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Kurioser SilvesterbrauchWarum die Bergneustädter mit dem Würfel nach der Wurst jagen

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Zu sehen sind Menschen, die in einer Kneipe an einem Tisch ein Würfelspiel spielen. An der Lampe hängen Würste.

Beim Dobbeln hängen die zu gewinnenden Würste praktischerweise direkt an der Deckenlampe.

Seit dem 19. Jahrhundert gibt es das „Dobbeln“ zwischen den Jahren in Bergneustadt. Der Silvestertag selbst ist allerdings für die Kinder reserviert.

Zwischen Weihnachten und Silvester wird in der Kultgaststätte „Jägerhof“ gedobbelt, was das Zeug hält. So war am Samstag bereits am frühen Abend der Schankraum brechend voll und es mussten zusätzliche Tische aufgestellt werden, um den Dobbelrunden Platz zu bieten. Selbst im Flur frönte eine große Gruppe dem traditionellen Würfelspiel. Wie seit Jahrzehnten üblich, wurden dabei die Würste, um die gespielt wurde, an die Lampen über den Tischen gehängt.

Bergneustädter Tradition seit Mitte des 19. Jahrhunderts

Dieter Rath von der Jägerhof-Genossenschaft schilderte, dass Heimatforschern zufolge dieses Brauchtum in der Feste Neustadt bereits seit Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts gepflegt wird. Weil es sich niemand leisten konnte, um Geld zu spielen, wurden überwiegend Würste als Preise ausgesetzt. Denn davon habe es genug gegeben, sie wurden damals in fast jeder Familie selbst gemacht. Aber nicht nur in Gasthäusern wurde gewürfelt, sondern auch privat und in Bäckereien, wo meist um Punschballen und Weihnachtsgebäck gespielt wurde.

Der Name „Dobbeln“ leitet sich mundartlich von „doppelt“ ab. Nach den Spielregeln muss mit den drei Würfeln solange gewürfelt werden, bis zwei gleiche Zahlen aus dem Becher rollen. Die Summe dieser beiden wird mit der Zahl des dritten Würfels addiert. Der Spieler mit der höchsten Zahl hat die Runde gewonnen und erhält die als Prämie ausgesetzte Wurst. Theoretisch wären maximal 18 Punkte erreichbar, doch die Regel setzt drei Einsern, gleich 21, die Siegerkrone auf. Bei Gleichstand kommt es zum Stechen.

Die Männer sind heute schmückendes Beiwerk.
Sabine Behrendt und der Damenkegelklub „Alte Neustädter“ ließen sich zum Dobbeln ausnahmsweise begleiten.

Am Stammtisch vor der Theke, wo Sascha Stange die Gäste mit ausreichend Kaltgetränken bediente, saß diesmal der Damenkegelclub „Alte Neustädter“. Zum Dobbeln hatten die Frauen auch ihre Männer mitgebracht. „Die sind heute schmückendes Beiwerk“, frotzelte Sabine Behrendt.

Bergneustädter kämpfen um die Leberwurst

Ihre Kegelschwester Angelika Habeth berichtete, dass sie mit ihren Eltern schon als Kind gedobbelt habe, damals allerdings noch in der Gaststätte Biesterfeld. „Wir haben viel Spaß und lachen viel“, freute sich Wolfgang Kakuschki aus Wiedenest, einer der eingeladenen Männer. Eifrig schüttelte er den Würfelbecher: „Vielleicht bekomme ich jetzt meinen Liebling – die Pfälzer Leberwurst.“

Traditionell war auch der Bergneustädter Friedhelm Julius Beucher mit von der Partie. Sein Steckenpferd ist, Weggefährten aus der Politik für das Neustädter Dobbeln zu begeistern. Diesmal hatte er den Bundestagskandidaten Pascal Reinhardt, den früheren Landtagskandidaten Aswin Parkunantharan und die Stadtratsmitglieder Detlef Kämmerer und Thomas Stamm eingeladen.


Auch an Silvester wird im Jägerhof noch gedobbelt, doch ist dieser Tag traditionell Familien mit Kindern vorbehalten. Für die Zeit von 15.30 bis 18 Uhr sind noch einige wenige Plätze frei.