wichtig, dass wir über eine hohe körperliche und mentale Fitness verfügen.
Haben Sie weitere Ziele für die Zukunft?
Suresh Thiyagarajah: In erster Linie wollen wir weiterhin auf einem hohen Niveau viele gute Spiele leiten und dabei regelmäßig eine konstante Leistung abrufen. Das ist ganz wichtig, um auch für weitere Top-Spiele oder Turniere wie Europa- und Weltmeisterschaften berücksichtigt zu werden.
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