Leverkusens OB-KandidatenStefan Baake, der unideologische Grüne
- Stefan Baake ist seit 1994 im Stadtrat, seit 1987 bei den Grünen. Diesmal setzt er auf eine Stichwahl.
- Der Sozialarbeiter mit dem zweiten Faible für Finanzen gibt sich betont sachlich. Schon mit dem Kampf zwischen Realos und Fundis konnte er „nie etwas anfangen“.
- Zu seinen aktuellen Zielen gehören mehr Wohnungen, auch für schwieriges Klientel.
Leverkusen – Einen Lernerfolg hatte er schon. „Wahlkampf ist heute Werbung“, hat Stefan Baake festgestellt. Und sich darauf eingerichtet, als Kandidat für das Amt des OB auch einfach mal auf dem Plakat gut rüberzukommen, sich um Soziale Medien zu kümmern. Facebook, Instagram, alles von Bedeutung, gerade auch unter den Corona-Beschränkungen für die Wahlkämpfer von 2020.
Wer den 63 Jahre alten Grünen seit längerem beobachtet, stellt eine gewisse Verwandlung fest. Der Mann formuliert zupackend, seine Ziele sind klar – und für aussichtslos hält Baake seine Kandidatur keineswegs, denn: „Ich halte es für ausgeschlossen, dass es nur einen Wahlgang gibt.“ Acht Bewerber, von denen viele Außenseiter sind, dürften die beiden Kontrahenten von SPD und CDU zunächst so viele Stimmen kosten, dass ein Durchmarsch in Uwe Richrath oder Frank Schönberger für nicht wahrscheinlich gehalten wird. Daraus folgt die Ansage: „Mein Ziel ist es, in die Stichwahl zu kommen.“ Das hält Baake für umso realistischer, als „der Trend weiter für uns ist“.
Zur Person
Stefan Baake ist 63 Jahre alt, ledig, wohnt in Opladen und von Beruf Sozialarbeiter. Bei der Arbeiterwohlfahrt in Remscheid kümmert er sich als gesetzlicher Betreuer um rund 50 Menschen mit sehr verschiedenen Problemen und Hintergründen. Außerdem berät er ehrenamtliche Betreuer.
Bei den Grünen engagiert er sich wegen seines beruflichen Hintergrunds im Bereich Soziales und Kinder, außerdem hat er einen Sitz in der Trägerversammlung des Jobcenters. Ein weiterer Schwerpunkt Baakes ist die Finanzpolitik. (tk)
Das gelte unabhängig von der Kritik, mit denen Leverkusens Grüne seit langem konfrontiert sind: dass sie zu pragmatisch Kommunalpolitik machen und das ökologische Profil dabei weitgehend verloren geht. Dass es ein „Grünes Bürgerforum“ gibt, das sich am Ende nicht einstimmig gegen Kandidaturen bei der Kommunalwahl am 13. September entschieden hat, nimmt Baake eher achselzuckend zur Kenntnis. „In der Kommune geht es nicht um Ideologie.“ Diesen Schluss er aus knapp einem Vierteljahrhundert im Stadtrat und 33 Jahren Mitgliedschaft bei den Grünen. Dazu passt, dass er mit dem seine Partei viele Jahre stressenden Streit zwischen Realos und Fundis „nie etwas anfangen konnte“.
Keine Öko-Folklore
Insofern fällt es Baake leicht, einerseits ohne Öko-Folklore seine politischen Ziele für die Stadt zu formulieren. Andererseits muss er mit Blick auf die umstrittene Öko-Siedlung am Bohofsweg, die einer klimatisch wichtigen Kaltluft-Schneise im Weg wäre und zur Verwunderung vieler von den Grünen im Bauausschuss gefeiert wurde, Voreiligkeit einräumen: „Das muss man sich noch einmal ganz genau anschauen.“
Ökologische Sensibilität hat Baakes Kernforderung nicht – sie betrifft den Wohnungsbau. „Da muss noch deutlich mehr passieren“, wenngleich Amtsinhaber Uwe Richrath sein Ziel 1000 neue Wohnungen sogar übererfüllt hat. Aus Sicht des Grünen droht auch Leverkusen ein für viele nicht mehr bezahlbares Mietniveau, weil Theorie und Praxis auseinander fallen: „Wenn mir zwei große private Vermieter sagen, dass der Mietspiegel sie nicht interessiert, dann muss etwas passieren.“
Quote für Sozialwohnungen
Was? „30 Prozent Sozialwohnungen bei allen Projekten, die angepackt werden.“ Es gehe nur noch mit einer festen Quote, weil sonst bei jedem Bauprojekt darüber diskutiert werde, wie viel sozialer Wohnungsbau denn möglich und verträglich sei. Den Einfluss der WGL und der Bauvereine auf den Gesamtmarkt dürfe man eben auch nicht überschätzen, sagt Baake, der auch im Aufsichtsrat der WGL sitzt. Wohnen werde dominiert von den kleineren Vermietern. Und dass jemand unter Hinweis auf den Mietspiegel klagt und dann Gefahr läuft, seine Bleibe zu verlieren, „ist ja nicht sehr wahrscheinlich“.
Um Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen, wären bei der Entwicklung von Baugebieten Konzept-Vorgaben sehr nützlich, glaubt Baake. So ließe sich das Angebot für Senioren oder Single-Haushalte gezielt verbessern. Auch ökologische Aspekte fänden mehr Beachtung im Rendite-getriebenen Geschäft mit Wohnraum.
Bleiben für Obdachlose
Außerdem will der Grünen-Kandidat ein Klientel besser stellen, dass es besonders schwer hat auf dem Wohnungsmarkt: Menschen, die an der Schwelle zur Obdachlosigkeit stehen und sich kaum in ein geregeltes Leben einfinden. Baake, von Beruf Sozialarbeiter, nennt sie unverblümt „Problembringer“, weil sie das für die meisten Vermieter sind. Auch für die WGL, sieht er. Deshalb „will ich die WGL zwingen, einen bestimmten Prozentsatz an solche Leute zu vermieten.“ Dass so etwas ohne institutionalisierte Hilfe oft nicht gut ausgeht, weiß Baake. Wäre er Oberbürgermeister, eine Fachkraft in der Stadtverwaltung würde die Wohnfähigkeit prüfen. „So etwas gibt es schon in Berlin.“
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Wohnen sei auch der richtige Ansatz für die City C. Dass dort nichts geschieht, sei nicht nur dem amtierenden OB anzulasten, sondern auch dem Stadtrat, der in dieser Sache keine Entscheidungen getroffen habe. „Wir blamieren uns.“ Aus Sicht Baakes übrigens mehr als beim Schloss Morsbroich. Um den richtigen Weg zu dessen Wiederbelebung hätten die Politiker wenigstens debattiert. Die politische Auseinandersetzung ist für Stefan Baake immer noch die Grundlage. Und sei der Wahlkampf noch so viel Werbung.