Polizeitaucher Patrick Reichelt rettete bei der Hochwasserkatastrophe in NRW viele Menschenleben. Nun wurde er mit der Rettungsmedaille des Landes geehrt.
Mit NRW-Medaille geehrtDieser Mann rettete 65 Menschen und zwei Tiere aus der Flut
Im Berufsalltag wird er sonst meist gerufen, wenn es für Rettungsaktionen bereits zu spät ist. Patrick Reichelt arbeitet als Polizeitaucher. „Also wir suchen in der Regel Leichen“, schildert der durchtrainierte 48-Jährige.
Als vor fast zwei Jahren die Region vom Hochwasser getroffen wurde, war das anders: Reichelt rettete mit weiteren Helfern 65 Menschen und zwei Tiere aus ihren Häusern in Swisttal-Heimerzheim westlich von Bonn. Dafür hat Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ihn und 17 weitere Lebensretter in dieser Katastrophe am Mittwochabend mit der Rettungsmedaille des Landes NRW geehrt.
Der Swistbach hat in seiner Heimatgemeinde aktuell eine Wassertiefe von etwa 50 Zentimetern, wie Reichelt der Deutschen Presse-Agentur schildert. Zum Höhepunkt des Hochwassers am 15. Juli 2021 seien es knapp acht Meter gewesen.
Schon vor der Katastrophe gab es viel Arbeit
Schon am Vortag der Katastrophe hatte er alle Hände voll zu tun, wie er sich erinnert. „Da fing es schon an, dass die Nachbarn kamen und gefragt haben, ob ich helfen könnte, die Keller leerzuräumen“, erzählt der Familienvater, der mit Frau, Kindern und Hund in -Heimerzheim lebt.
Nachts sei es dann mit der Evakuierung losgegangen. Viele Menschen hätten aber gar nicht gewusst, wo sie hin sollten. Reichelt schildert, wie seine Frau, die ebenfalls bei der Polizei arbeitet, ein Evakuierungszentrum aufgebaut und Spezialfahrzeuge angefordert habe. „Sprich unsere Räumpanzer, die sind da von meiner Frau im Prinzip alarmiert worden, weil die sind schwimmfähig und die ganzen Feuerwehrautos waren alle abgesoffen“, verdeutlicht er.
Bei einer Rettung gerät er selbst in Not
Weil es mit Autos kein Durchkommen mehr gab, habe er ein Schlauchboot organisiert. Er, ein Feuerwehrmann und ein gelernter Kletterer bahnten sich damit einen Weg durch das trübe Wasser, um Menschen aus ihren Häusern zu holen. Der Propeller des Außenbordmotors sei zu Bruch gegangen: „Da habe ich Briefkästen abgerissen und ein Dach von einem Mercedes Sprinter, den habe ich nicht gesehen, weil der im Wasser war, unter Wasser. So tief war das Wasser bei uns.“
Als er zu einem kaum noch erreichbaren Haus mit festsitzenden Menschen watet, gerät er plötzlich unter Wasser. „Was ich nicht sehen konnte durch den Schlamm, dass ein Strudel im Prinzip den gesamten Asphalt und alles, was vor dem Haus war, schon weggespült und die Bodenplatte unterspült hat, so dass ich unter die Bodenplatte gezogen wurde“, beschreibt der 48-Jährige. Er konnte noch seinen Arm aus dem Wasser strecken und der Feuerwehrmann zog ihn heraus. Zwei Frauen wollten nach seiner Schilderung das Haus nicht ohne ihre Haustiere verlassen. Reichelt ruft einen Rettungshubschrauber für die Menschen im Haus und klemmt sich für den Rückweg im Wasser die Vierbeiner - einen Hund und eine Katze - unter die Arme. Später geriet er noch mal in Lebensgefahr: Als er auf der Suche nach Menschen in einem vollgelaufenen Keller bis zum Hals im Wasser stand, spürte er leichte Stromschläge. Sie kamen von losen Kabeln einer immer noch aktiven Photovoltaikanlage auf dem Dach. „Also da habe ich auch schon mächtig Schwein gehabt“, meint er. „Es ist der Einsatz, bei dem ich fast mein Leben verloren hätte.“
Weitere Menschen geehrt
Über sich hinaus gewachsen sind in der Katastrophe auch Bauunternehmer Hubert Schilles aus Mechernich, Wolf-Christian Lorenz aus Bad Münstereifel und Carsten Bönsch aus Zülpich. Gemeinsam verhinderten sie damals den Bruch des Damms der Steinbachtalsperre und bewahrten damit die umliegenden Ortschaften vor einer katastrophalen Überflutung.
In Rösrath-Hoffnungsthal rettete Polizeihauptkommisar Marc Pfeiffer aus Buchholz mit seinem privaten Motorboot mehrere Personen aus ihren eingeschlossenen Häusern.
In Erftstadt-Blessem gelang es Hauptfeldwebel Jennifer Monzel aus Essen mehrere Personen aus lebensgefährlichen Situationen zu holen. Als Lebensretter geehrt wurden zudem Sascha Shah und Tobias Engels aus Zülpich sowie Niklas Roggendorf und Alexander Schmidt aus Euskirchen. Florian Leeser aus Wuppertal und Benedikt Skirlo aus Solingen retteten drei Personen aus ihrem von Wassermassen eingeschlossenen Fahrzeug, Markus Teichmann aus Stolberg rettete zwei Frauen aus einem vollgelaufenen Bungalow. Bartosz Zarebski, Mario Schröder, Stephan Möller, Yusufcan Ibis und Sascha Langrock aus Altena retteten einen Feuerwehrmann aus den Fluten.
Eine besondere Belobigung erhielt Dirk Wasserfuhr aus Wuppertal. Der Mönch läutete die Notglocken des Klosters und warnte dadurch die Bewohner Bevenburgs vor der drohenden Flut des Wupperstausees.
Für Ministerpräsident Wüst sind sie alle echte „Helden und Vorbilder“, wie er betonte. Es sei „dem unglaublich mutigen Einsatz vieler Menschen zu verdanken, die mitten in dieser Katastrophe über sich hinausgewachsen sind“, dass nicht noch mehr Menschen gestorben sind. Bei dem Hochwasser starben in NRW 49, im Ahrtal 135 Menschen. (dpa/kmü)
Auszeichnung
Die Rettungsmedaille des Landes Nordrhein-Westfalen wird bereits seit 1951 an Menschen verliehen, die sich in Lebensgefahr begeben haben, um andere Menschen zu retten. Insgesamt haben bisher rund 1300 Bürgerinnen und Bürger die Medaille des Landes aus massivem Silber erhalten.