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Köln-GrembergLokführer werden auf der neuen Vectron 193 ausgebildet

Lesezeit 3 Minuten

Das „Gesicht“ der neuen Lok unterscheidet sich schon deutlich von dem seiner Vorgänger.

Köln – Es ist dieser ganz besondere Geruch. Der, der die Inneräume von neuen Autos erfüllt – und vom dem das Gerücht umgeht, die Hersteller würden ihn extra einsprühen, um das Glücksgefühl beim Kauf zu steigern. Wenn das wirklich so ist, dann haben die Produzenten neuer Loks den Verkaufstrick kopiert. Denn eben dieser Geruch strömt auch durch den Fahrerstand der Vectron 193. 60 Stück dieser nigelnagelneuen Zugmaschinen hat DB Cargo bestellt. Die ersten sind am Rangierbahnhof Gremberg angekommen. Dort bekommen Lokführer nun eine Nase an die neue Technik. Sie werden geschult im Umgang mit den Kraftpaketen, die locker 5000 Tonnen ziehen können.

Flugzeugtechnik in der Bahn

Eisenbahnromantiker werden wohl etwas vermissen. Gerne mal bis zu 30 Jahren und mehr bringen die bisherigen Loks bei der DB Cargo auf die Gleise. Meist ist der Motor dann schon durch einen neuen ausgetauscht worden. Was aber nur wenig an der Steuerungstechnik auf dem Fahrerstand ändert. Dort werden noch wie weiland zur Industrialisierung Schalter umgelegt und Hebel betätigt. Das Auge schweift über kreisrunde Armaturen in denen sich Kilometerstände klackend durch drehende Zahlenrädchen erhöhen. Schön anzuschauen, sicherlich. Doch etwas anachronistisch in einem Markt, der einer der umkämpftesten unserer Zeit ist: Der Logistik.

„Was bei Flugzeugen schon lange Stand der Technik ist, das sind wir jetzt auch angekommen“, sagt Sven Jacobsen, Ausbilder für Lokführer. Mit einladender Geste präsentiert er das „Cockpit“ der Vectron 193. Dunkle Bildschirme. Noch. Lokführer Ralf Bergmann drückt den entscheidenden Knopf. Digitale Tachometer flackern auf. Balkendiagramme fahren zum Funktionstest rauf und runter. Eine säuselnde Frauenstimme bestätigt, was das Auge schon erahnt: „Maschine startet.“ Ein Kraftprotz erwacht.

Richtig deutlich wird die technische Weiterentwicklung jedoch bei einem Blick in den nunmehr neusten  Führerstand.

„Und, wie würden sie den Unterschied beschreiben, zu den Zugmaschinen, die sie bisher gefahren haben?“ Da muss Bergmann, seit Jahrzehnten Lokführer aus Leidenschaft, nicht lange überlegen. „Früher hatte ich ein altes Nokia-Handy, jetzt bediene ich ein iPhone.“ Er aktiviert eine Funktion über den berührungssensitiven Bildschirm, und drückt einen der verbliebenen drei Hebel im Cockpit nach vorne – den für die Beschleunigung. „Wenn ich den jetzt durchdrücken würde, schössen die 90 Tonnen nur so los.“ Macht er natürlich nicht. Im Gegenteil. Zärtlich bewegt er den Hebel in Fahrtrichtung. Sanft wie ein Lamm schiebt der Elektromotor mit 6,4 Megawatt Zugleistung die Lok nach vorne. Ein leises Summen ist im in der Führerkabine zu vernehmen.

Der alte Führerstand

Die neuen Loks sollen auf der Nord-Süd-Strecke der DB-Cargo unterwegs sein. Von Rotterdam bis Italien. Ralf Bergmann lässt sich für die Abschnitte Niederlande und Deutschland ausbilden. Pro Land ein eigener Ausbildungsblock? Ja, das vereinte Europa hört am Gleisbett auf. Englisch als Arbeitssprache wie im Flugverkehr, gibt es auf dem internationalen Logistikmarkt nicht. Schlimmer noch. Jedes Land hat zumindest teilweise seine eigenen Sicherheitsvorschriften, Signalfarben und technischen Anforderungen. Das hinterlässt auch auch an der Vectron 193 Spuren. Helme und Westen in verschiedenen Farben liegen in den Fächern griffbereit. Auf dem Dach befinden sich unterschiedliche Stromabnehmer.

Rund 50 Lokführer werden bis Ende des Jahres auf den neuen Loks in Gremberg ausgebildet. Ein Tag Theorie und ein Tag Praxis sind pro Mann vorgesehen. Bis Oktober sollen alle 60 Loks ausgeliefert sein. Rund eine viertel Milliarde Euro zahlt DB Cargo dafür.