Heiraten in OberbergWieso der Leiter des Heimatmuseums Trauringe vorrätig hat
Bergneustadt – Dass Weihnachten und Silvester beliebte Tage für einen Heiratsantrag waren, kann Walter Jordan derzeit besonders an seinem E-Mail-Postfach ablesen. Der Leiter des Bergneustädter Heimatmuseums zählte allein bis Mittwoch knapp 20 Anfragen per Mail oder Telefon nach einem Trautermin in der Außenstelle des Standesamtes. „Da kommt einiges an Arbeit auf uns zu“, sagt Jordan (70), der einer von fünf Ehrenstandesbeamten im Team des Heimatmuseums ist. Die sind in diesem Jahr seit fünf Jahren im Einsatz.
Die meisten Buchungen für eine Trauung im Jahr 2022 stehen schon längere Zeit in Jordans Kalender auf dem Museumsrechner. Einige Paare merken sich schon zwei Jahre im Voraus zum Ja-Sagen vor. Für das neue Jahr liegen bereits jetzt mehr als 50 Buchungen vor, berichtet Jordan – die meisten für die Freitage und Samstag in den wärmeren Monate April, Mai und Juli. Für den Juni und August gibt es dagegen noch viele freie Termine. Und auch die gut einprägsamen Daten am 2.2.2022 und 22.2.2022 sind bislang kaum gefragt. Nur für den 22. Februar hat sich ein Hochzeitspaar angemeldet, und mit dem beginnt dann auch das Heiratsjahr.
Ungefähr 71 Trauungen im Jahr – trotz Corona
Im Museum geheiratet werden kann an jedem Tag des Jahres. „Nach den bisherigen Corona-Erfahrungen wollen die meisten Paare in den wärmeren Monaten heiraten, in denen die Pandemie-Lage ja bislang nicht so schlimm war“, sagt Jordan. Doch dass sich Corona als Hochzeitsbremse erwiesen hätte, kann der Chef des Heimatmuseums nicht beobachten: „Untersuchungen haben gezeigt, dass das Gegenteil der Fall ist: Paare möchten sich in diesen unsicheren Zeiten ein trautes Heim schaffen – nicht nur mit neuen Möbeln und Tapeten, sondern auch mit dem Trauschein.“
Das zeigt auch die Statistik im Bergneustädter Museum: Genauso wie im Vor-Corona-Jahr zählten die Ehrenstandesbeamten im vergangenen Jahr 71 Trauungen. Pro Jahr sind es um die fünf gleichgeschlechtliche Hochzeitspaare.
Ehrenstandsbeamte müssen auf fast alles vorbereitet sein
Seit den ersten Ja-Sagern im Heimatmuseum im Jahr 1999 haben nach Jordans Schätzung an die 1000 Trauungen stattgefunden. Ein guter Teil wurde von ihm selbst und den vier weiteren Ehrenstandesbeamten vollzogen, die nach einer staatlichen Schulung 2017 ihren Dienst antraten. Derzeit besteht das Team neben Jordan aus Andrea Müller, Beate Nase, Utz Walter und Martin Ahman.
Die sorgen nicht nur für gute Einnahmen im Heimatmuseum, das dem Verein Feste Neustadt gehört – sie erledigen auch einen besonders schönen Job, wie Jordan versichert. Und bei dem muss man auf so ziemlich alles gefasst sein. Nachdem das erste Hochzeitspaar die Trauringe daheim vergaß, hält Jordan ein Paar Ersatzringe bereit: „Tatsächlich passiert es bis zu viermal im Jahr, dass die Ringe daheim noch mal anprobiert werden, dann aber im Bad oder auf dem Wohnzimmertisch liegenbleiben.“
Blaumann, Polizeieskorte, Teezeremonie
Mit dem Lampenfieber der Protagonisten weiß der Ehrenstandesbeamte umzugehen. Seine Devise: Immer ruhig bleiben und Verständnis zeigen – auch wenn der Bräutigam nachts um halb vier anruft, um sich nach dem Aussehen der Sektflöten im Museum zu erkundigen. Jordan lacht: „Nach der Hochzeit hat sich der Frischvermählte für den nächtlichen Anruf bei mir entschuldigt – er sei vollkommen neben der Spur gewesen.“
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Vor allem seien es aber die Mütter der Bräute, die sich mit allerlei Detailfragen mehrmals im Museum melden. Dabei wird das allermeiste schon in ausführlichen Traugesprächen abgesprochen: Wo stehen die Ringe? Aus welcher Tür schreiten die Paare in den Saal? Welche Musik soll dazu laufen?
Hochzeitspaare im Blaumann, Trauungen mit chinesischer Teezeremonie, mit Regenbogenfahne oder einem Dutzend Familienfotos auf dem Tisch und Paare, die nach einem Unfall von der Polizei eskortiert wurden – Jordan hat schon vieles erlebt. „Es ist wunderbar und immer wieder überraschend.“ Er ist schon gespannt, was das neue Jahr bringen wird.