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Nichts muss, vieles kannBergneustadt arbeitet an einem neuen Einzelhandelskonzept

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An Waren des täglichen Bedarfs mangelt es nicht.

Bergneustadt – Die Entwicklung des großflächigen Einzelhandels in der Stadt zu steuern, ist Ziel eines neuen Einzelhandelskonzepts (EHK), das die Stadt Bergneustadt gerade in Arbeit hat und dessen Entwurf am Montagabend in Planungsausschuss von seinem Verfasser Dr. Rainer Kummer vorgestellt wurde. Der Chef des Eschweiler Büros für Handelsnetzplanung hatte seine liebe Müh’ und Not, alle Ausschussmitglieder von der Notwendigkeit eines solchen Werkzeugs zu überzeugen.

Jens-Holger Pütz (UWG) witterte Planwirtschaft und fühlte sich an DDR-Verhältnisse erinnert, Wolfgang Lenz (FDP) lehnte den Zwang, das Konzept überhaupt aufstellen zu müssen, als Gängelung und Spätfolge früherer SPD-Landesregierungen ab.

Discounter an der B55 nicht im Sinne einer zentrumsnahen Versorgung

Dabei ist in Sachen großflächiger Einzelhandel in der Bergneustädter Vergangenheit manches aus dem Ruder gelaufen. So sind die Discountermärkte entlang der B55 in Richtung Gummersbacher Stadtgrenze nicht im Sinne einer zentrumsnahen Versorgung mit Dingen des täglichen Bedarfs. Denn je weiter weg solche Märkte von eigentlichen Zentrum stehen, desto größer die Gefahr, dass sie von dort Kaufkraft abziehen und für Leerstand und Verödung der Innenstadt sorgen.

Überangebot im Bereich des Lebensmittelhandels

Zudem haben die Märkte im Laufe der Jahre zu einem deutlichen Überangebot im Bereich des Lebensmittelhandels und der Dinge des täglichen Bedarfs geführt. Beim mitte- und langfristigen Bedarf hingegen wird zu wenig angeboten und viel Kaufkraft wandert ab.

Wie schon bei den Vorgänger-EHK geht auch das Kummer-Konzept von zwei Bergneustädter Einzelhandelsschwerpunkten aus: dem im Stadtzentrum mit 27 220 Quadratmetern und dem deutlich kleineren im Stadtteil Wiedenest (1600 qm). Dass der Hackenberg kein eigenes Zentrum darstellt, missfiel vor allem den Stadtverordneten von dort, liegt laut Kummer aber an der deutlich zu kleinen Verkaufsfläche.

„Es ist wie ein Wahlprogramm“

Der zentrale Versorgungsbereich Innenstadt misst für den Gutachter 850 Meter entlang der Kölner Straße (mit einem Schlenker die Talstraße hinauf) zwischen den Hausnummern 186 und 281. Der Rewe-Markt an der Stadionstraße und der Edeka unterhalb des Bergneustädter Gymnasiums gelten als Sonderstandorte.

Was fängt eine Stadt nun an mit einem Einzelhandelskonzept? Kummer wählte einen politikernahen Vergleich: „Es ist wie ein Wahlprogramm.“ – Konkret genug, um unliebsame Ansiedlungswünsche zu blockieren, und flexibel genug, um alles zu ermöglichen, was die Stadt in ihrem Interesse glaubt. Sie kann sich danach richten, muss es aber nicht – siehe der Vergleich mit dem Wahlprogramm.

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Im EHK wird unterschieden nach zentrums-, nichtzentrums- und nahversorgungsrelevantem Sortiment. Letzteres sind die Waren des täglichen Bedarfs, also Lebensmittel, Getränke, Gesundheits- und Drogeriewaren. Als zentrumsrelevant gilt, was Innenstadtbesucher anzieht, wenig Fläche in Anspruch nimmt und meist ohne Pkw abtransportiert werden kann. Nichtzentrumsrelevant sind große Einzelhandelsbetriebe wie Baustoff-, Auto oder Büromöbelhandel.

Diese „Sortiments-Sortierung“ soll Richtschnur sein für die künftige Ansiedlungspolitik. Dabei gilt: Nichts muss, vieles kann. Vom Konzept abzuweichen, sei möglich, versicherte Kummer. Sollte beispielsweise der Rewe schließen, könnte dort ein anderer Lebensmittelmarkt eröffnen, obwohl das zentrumsrelevante Sortiment außerhalb des Zentrums angeboten wird. Neue Märkte z. B. an der Kölner Straße aber könnten mit dem EHK verhindert werden.