Krankenhäuser warnenAus Angst vor Corona keine schweren Erkrankungen verschleppen
Leverkusen – Die Kliniken in Leverkusen rüsten sich für einen weiteren Anstieg von Covid-19-Patienten, auch wenn es „eine stabile Entwicklung in den vergangenen Tagen“ gab, wie Stefan Reuter, Chef der Infektiologie am Klinikum betonte. Vor den Feiertagen informierten die Stadtverwaltung und die lokalen Krankenhäuser über die momentane Entwicklung bei einer Pressekonferenz – rein digital, versteht sich.
Im Klinikum werden derzeit zwölf Covid-19-Patienten behandelt, erklärt Stefan Reuter, acht von ihnen sind aus Leverkusen. Drei der zwölf würden auf der Intensivstation behandelt. „Unsere Kapazitäten sind bei Weitem noch nicht ausgeschöpft“, betont Reuter. Doch das Klinikum sorgt vor: Die Kapazität von aktuell 39 Intensivbetten könnte innerhalb eines Tages auf 48 erweitert werden, und sogar – sollte es notwendig sein – auf 60 . Dazu müssten allerdings Beatmungsgeräte aus anderen Bereichen herangezogen werden, beispielsweise von der Feuerwehr oder aus Operationssälen, erläutert der Infektiologe.
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Darüber hinaus hat das Klinikum zwölf weitere Beatmungsgeräte beim Land NRW bestellt und auch zugesagt bekommen. Da für die Nutzung eines Beatmungsgerät eine gewisse Vorbildung nötig sei – das sei „nicht banal“, betont Stefan Reuter – werden Mitarbeiter aus anderen Bereichen geschult. Um die Personalkapazitäten auszubauen, arbeiten mittlerweile auch Teilzeitkräfte in Vollzeit. Müsste das Klinikum die Intensivbettenzahl auf 60 erhöhen, brauche man allerdings externes Personal, weist Reuter darauf hin, hier befindet sich das Klinikum bereits in Gesprächen.
Auch das Remigius Krankenhaus in Opladen rüstet sich: Die Zahl der Beatmungsplätze könnte von aktuell 14 auf 20 aufgestockt werden, sagt Claudia Münks-Lederer, Chefärztin der Inneren Medizin. 30 Isolierzimmer könnten innerhalb von 24 Stunden eingerichtet werden, vier Lungenfachärzte sind vor Ort.
Covid-19-Patienten werden separiert
Was alle Krankenhäuser – neben dem Klinikum das Remigius Krankenhaus wie auch das Sankt Josef Krankenhaus in Wiesdorf – eint, ist die Tatsache, dass sie versuchen, Corona-Patienten und -verdachtsfälle von vorneherein von Patienten mit anderen Erkrankungen zu trennen. „Eine Parallelwelt“ nennt es Stefan Reuter: Die Kliniken versuchen durch getrennte Wege oder separierte Trakte die Covid-19-Fälle zu isolieren, damit auch andere Menschen behandelt werden können. Denn aus Angst vor einer Ansteckung trauen sich Leute nicht, ins Krankenhaus zu fahren, obwohl sie schwerwiegende Symptome haben. Sogar von verschleppten Herzinfarkten wird berichtet. „Verschleppen Sie es nicht, indem Sie einfach zu Hause bleiben“, warnt Sascha Wihstutz, Chefarzt der Geriatrie im Sankt Josef Krankenhaus. Blieben die Leute zu Hause, bestünde das Risiko, dass die Sterblichkeit durch andere Erkrankungen steige, die man unter normalen Bedingungen gut behandeln könnte.
Mittlerweile ist hinreichend bekannt, dass Menschen über 80 deutlich gefährdeter vom Coronavirus sind als jüngere. „Die Pflegeeinrichtungen sind ganz besonders im Fokus“, erklärt Martin Oehler, Leiter des Leverkusener Gesundheitsamts. Dennoch wird in den Einrichtungen nicht flächendeckend auf das Virus getestet. Das ergebe nur eine Momentaufnahme, erläutert Oehler. Sicherlich werde man einige positive Zufallsfunde machen, doch man rechne mit vielen Negativergebnissen – die in falscher Sicherheit wiegen. Denn: Am nächsten Tag könne die Krankheit ausbrechen. „Man müsste täglich oder zwei bis dreimal in der Woche testen“, skizziert Oehler, was bei den aktuellen Testkapazitäten nicht machbar sei. Die Strategie: Gezielt testen, wenn jemand Symptome zeigt, und auch bei Verlegungen, Wieder- oder Neuaufnahmen. Zusätzlich sollen 14 Tage Quarantäne das Infektionsrisiko minimieren.
Für die Senioren, die diese Quarantäne nicht zu Hause verbringen oder nirgendwo anders unterkommen können, hat die Stadt Leverkusen seit einigen Tagen auch 25 Zimmer im Hotel „Best Western“ angemietet. Der Flur und der Betrieb ist vom sonstigen Hotelbetrieb separiert, betont Gesundheitsdezernent Alexander Lünenbach. „Wir haben die Entwicklungen in den Pflegeeinrichtungen in Würzburg, Wolfsburg oder auch in Köln aufmerksam verfolgt“, erklärt Lünenbach mit Verweis auf die hohe Todesrate in einigen Einrichtungen. Die Stadtverwaltung habe sich dann für die aktuelle Hotelvariante entschieden: „Wir brauchen so eine Einrichtung, auch, um die Systeme wie Krankenhäuser zu schützen.“ Zwei der Zimmer sind bereits belegt.