Krieg kann nie zur Normalität werden
Krieg, Zerstörung und Gewalt – das kennen die meisten Europäer heute nicht mehr aus eigenem Erleben. Schaltet man aber den Fernseher an, kann man ihnen derzeit kaum entkommen, den Bildern aus Syrien, insbesondere dem zerbombten Idlib. Diese Bilder, so Michael D. Gutbier vom Opladener Geschichtsverein, zeigen, dass der Krieg uns nach wie vor nah ist – und verdeutlichen, warum das Erinnern so wichtig ist.
Der Geschichtsverein hatte daher am gestrigen Freitag anlässlich des 75. Jahrestags des Luftangriffs auf Opladen vom 6. März 1945 zur Kranzniederlegung auf den Ehrenfriedhof an der Rennbaumstraße geladen. Nicht, wie Leverkusens Bürgermeister Bernhard Marewski (CDU) mit Blick auf die wiederkehrende Kritik an Soldaten- oder Ehrenfriedhöfen betonte, „um den Krieg zu ehren, sondern die Menschen, die darin umkommen.“ Tatsächlich waren es hauptsächlich Zivilisten, insbesondere auch Zwangsarbeiter, die bei den beiden Angriffen im Dezember und März ihr Leben ließen.
Bereits im Vorfeld der Veranstaltung hatte Michael Gutbier in der Villa Römer rund 30 Zuhörer mitgenommen auf einen Parforceritt durch die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs in Leverkusen. Anhand zahlreicher zeitgenössischer Fotos und Zeitzeugenberichte verdeutlichte er, was das Näherrücken der Front, die zwei Luftangriffe auf das Stadtgebiet und schließlich die letzten Gefechte für Opladen und die umliegenden Ortschaften bedeutete . Der Angriff vom 6. März 1945 galt insbesondere dem Bahnausbesserungswerk und dem Bahnhof Opladen, forderte vermeintlich „nur“ 31 Todesopfer – erfüllte mit der Zerstörung wichtiger Infrastruktur und kriegswichtiger Industrie letztlich jedoch wichtige Ziele der Alliierten. Die Wirkung, die ein solcher Angriff immer auch auf die Überlebenden hat, war freilich ungemein größer und wurde in den zitierten Augenzeugenberichten offenbar: „Nie mehr in meinem Leben habe ich solche Todesangst gespürt wie in jenen 20 Minuten“, zitiert Gutbier etwa eine Zeitzeugin. Er macht jedoch auch darauf aufmerksam, dass aus den Quellen ersichtlich wird, dass viele Menschen die Luftangriffe als etwas normales wahrzunehmen begannen, der Kriegsalltag für viele tatsächlich zum Alltag wurde – und es tatsächlich möglich war, dass zwischen zwei Bombardements ruhig eine Tasse Kaffee getrunken wurde. Nur einen Tag nach dem Angriff auf Opladen gelang es den Amerikanern, den Rhein bei Remagen zu queren, am 15. April, konnten sie in Leverkusen einmarschieren. Während der Krieg in anderen Gebieten noch fast einen Monat lang toben sollte, begannen in Opladen bereits neue Zeiten.