Museum MorsbroichNeue Ausstellung widmet sich „Realen Fiktionen“ und „Fake News“
- Im Museum widmen sich Manuel Graf und Matthias Wollgast der Frage, was real ist - und was nicht.
- Zur Konzeption der Ausstellung begaben sie sich auch ins Leverkusener Stadtarchiv.
- Das Ergebnis ist indes zwiespältig und hier und da allzu (verwirrend) konstruiert.
Leverkusen – Man muss es zugeben: Wer sich diese Ausstellung zum ersten Mal anschaut, der wird visuell und inhaltlich erschlagen und kommt ganz schön ins Schlingern beim Versuch, hier irgendetwas zu deuten.
Überall sind da Videowände, über die unablässig eine Melange aus Werbeclips, Firmenlogos und Kunsteinblicken flimmert. Und diese alten Dokumente, die einem als bildähnliche Kunstwerke verkauft werden sollen. Kunstwerke, deren Sinn und Zweck sich nur schwer erschließt. Aber genau das ist ja irgendwie auch der Kern von „Reale Fiktionen“ – jener Schau, die nun im Museum Morsbroich eröffnet: Sie widmet sich dem Chaos, das uns Menschen heutzutage umschwirrt.
Keine Sicherheit
Dem Chaos zwischen Realität und Fiktion. Dem Chaos, das nicht erst seit der Schöpfung des Begriffes „Fake New“ in der Frage kulminiert: „Was ist echt und was nicht?“ Denn sicher sein kann man sich im Zeitalter des Digitalen, der virtuellen Realität, der Zusammenkunft der ganzen Welt im Netz nicht.
Insofern passt das, was die Künstler Manuel Graf und Matthias Wollgast für das Schloss erdachten und umsetzten: Sie wollen den Betrachter auf falsche Fährten locken, verwirren und am Ende mit einem Kopf voller Gedanken und dem Willen, die Sinne zu schärfen, entlassen.
Monetarisierung von Kunst
Im Spiegelsaal geht es Graf um die Monetarisierung von Kunst. Um Sponsoring. Um die Frage: Wie weit darf Kunst sich vor allem auf Geldgeber der freien Wirtschaft stürzen und stützen, die mit Ästhetik und Kreativität Menschen fangen und Ertrag einfahren wollen? Und vor allem: Wie real kann eine solche Kunst sein, die „gekauft“, die Teil des kapitalistischen Systems ist?
Die übrigen Räume des Erdgeschosses widmen sich wiederum dem lokalen Aspekt: Graf begab sich ins Stadtarchiv, suchte nach Spuren und Zeitzeugnissen früherer Ausstellungen – und funktionierten Teile des Schriftverkehrs zwischen Kommunalpolitikern, Museumsleitern und Kulturdezernenten der Stadt zu Kunstwerken um.
Fünfmal um die Ecke gedacht
Es ist der Punkt, an dem diese Ausstellung ein wenig schwächelt, denn: Hier den künstlerischen Ansatz zu finden, gelingt nur dann, wenn man fünfmal um die Ecke denkt. Und dabei verliert man sich letztendlich allzu leicht in einem viel zu komplexen Gewirr der Deutungsversuche und des „Was will der denn jetzt von mir?“-Hinterfragens. Anders: Die Kunst wirkt hier zu konstruiert. Nicht aus der Eingebung, der Spontaneität, aus der – rheinisch - Lamäng heraus entstanden, sondern am Reißbrett entworfen. Mit Hilfe des interpretatorischen Vorschlaghammers, der immer dann eingesetzt wird, wenn eine Wirkung erzwungen werden soll.
Pseudo-Premieren-Glanz
Es ist am Ende vor allem die sich über mehrere Museumszimmer im ersten Stock des Hauses erstreckende Performance, Installation und überhaupt Zusammenkunft zahlreicher Spielarten der bildenden Kunst von Matthias Wollgast, die diese Ausstellung rettet und einen Besuch zweifelsohne lohnend macht:Wollgast baute mit rotem Teppich, Fotowand, Theke, Popcornmaschine, abgedunkeltem Saal und Leinwand die Illusion eines Kinos auf, in dem die Premiere eines Filmes namens „The Steps With No Name“ gezeigt wird.
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Nach und nach aber wird offenbar: Es geht lediglich um Pseudo-Glanz, um ein schnödes „Making Of“, das sich – hier greift das Konzept der realen Fiktion – in der Zukunft um einen fiktiven Science-Fiction-Film dreht, der in einer für uns zukünftigen Vergangenheit gedreht wurde. Verwirrend? Ja. Aber doch auch schlüssig.
„Reale Fiktionen“ ist ab Sonntag, 20. September, bis zum 15. November im Museum zu sehen. Am Sonntag hat auch erstmals seit dem Lockdown der Museumsladen wieder geöffnet.