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Verurteilung wegen Totschlags gefordertProzess um getötete Schwangere aus Leverkusen vor Abschluss

Lesezeit 3 Minuten
Der Angeklagte mit seinem Verteidiger zu Beginn des Prozesses.

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger zu Beginn des Prozesses.

Die Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haft für den Angeklagten im Fall der getöteten Schwangeren. Die Verteidigung plädiert auf Totschlag.

Die Frau war im vierten Monat schwanger, als sie im Oktober 2023 von ihrem Lebensgefährten in Leverkusen auf offener Straße mit einem Messer getötet wurde. Die 35-Jährige starb noch am Tatort. Auch der Fötus im Mutterleib fiel der Tat zum Opfer und kam um. Täter war der 34 Jahre alte Lebensgefährte des Opfers, der auch Vater des Kindes war.

Vor dem Kölner Landgericht wird dem Mann seit April der Prozess gemacht. Der Vorwurf lautet auf heimtückischer Mord aus niedrigen Beweggründen in Tateinheit mit verbotenem Schwangerschaftsabbruch. Laut Anklage soll der 34-Jährige die Tat begangen haben, weil er seiner streng gläubigen muslimischen Mutter gegenüber die Beziehung und die Schwangerschaft habe verheimlichen wollen. Eine „Offenbarung“ dieses Geheimnisses habe der 34-Jährige „um jeden Preis verhindern“ wollen, hieß es in der Anklageschrift.

Dieser Annahme der Staatsanwaltschaft widersprach nun die Schwester (45) des Angeklagten bei ihrer Zeugenaussage vor der 21. Großen Strafkammer: „Alles, was ich in den Medien gelesen habe über unsere Mutter, ist falsch.“ Und weiter: „Eine Partnerschaft mit einer deutschen Frau ist überhaupt kein Problem“, sagte die Büroangestellte aus Leverkusen per Videoschaltung in den Saal. Der Grund für die Schaltung: Die 45-Jährige hatte geäußert, Angst vor den Angehörigen des Opfers zu haben.

Schwester und Mutter sollen von Schwangerschaft gewusst haben

Dass die sich nicht immer an die Gepflogenheiten vor Gericht hielten, hatte vor der Aussage der Zeugin der Vater des Opfers bewiesen, der in dem Prozess auch als Nebenkläger auftritt. Weil er wiederholt abfällige Bemerkungen in Richtung des Angeklagten machte, verwies der Vorsitzende Alexander Fühling ihn des Saals. Weil der Nebenkläger sich auf dem Weg nach draußen beschwerte, brummte der Richter ihm auch noch 250 Euro Ordnungsgeld auf. Die Zeugin sagte weiter aus, dass sowohl die Mutter als auch sie selbst von der Schwangerschaft gewusst hätten.

Rund einen Monat vor der Tat habe sie eine Geschenktüte gefunden, in der unter anderem ein Babystrampler und ein benutzter Schwangerschaftstest gewesen sei. Sie habe ihren Bruder gefragt: „Du wirst Papa?“, was ihr Bruder lächelnd bejaht habe. Zu ihrer Mutter, die bereits zuvor vermutet habe, dass der 34-Jährige in einer Beziehung ist, habe sie gesagt: „Du hattest Recht, dass er eine Freundin hat.“ Ihr Bruder habe aber auch angedeutet, dass er nicht gewusst habe, ob er mit der 35-Jährigen zusammenbleibe.

Auf die Vaterschaft habe er sich aber gefreut. „Er wollte für das Baby da sein“, sagte die 45-Jährige. Im Anschluss an die Zeugenaussage zog sich das Gericht zur Beratung zurück und erteilte im Anschluss einen rechtlichen Hinweis, dass statt wegen Mordes auch eine Verurteilung wegen Totschlags möglich sei — jeweils in Tateinheit mit verbotenem Schwangerschaftsabbruch.

Davon zeigte sich die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft aber unbeeindruckt und plädierte auf eine lebenslange Haftstrafe für den 34-Jährigen. Verteidiger Gottfried Reims beantragte hingegen eine Verurteilung wegen Totschlags. Einen konkretes Strafmaß nannte Reims hingegen nicht. Am Montag soll das Urteil gesprochen werden.