Drohendes AbwahlverfahrenBergneustädter Stadtrat rügt Bürgermeister Holberg
- Der Bergneustädter Bürgermeister sieht sich wegen seines Verhaltens im Zusammenhang mit der versäumten Abrechnung der Wiedeneststraße massiver Kritik ausgesetzt.
- Am Mittwochabend war der Krawinkelsaal voll, als CDU-Fraktionschef Reinhard Schulte einen gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, FDP und Grünen als „kleinsten gemeinsamen Nenner“ verlas.
Bergneustadt – Einstimmig hat der Bergneustädter Stadtrat am Mittwochabend Bürgermeister Wilfried Holberg für sein Verhalten im Zusammenhang mit der versäumten Abrechnung der Wiedeneststraße gerügt. Die Missbilligung bezog sich dabei nicht auf den Fehler selbst, sondern auf die falsche Antwort der Verwaltung, als sie vor zwei Jahren nach der Gefahr einer Verjährung der Straßenbauabrechnung gefragt worden war.
Das Vertrauen des Rats in die Verwaltung ist aktuell deutlich angeschlagen. Von den weiteren Überprüfungen und vor allem von der Stellungnahme der Kommunalaufsicht wird es abhängen, ob der Rat noch ein Abwahlverfahren gegen Holberg einleitet. Dem Rat wurde am Abend die Prozedur dafür schon mal erklärt.
Forderungskatalog mit Maßnahmen
Holberg selbst räumt den Fehler nach wie vor ein, weist aber alle Vorwürfe mangelnder Transparenz im Umgang mit der Affäre zurück.
Die Ankündigung der politischen Aufarbeitung des Falls Wiedeneststraße hatte am Mittwochabend für volles Haus im Krawinkelsaal gesorgt, als CDU-Fraktionschef Reinhard Schulte einen gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, FDP und Grünen als „kleinsten gemeinsamen Nenner“ (Schulte) verlas. Er enthielt einen Forderungskatalog an Maßnahmen, wie solche Versäumnisse künftig verhindert werden sollen, stellt aber auch die Frage nach der Missachtung von Dienstpflichten und Dienstanweisungen sowie einer Amtshaftung.
Abwahl
Zur Einleitung des Abwahlverfahrens bedarf es eines von mindestens der Hälfte der 32 Ratsmitglieder gestellten Antrags und eines anschließend mit einer Zweidrittelmehrheit gefassten Beschlusses. Über die eigentliche Abwahl entscheiden die Bürger. Die Abwahl erfolgt, wenn die Mehrheit von mindestens 20 Prozent der wahlberechtigten Bürger dafür stimmen.
Wegen der zeitlichen Nähe zur Kommunalwahl am 13. September 2020, bei der ohnehin auch Bürgermeister und Landräte gewählt werden, würde es im Falle einer Abwahl in Bergneustadt nicht vorab zur Wahl eines neuen Bürgermeister kommen. Bis zum September 2020 würde dann Holbergs Allgemeiner Vertreter Matthias Thul die Amtsgeschäfte übernehmen. (kn)
Für seine eigene Fraktion erklärte Schulte, das Zustandekommen des Fehlers sei wegen geringer Personalausstattung zwar nachvollziehbarer, trotzdem gebe es gravierende Mängel in der Verwaltung. Ob Holberg dafür Organisationsfehler anzulasten seien, müsse die Kommunalaufsicht prüfen. Das Vertrauen des Rates in die Verwaltung sei jedenfalls beeinträchtigt.
Holberg hatte zuvor ausführlich die Chronologie seit Bekanntwerden der Verjährung und die von ihm ergriffenen Maßnahmen geschildert, um eine Wiederholung zu verhindern. Erstmals erwähnte er auch personelle Konsequenzen. Durch die Neubesetzung der Fachbereichsleitung Bauen, Planen, Umwelt bestehe „die Chance einer Zäsur, indem weitergehende Kompetenzen in Rathaus geholt werden“. Amtsinhaber Ewald Baumhoer, der gestern nicht in der Sitzung war, geht im April in Pension.
UWG findet Antrag der anderen Fraktionen zu weich
Besonders Thomas Stamm (SPD) sah das Vertrauen in Holbergs Arbeit nachhaltig gestört. Der verniedliche das Problem der entgangenen 750.000 Euro, beschuldige die Fraktionschefs des Vertrauensbruchs und enthalte ihnen juristische Gutachten vor. Er riet Holberg „dringend und schnellstens“ zu völliger Offenheit und Kooperation, „sonst wird das noch ein langes Jahr bis zur Kommunalwahl 2020“.
Auch Grüne und FDP forderten organisatorische und personelle Konsequenzen. Holberg müsse angemessen mit dem angerichteten Schaden umgehen (FDP-Fraktionschef Christian Hoene). Axel Krieger (Grüne) hatte den Eindruck, die Verwaltung schere sich manchmal nicht sonderlich darum, was die Politik beschließe.
UWG-Sprecher Jens-Holger Pütz, dem der gemeinsame Antrag der anderen Fraktion zu weich war, fuhr die härtesten Geschütze auf. Holberg hätte sofort nach Bekanntwerden der Verjährungspanne seinen Rücktritt anbieten oder gleich zurücktreten müssen. Den Fraktionsspitzen Unterlagen vorzuenthalten, sei eine Unverschämtheit.