Am 27. September 1924 wurde in der Gummersbacher Gaststätte Ising an der Moltkestraße die oberbergische Ortsgruppe des BGV ins Leben gerufen.
HistorieBergischer Geschichtsverein Abteilung Oberberg wurde vor genau 100 Jahren gegründet
Vor genau 100 Jahren, am 27. September 1924, wird in der Gaststätte Ising an der Moltkestraße in Gummersbach ein neuer Verein ins Leben gerufen: Die oberbergische Ortsgruppe des Bergischen Geschichtsvereins (BGV). Ziel des Vereins: „Heimische Geschichte und Heimatkunde aufzuschließen“ – „als Quell geistigen Genusses, innerer Freude und zum Verständnis der Vergangenheit und Gegenwart“. Erster Vorsitzender, bis 1945, wird Studienrat Walter Becker (1885–1952). Der promovierte Sprachwissenschaftler ist ein Mann von Welt. Gemeinsam mit dem langjährigen Schriftführer Fritz Rau (1892–1970) lenkt er den Verein in den ersten Jahrzehnten.
Noch im selben Jahr, im November 1924, wird in Waldbröl, damals noch ein eigener Kreis, eine weitere Kreisgruppe des BGV gegründet. Ende des Jahres verzeichnen beide Gruppen bereits 307 Mitglieder (Gummersbach: 228; Waldbröl: 79).
Die Gummersbacher verfolgen ein großes Ziel: Schloss Homburg sollte zum „Oberbergischen Heimatmuseum“ ausgebaut werden, ein gewagtes Vorhaben, das jedoch von Erfolg gekrönt ist. Am 20. August 1926 wird das Museum eröffnet. „Das Museum spiegelt die kleinbäuerlichen Verhältnisse wider, doch birgt es auch schon manche Schätze an Urkunden, alter Literatur, Gemälden, Stichen, Waffen und dergl.“, heißt es im Bericht des Vorsitzenden. Nur zwei Jahre erhält auch der Kreis Waldbröl ein kleines Heimatmuseum, in der Antonius-Kapelle der Rentei Denklingen.
Schloss Homburg wird Museum
Ende 1932 wird der Kreis Waldbröl aufgelöst, die Generalversammlung der Ortsgruppe empfiehlt ihren Mitgliedern den Beitritt zum Hauptverein oder der Abteilung Gummersbach, die sich nun „Oberbergische Abteilung“ nennt. Erstaunlicherweise kann sich der Verein der völligen Gleichschaltung durch die NS-Regierung entziehen. Dazu muss er sich allerdings dem „Oberbergischen Heimatbund“ unterordnen, der eine Blut- und Boden-Ideologie verfolgt. Vereinsmitglieder wie Otto Bäcker (1886- 1978) und Otto Kaufmann (1900–1985) konzipieren die Ausstellung „Familie, Volk, Rasse“, die die rassistische Ideologie der NSDAP verbreitet.
Der Vereinsvorstand betreibt eine „Appeasement-Politik“ gegenüber dem Nationalsozialismus, wie es Michael Kamp, der Leiter des Lindlarer Freilichtmuseums, in einem jüngst erschienenen Aufsatz bezeichnet. Kaufmann und Bäcker sind auch nach dem Krieg im BGV Oberberg sehr aktiv und werden beide zu Ehrenmitgliedern ernannt. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kommen die Vereinsaktivitäten weitgehend zum Erliegen. Die Zahl der Mitglieder sinkt auf rund 90.
Erst Anfang der 1950er Jahre geht es mit der Mitgliederzahl wieder spürbar nach oben. Der Verein unternimmt verschiedene Studienfahrten, an die Sieg, nach Altena, Hemer und ins Hönnetal. 1961 erfolgt die endgültige Übernahme des Museums von Schloss Homburg aus der Trägerschaft des BGV an den Oberbergischen Kreis. Ende der 1960er Jahre werden erstmals auch mehrtägige Exkursionen angeboten, ein Zeichen für zunehmenden Wohlstand.
Kommunale Neugliederung 1975 in Oberberg bringt dem Verein neue Mitglieder
Die kommunale Neugliederung 1975 bringt dem Verein neue Mitglieder aus Lindlar und Engelskirchen, kaum jedoch aus dem oberbergischen Norden. Denn in Hückeswagen und Radevormwald hat der BGV zwei eigene Ortsgruppen. In Wipperfürth ist der Heimat- und Geschichtsverein sehr aktiv.
1983 wird Alexander Rothkopf, ein promovierter Nervenarzt mit starken historischen Neigungen, zum neuen Vorsitzenden des BGV Oberberg gewählt, er bleibt bis 2016 in dieser Position und prägt den Verein. Einer seiner Verdienste ist die neue Buchreihe „Beiträge zur Oberbergischen Geschichte“, der erste Band erscheint 1986, bis heute umfasst die Reihe 15 Bände. Großer Beliebtheit erfreuen sich die historischen Stammtische und die Exkursionen. Mehrere Arbeitsgemeinschaften widmen sich der Erforschung der oberbergischen Kirchenglocken, der Orgeln und des Kartenwesens.
„Die jüngere Regionalgeschichte des Oberbergischen Kreises im NS-Staat, in der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit, ist bisher nur sporadisch und unzulänglich erforscht“, heißt es selbstkritisch in der Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum des Vereins. Erst der im Sommer 2024 herausgekommene Band 15 der „Beiträge“ widmet sich ausführlich diesem Thema.
Sonderband „Urkundliche Erstnennungen oberbergischer Orte“
1998 erschien der Sonderband „Urkundliche Erstnennungen oberbergischer Orte“ von Klaus Pampus, ein bis heute gültiges Standardwerk. Mit über 440 Mitgliedern erreicht der Verein einen neuen Höchststand. In den folgenden Jahren sinkt diese Zahl allerdings wieder, auf aktuell rund 350.
Die Corona-Pandemie bremst 2020 und 2021 die Aktivitäten aus. Mit dem „BGV-Kaminabend“ und dem „Treffpunkt Geschichte“ werden neue Formen der Zusammenkünfte erprobt.
„Der Geschichtsverein öffnet Türen. Wir wollen unseren Mitgliedern einen Mehrwert bieten, indem wir gemeinsam etwas anschauen, wo man alleine nicht hineinkommt“, sagt Marcus Dräger, der seit 2016 an der Spitze des BGV Oberberg steht.
Dem Verein haftet – nicht ganz zu Unrecht – das Etikett an, ein „Club der alten Männer“ zu sein. Bei der jüngsten Jahreshauptversammlung wurden allerdings auch zwei Mittzwanziger in den erweiterten Vorstand gewählt. Dräger blickt optimistisch in die Zukunft. „Der Verein lebt von der Mitarbeit und dem Engagement seiner Mitglieder, und daran mangelt es nicht.“
Am heutigen 27. September wird der BGV Oberberg seine Gründung vor 100 Jahren groß feiern. Für den Festakt auf Schloss Homburg werden über 150 Gäste erwartet.