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Bergneustadt hofft auf A-StempelInterview mit Regionale-Geschäftsführer Dr. Molitor

Lesezeit 6 Minuten

Den A-Stempel erhofft man sich auch für den Umbau der Bücherfabrik in Ründeroth.

  1. Mit dem Umbau der Altstadt in Bergneustadt und dem Kultur- und Heimathaus der Stadt Blankenberg in Hennef hoffen zwei weitere Projekte der Regionale 2025 auf ihren A-Stempel.
  2. Andreas Arnold sprach mit Regionale-Geschäftsführer Dr. Reimar Molitor über die Chancen und den aktuellen Stand der Regionale.

BergeneustadtHerr Molitor, Montag tagt der Lenkungsausschuss der Regionale. In Bergneustadt hofft man darauf, dass der Umbau der Altstadt zum Zukunftsquartier den begehrten A-Stempel der Regionale bekommt. Wie groß sind die Chancen für Bergneustadt?Molitor: Gut. Das Projekt leistet mit seinem Ansatz in mehrfacher Hinsicht einen Beitrag zur Regionale 2025. Hier fokussiert man sich auf die baulichen und die identitätsprägenden Bestände. Dabei spielen Kristallisationspunkte wie der Jägerhof eine wichtige Rolle als neu interpretierte Mitte und Drehscheibe der Altstadt, indem er verschiedene Angebote miteinander verzahnt. Wir gehen davon aus, dass die viele Vorarbeit belohnt wird und am Montag zu einem A-Stempel führen wird. Als Vorschlag ist es so unterwegs.

Gibt es neben Bergneustadt noch weitere Vorschläge mit Hinblick auf den A-Status?

Regionale-Geschäftsführer Dr. Reimar Molitor

Wir gehen ebenfalls davon aus, dass auch das Projekt der Stadt Blankenberg in Hennef den A-Status erlangt. Ein typischer Ort, wo sich Rheinschiene und ländlicher Raum treffen. Und das nicht immer konfliktfrei, wenn es um das Verhältnis von Erholungssuchenden zu den Menschen geht, die in so einem historischen Ortskern leben. Das schreit nach Besucherlenkung und dem Ausgleich der Interessen. Eine Lösung wird der Bau eines multifunktional nutzbaren „Kultur- und Heimathauses“ für Besucher und Einheimische sein.

In Ründeroth gibt es mit dem Gesundheits- und Bürgerzentrum in der alten Bücherfabrik ein weiteres Regionale-Projekt, das bis dato den B-Stempel hat. Wie ist es hier um eine Höherstufung bestellt?

Die Verantwortlichen sind dabei, den Status weiter zu qualifizieren. An diesem Projekt interessant ist, dass es um eine Nachnutzung im Bestand geht. Und das in einem recht großen Gebäude. Das Vorhaben würde die Ortsmitte und die weitere Entwicklung des Ortes auf alle Fälle stärken. Spannend ist auch die Lage an der Agger und damit die Verzahnung zur Fluss- und Talsperrenlandschaft der gesamten Region. Und nicht zu vergessen das Thema Gesundheitswirtschaft, das dem Projekt eine Anziehungskraft über die Gemeinde selbst hinaus verleihen wird.

Der Umbau der Bergneustädter Altstadt ist das Regionale-Thema, das am heutigen Montag den A-Stempel bekommen soll.

Gummersbach war bei der Regionale 2010 mit dem Steinmüllergelände das Vorzeigeprojekt. Eine wie auch immer geartete Reaktivierung des Theaters als Projekt der Stadt Gummersbach scheint ins Stocken geraten zu sein, oder täuscht der Eindruck?

Die hierfür nötige Kulturkooperation von Gummersbach mit dem Oberbergischen Kreis sowie darüber hinaus mit dem Rheinisch-Bergischen Kreis und dem Rhein-Sieg-Kreis hat de facto einen Knick bekommen durch Corona. Wir hatten ja um Karneval herum eine Werkstatt geplant genau mit diesen Teilnehmern.

Welchen Stellenwert hat Kultur für die Regionale 2025?

Eine Region, die sich im Bereich Wohnen und Arbeit neu erfindet und ihr Potenzial hat im Bereich Ressourcen, Landschaft und Naherholung, dem muss für das „gute Leben“ der Faktor Kultur am Herzen liegen. Wenn man auf die Karte schaut, dann erkennt man, dass dieses Theatervorhaben das einzige Bespieltheater zwischen Siegen und der Rheinschiene ist. Das Bergische Rheinland hat an dieser Stelle kein vergleichbares Vorhaben. Insofern ist für uns klar, dass wir der Frage Theater an sich einen hohen Stellenwert einräumen, weil wir glauben, dass so eine Funktion in so einen Raum gehört.

Für Regionale-Geschäftsführer Dr. Reimar Molitor hat ein Theater in Gummersbach einen hohen Stellenwert. Corona hat den Prozess ausgebremst.

Welche übergeordneten Schwerpunkte hat die Regionale 2025?

