Konzert im ForumLeverkusener Arzt dirigiert Junge Sinfonie Köln
Leverkusen – Mal hat er ein Skalpell in der Hand, dann einen Dirigentenstab: Kai Peter Schuster findet sich in beiden Welten zurecht. In der medizinischen ist er seit drei Jahren Arzt in der urologischen Abteilung am Leverkusener Klinikum, nächstes Jahr will er mit seinem Facharzt fertig sein. In der musikalischen dirigiert er die Junge Sinfonie Köln. Beide Welten werden am 20. Dezember im Forum aufeinandertreffen, wenn der 32-Jährige das Benefizkonzert der Sinfonie leitet: der Erlös wird der Kinderpalliativstation am Klinikum zugutekommen.
Entscheidung für eine Nische
Ein wenig gehetzt erscheint Schuster auf dem Gang der Urologischen Abteilung im fünften Stock, er kommt gerade aus dem OP. Prostata-Entfernung. Der 32-Jährige trägt ein blaues T-Shirt, eine weiße Hose. Den Kittel hat er noch im Fach liegen und muss ihn noch holen. Dass er „viel Vergnügen“ an chirurgischen Eingriffen hat, hat er in seinem praktischen Jahr über sich gelernt und dann die Fachrichtung Urologie eingeschlagen. „Ich wollte eher in eine Nische“, erklärt er. Dort fühlt Schuster sich wohl. Dabei hatte er zunächst mit seinem Medizinstudium gehadert: „Das erste Jahr wart hart“, erinnert er sich an die Zeit in Düsseldorf. Denn seine Entscheidung für Medizin war gleichzeitig auch eine Entscheidung gegen die Musikerkarriere.
Seit er fünf ist, spielt er Klavier, seit er neun ist, klassisches Schlagzeug. Aus einer besonders musikalischen Familie komme er nicht, räumt der gebürtige Pulheimer ein. Aber noch bevor er sprechen konnte, konnte er den Kassettenrekorder bedienen: Peter und der Wolf von Sergej Prokofjew lief als Dauerschleife. „Da meinte meine Mutter: «Der Junge muss was mit Musik machen«“, erzählt Kai Schuster lachend. Und irgendwie war das dann ein Omen: Bereits in der Schule wurde er als Jungstudent an der Kölner Musikhochschule aufgenommen, die Musikerkarriere schien vorgezeichnet. Dann nach dem Abi 2006 die Kehrtwende. Ob er jemals davon leben könne, habe er sich gefragt, angesichts so vieler ausgebildeter Musiker und so weniger Orchester. Also dann: Medizin statt Musik.
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Doch die Musik ist Teil seines Lebens geblieben: Als Nebenjob während des Studiums, während seiner ersten Dirigentenerfahrungen an der Rheinischen Musikschule und als Mitglied der Jungen Sinfonie Köln.
Was ihm mehr Spaß mache: Das Dirigieren oder das Musizieren? Kai Schuster zögert nicht: „Ein Orchester zu leiten, ist eine größere Erfüllung“, schwärmt er. Eine Herausforderung, eine Partitur zum Klingen zu bringen, ohne ein Instrument in der Hand zu haben. Und das Zusammenfügen unterschiedlicher Musiker, die sich einbringen, und trotzdem seinen eigenen persönlichen Stil zu entwickeln. Den beschreibt er als „spätromantisch“. Er komme noch aus der „deutschen Schule“, sagt er und schiebt ein: „Auch, wenn das komisch klingt.“ Dann erklärt Schuster die Unterschiede zwischen dem deutschen und französischen Stil, er nimmt seine Hände mit – gedanklich eher schon im Konzertsaal denn in einem nüchternen Besprechungszimmer im Krankenhaus. „Der spätromantische Stil ist ein erdiger Klang, aber ohne schwammig zu werden“, erklärt der Urologe. „Er ist dunkler im Klang, und glänzt trotzdem.“ Der französische Stil – seinem entgegengesetzt – sei „leichter, lichter, aber auch durchsichtiger“.
Benefizkonzert im Dezember
Einmal die Woche probt Schuster mit der Jungen Sinfonie Köln. Das Benefizkonzert im Dezember kommt noch on top zu den schon geplanten Konzerten. Sein Dirigentenjob verschlingt neben der Arbeit im Krankenhaus ganz schön viel Zeit. Doch der 32-Jährige hat Glück, dass seine musikalische Tätigkeit im Klinikum „wertgeschätzt“ wird und Zusatzproben beispielsweise im Dienstplan berücksichtigt werden. Für das Konzert im Dezember im Forum hat er sich Richard Wagner vorgenommen, doch auch Jacques Offenbach darf im Offenbachjahr nicht fehlen. „Die Stücke haben viel miteinander zu tun“, ebenso deren Urheber – Kai Schuster hat sich da Gedanken gemacht. Als Solist am Klavier konnte er Alexander Krichel gewinnen, der auch schon auf internationalen Bühnen unterwegs war.
Insgeheim hofft Kai Schuster, mit diesem Konzert eine Art Tradition anstoßen zu können: „Folgekonzerte wären schön“, findet er. Doch erstmal muss zurück zur Arbeit: Die medizinische Welt ruft.