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Tischtennis-WMBenedikt Duda erzählt von zwei besonderen Wochen in Chengdu

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Benedikt Duda (M.) gewann mit deutschen Team die Silbermedaille.

Bergneustadt – Um 7.31 Uhr landete am Dienstag die Lufthansa-Maschine LH779 aus Singapur mit 26-minütiger Verspätung auf dem Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt. An Bord war Benedikt Duda. Der Tischtennis-Profi des TTC Schwalbe Bergneustadt hatte mit der bei den Mannschafts-Weltmeisterschaften im chinesischen Chengdu gewonnenen Silbermedaille etwas ganz Wertvolles im Handgepäck. Trotz der frühen Stunde gehörten Vater Heinz und Mutter Martina zu den ersten Gratulanten am Flughafen.

„Die Erleichterung war groß, bei einem so bedeutenden Turnier endlich eine Medaille gewonnen zu haben“, sagt der 28-Jährige. Er spielt auf die unglücklichen Viertelfinal-Niederlagen im Doppel mit seinem Standardpartner Dang Qiu (Borussia Düsseldorf) bei den Welttitelkämpfen in Houston und den diesjährigen European Championships in München an.

Täglicher PCR-Test war Pflicht

Für die Medaille von Chengdu hat er in seiner Düsseldorfer Wohnung noch keinen Platz gefunden. Noch liegt sie auf dem Couchtisch. „Auf jeden Fall werde ich sie nicht zu den anderen Medaillen legen. Sie ist schon etwas ganz Besonderes.“

Auch das Turnier selbst hatte abseits der Box seine Besonderheiten. Täglich musste ein PCR-Test gemacht werden. Ein negatives Ergebnis war die Voraussetzung, um überhaupt das Hotel verlassen zu dürfen. Dort waren die Aktiven, Trainer und Betreuer in einem abgeriegelten Bereich untergebracht.

Um 14 Uhr war joggen erlaubt

Die beiden WM-Hotels lagen rund 100 Meter auseinander. Dazwischen war ein Restaurant, ferner ausreichend Platz, um eine Runde joggen zu gehen. „Wir durften aber immer erst ab 14 Uhr in den Park. Warum? Keine Ahnung.“ Außer beim Essen und Trinken sowie bei den eigenen Spielen war die Maske Pflicht.

Die Welttitelkämpfe fanden nahezu ohne Zuschauer statt. Das änderte sich erst zum Finale, als die Schützlinge von Bundestrainer Jörg Roßkopf auf die Gastgeber trafen. 4000 chinesische VIPs saßen – natürlich mit Maske – auf der Tribüne. Voraussetzung war, dass sich die Fans anschließend für vier Tage selber isolierten.

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Zum Computerspielen trafen sich Benedikt Duda, Fan Bo Meng und Ricardo Walther (v.l.).

Der Weltverband ITTF und die Organisatoren sorgten bis in das kleinste Detail dafür, dass das Corona-Virus nicht in die Blase gelangen konnte. Die Nationen mussten am Montag, 26. September, morgens, entweder von Dubai oder Singapur, mit einer Chartermaschine anreisen. Am Flughafen in Chengdu ging es durch verschiedene Sicherheitsstationen.

„Bei uns wurde auch die Körpertemperatur gemessen. Nur wer unter 37,3 Grad lag, durfte weitergehen.“ Der Bus vom Flughafen zum Hotel, in dem normalerweise über 50 Personen Platz finden, war mit maximal zehn Sportlern besetzt. „Anschließend mussten wir sofort ins Zimmer und durften erst zum Check-in, als das negative Ergebnis vom PCR-Test am Flughafen vorlag“, so Duda.

Treffen zu Computerspielen

Der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) hatte dafür gesorgte, dass alle Aktive ein Einzelzimmer hatten. Bei einer möglichen Infektion sollte die Isolation so leicht wie möglich umzusetzen sein. Dazu kam es jedoch nicht. Wenn kein Spiel, Training oder Massage anstand, trafen sich die Deutschen meist bei Fan Bo Meng auf dem Zimmer und vertrieben sich mit Computerspielen die Zeit. „Langeweile kam zum Glück nicht auf.“

Wenn Benedikt Duda das Turnier noch einmal Revue passieren lässt, bleibt nicht nur das Finale gegen China (0:3) und die Silbermedaille hängen. Gleich im zweiten Gruppenspiel gegen Indien hatte es eine nicht eingeplante 1:3-Niederlage gegeben. Da es anschließend noch zum Duell mit Frankreich kommen sollte, stand sogar die Qualifikation für das Achtelfinale auf der Kippe. „Wir wussten vorher, dass Tischtennis-Deutschland mega viel von uns erwartet. Die Fans sind durch Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov schließlich erfolgsverwöhnt.“ Die beiden Stars fehlten in Chengdu.

Kritik hat ihn gewurmt

Nach der Indien-Pleite kam in den sozialen Netzwerken Kritik auf. „Das hat mich schon gewurmt“, blickt der Schwalbe-Spieler zurück. Schließlich mussten Dang Qiu und Benedikt Duda gleich bei ihrer ersten Team-WM die Mannschaft führen. „Das war für uns eine neue und völlig ungewohnte Situation.“ Einige Stunden nach dem Indien-Spiel traf sich Duda mit seinem Doppelpartner, um die aktuelle Situation zu diskutieren. „Anschließend ging es uns viel besser. Wir hatten die mentale Belastung akzeptiert und konnten unser spielerisches Niveau abrufen. Zuvor hatten wir beide nicht gut gespielt.“

Was verändert sich für den Vize-Weltmeister Benedikt Duda nun? Da es bei dem Turnier erstmals keine Weltranglistenpunkte gab, bleibt diesbezüglich alles beim Alten. „Für mich selber habe ich ein höheres spielerisches Level erreicht. Mit den Siegen gegen Frankreich und Südkorea haben wir uns Respekt bei den anderen Nationen erarbeitet.“

Dieser soll bei den nächsten großen Turnieren 2023 mit der Einzel-WM, Team-EM und den European Games noch zu spüren sein. Besonderes letztere Veranstaltung hat bei Duda einen sehr hohen Stellenwert, denn schließlich geht es dann um die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris.

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Der Trainingsalltag ist beim Bergneustädter Spitzenspieler auch vier Tage nach der Landung noch nicht wieder eingekehrt. „Ich hatte schon mit der Zeitumstellung von sechs Stunden zu kämpfen.“ Als der Linkshänder am Dienstag gegen Mittag wieder in seiner Wahlheimat Düsseldorf eintraf, wollte er sich auf gar keinen Fall auf die Couch legen und schlafen. „Ich habe dann einfach meine Wohnung geputzt. Das wurde auch mal wieder Zeit.“

Die erste Einheit am Tisch ist für Anfang der kommenden Woche geplant. Mit dem WTT Contender Turnier in Slowenien steht für den Vize-Weltmeister schließlich erst ab dem 2. November wieder der erste Wettkampf an.