Ein Schwerpunkt ist sicherlich, herauszuarbeiten, was die stärksten Ressourcen des Projektgebietes sind. Und damit zu zeigen, was der Raum kann. Durch Corona hat die Regionale Auftrieb bekommen, denn es geht hier vor allem auch um dezentrale Ansätze. Also ein sich Kümmern um die kleinteiligen Strukturen. Dabei geht es nicht nur um Wohnen und das Wohnumfeld, sondern auch um die lokale Wirtschaft und Arbeitsplätze hier vor Ort.

Welche Hauptthemen sollen bespielt werden?

Ein Hauptthemen ist Konversion und Transformation und damit die Nachnutzung vorhandener Strukturen. Das ist eine klare Trendvorgabe, denn wir wollen ja nicht nur immer neu bauen und neue Flächen in Anspruch nehmen. Die Projektbeispiele in Oberberg finde ich da sehr glaubwürdig. Angefangen in Ründeroth, wo die alte Bücherfabrik umgenutzt wird, über die Antoniuskirche in Wipperfürth, die auf eine neue Nutzung wartet, bis hin zur noch offenen Frage, was aus dem Gummersbacher Theater wird.

Welche Bereiche sehen Sie noch, die auf eine neue oder auf eine zeitgemäße Nutzung warten?

Dazu gehören vor allem die in die Jahre gekommenen Freizeiteinrichtungen an den Talsperren. Aktuell im Fokus sind die Agger- und die Bevertalsperre. Im Kreisnorden gibt es ja bereits eigene Projektansätze, für die es schon den sogenannten C-Stempel gab. Zu guter Letzt geht es auch um die Hinterlassenschaften des Kalten Krieges in Oberberg, wie zum Beispiel in Brächen oder in Wildberg.

Ein weiteres großes Thema für die Regionale sind die ungenutzten Freizeiteinrichtungen im Bereich der Talsperren, so auch an der Agger.

Die Reaktivierung des Steinmüllergeländes in Gummersbach war ja nichts anderes, oder?

Steinmüller ist ein ikonisches Beispiel dafür, wie man es im großen Maßstab vorbildlich macht. Die aktuelle Regionale geht nun mehr in die Fläche und in die Kleinmaßstäblichkeit. Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist und wenn man sich in der Region mal umschaut, was hier noch alles an Freizeit-Infrastrukturen rumsteht, oder an aufgelassenen Industriearealen, dann tun sich noch mehr unglaubliche Möglichkeiten für eine Nachnutzung auf.

Aber es geht ja nicht nur um Bestände bei der Regionale, sondern auch um Ressourcen.

Ganz genau. Die Wertschätzung dafür, was der Raum hat und was er kann, ist über die Jahre leider verloren gegangen. Zum Beispiel auch durch die Aufgabe der regionalen Verarbeitung in der Landwirtschaft, wodurch die lokale Versorgung im Bereich der Molkereien, Schlachthöfe, Apfelpatschen oder Sägewerke immer mehr in den Hintergrund gedrängt worden ist. Da ergeben sich jetzt neue Möglichkeiten, die wir aktiv ausprobieren müssen. Und man sollte daran denken, dass aus Gras nicht immer Silage, sondern auch mal eine Verpackung werden kann. Und nicht jeder Bauernhof sollte in einer Pferdepension enden.

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Ein großes Thema ist auch die Ressource Wasser.

Das ist ein Mega-Thema für die Region, das selbst im europäischen Maßstab hier sein Zuhause hat. Dabei muss es auch darum gehen, wie wir mit dem Klimawandel und den veränderten Niederschlagsmengen beziehungsweise Starkregenereignissen umgehen. Das sollte man klug in die Zukunft denken und das Wasser grundsätzlich als „flüssiges bergisches Gold“ verstehen. Die Frage muss also lauten, wie wir mit dem Wasser am besten umgehen. Selbst Starkregen kann man offensiv nutzen und ihn in die Kreisläufe integrieren, zum Beispiel mit Blick auf Bewässerung oder energetische Nutzung.

Die Flussläufe und Talsperren in der Region waren schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts Anziehungspunkt für Erholungssuchende aus den Ballungszentren. In Zeiten von Corona blüht die Naherholung wieder auf.

Ich bin ein großer Fan davon, dass wir die regionale DNA des Gesundheitsstandortes wieder beleben. Die Bewohner der Rheinschiene kamen in die Sommerfrische nach Oberberg mit dem Ziel eines gesunden Lebens und eines schnellen Erholens. Das war vor 100 Jahren und später in Zeiten des Wirtschaftswunders gang und gäbe, als die Leute aus dem dichten Smog der industriellen Rheinschiene in die hiesigen Luftkurorte flohen.

Klingt so, als sollte man das wieder aufleben lassen?

Durch die zunehmende Überhitzung der Innenstädte im Sommer und nicht zuletzt durch das Naherholungsbedürfnis in Zeiten von Corona bekommt dieses Thema eine neue Bedeutung, die man aktiv nutzen muss. Am besten gleich im Verbund mit den Themen Nahversorgung und regionale Produkte. Dann ergibt sich ein neuer Handschlag der Region und der Rheinschiene und dem Bergischen Städtedreieck. So ein Raum wie das Bergische Rheinland braucht ein Leitmotiv. Bekommen wird das bis 2025 hin, ist das mehr wert als die Projekte selbst. Die Projekte sind für die Menschen in der Region der Beleg für eine aktive Zukunftsgestaltung und daher unverzichtbar.