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Bergneustädter rüstet umDer E-Ente fehlt nur der typische Klang

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Daniel Wolff mit seiner umgebauten Ente.

Bergneustadt-Wiedenest – Nachdem sie 1976 vom Band lief, tourte der himmelblaue 2CV-Kastenwagen 35 Jahre lang unter südlicher Sonne durch die Rhone-Alpen – als „Lastesel“ eines französischen Klempners. Kleine Beulen und Schrammen und der abgewetzte Dachgepäckträger zeugen von einer erlebnisreichen Vergangenheit.

Ente hat Zulassung als E-Auto

Solche Äußerlichkeiten stören Daniel Wolff aus Bergneustadt-Wiedenest überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil: „Das verleiht dem Auto seinen besonderen Charme.“ So hat er die Stellen, an denen der Lack abgeplatzt ist, mit einer speziellen Versiegelung versehen, damit es dort nicht weiter rostet: „Der Wagen soll seine Geschichte erzählen.“ Für Wolff zählen die inneren Werte. An denen hat er allerdings gehörig gearbeitet. Und zwar so sehr, dass der Ente- Oldtimer tatsächlich eine deutsche Zulassung als Elektrofahrzeug bekommen hat.

Die französischen Kultautos begleiten den 54-Jährigen seit seiner Jugend. Schon damals hat er an den knuffigen Kleinwagen herumgeschraubt. Nach einer Pause wegen Familie, Beruf und Eigenheim widmet er sich seit etwa sieben Jahren wieder seinem früheren Hobby. Vor etwa dreieinhalb Jahren hatte sein Freund Andreas Bennerscheidt-Krieg aus Reichshof-Blasseifen die Idee, seine bereits fertig restaurierte Ente mit einem Elektroantrieb auszurüsten. Und Wolff unterstützte ihn dabei nach Kräften.

Kräftiges Drehmoment im unteren Bereich

Bennerscheidt-Krieg fährt mit seiner Limousine inzwischen schon seit drei Jahren ohne Probleme. Auch er nutzt sie täglich und hat mit dem Elektroantrieb bereits etwa 30 000 Kilometer zurückgelegt. Er genießt das kräftige Drehmoment gerade im unteren Drehzahlbereich, gut doppelt so hoch wie beim früheren Benziner: „Das Fahren mit so einem Wagen macht einfach Spaß.“

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Elektro-Ente: Steuergerät, Hauptrelais und DC/DC-Wandler.

Nach den Umbauarbeiten stand für Wolff damals schon fest: Eine neue Ente musste her. Fündig wurde er bei einem Händler in den Niederlanden. Anfang 2019 kaufte er das nicht mehr fahrtüchtige Auto für 3 000 Euro und machte es zunächst fahrbereit, dann kam der Elektroumbau mit weiteren 15 000 Euro Materialkosten.

Statt des 2-Zylinder-Boxermotors sitzt nun der etwa gleichstarke Elektromotor eines Gabelstaplers mit rund 16 Kilowatt unter der Motorhaube, direkt darüber sitzt ein Steuergerät, welches auf das Gaspedal – ebenfalls von einem Gabelstapler – feinfühlig reagiert.

Benzintank gegen Ladegerät getauscht

Den Benzintank tauschte der Tüftler gegen ein Ladegerät, und als Energieversorgung verbaute der Autodidakt Lithium-Eisen-Phosphat-Akkus auf dem Boden der Ladefläche direkt hinter den Sitzen: „Die sind zwar etwas schwerer als Lithium-Ionen-Akkus, sind aber robuster und müssen nicht temperiert werden.“

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 Ein Heizgebläse sorgt für Wärme im Winter, die Bleibatterie das Funktionieren der Fahrzeugbeleuchtung.

Viele Teile sind jedoch geblieben. So versorgt eine normale Bleibatterie, die von einem Wandler im Steuergerät geladen wird, die vorhandene Elektrik und auch das Schaltgetriebe ist weiter in Funktion, allerdings ungenutzt: „Ohne zu kuppeln fahre ich ständig im vierten Gang wie bei Automatik.“ Und für den Rückwärtsgang legt er einfach einen Schalter um.

Nach rund einem Jahr mit ungezählten Arbeitsstunden und vielen Rückfragen bei einem Offenbacher Maschinenbauer, der routinemäßig Oldtimer zu Elektrofahrzeugen umbaut, war das Werk vollbracht. Nun musste der Wagen mit französischen Papieren nur noch durch den TÜV. Auch das erledigte der Offenbacher, der auch die Elektroteile geliefert hatte – Prüfergebnis: ohne Mängel.

E-Ente schafft bis zu 120 Kilometer ohne Laden

„Das Auto hat einen Aktionsradius von etwa 100 bis 120 Kilometern“, beschreibt Wolff. Seit mehr als einem Jahr fährt der Wiedenester tagtäglich mit der Elektro-Ente nach Marienheide zur Arbeit. Dabei verbraucht er etwa 40 Prozent der in den Akkus gespeicherten Energie für den Hin- und Rückweg. „Im Winter benötigt die Heizung weitere zehn Prozent“, berichtet der Ingenieur und meint lachend: „Weil das Auto nicht isoliert ist, musste ich dennoch Handschuhe anziehen.“

Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern sei die Ente zwar kein Wagen für die Autobahn, aber top für den Weg zur Arbeit und zum Einkaufen, meint der Oldtimerfreund. Stolz ist er auf das Kennzeichen GM – CV 76 E: CV für den Fahrzeugtyp (2CV heißt auf Französisch Deux Chevaux – „Zwei Pferdestärken“). 76 für das Baujahr des Kult-Flitzers, und das E steht natürlich für Elektro.