AboAbonnieren

Brauch aus dem ChristentumIn der Karwoche wird in NRW vielerorts „geklappert“ – was dahinter steckt

Lesezeit 3 Minuten
In Swisttal wird sogar auf Fahrrädern geklappert.

In Swisttal wird sogar auf Fahrrädern geklappert.

Wenn in der Karwoche die Kirchenglocken verstummen, ersetzen Kinder mit Lärminstrumenten das Aufmerksammachen auf die Messe.

Nach dem Gloria am Gründonnerstag wird es still. Die Kirchenglocken schweigen. Statt der Glocken hört man in vielen Orten einen alten Brauch: das Klappern. „Das Klappern komm ganz klar aus dem Christentum“, erklärt Jana Brass vom LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Abteilung Alltagskultur und Sprache.

Es gehe dabei um den Karfreitag und den Karsamstag, also die beiden Tage, die vom Trauern um Leiden, Sterben und Grabesruhe Christi handeln. „Ab dem Gründonnerstag, genauer ab dem Gloria in der abendlichen Messe, verstummen die Glocken in den Kirchen. Da in diesen stillen Tagen die Glocken nicht mehr läuten, werden die Tageszeiten und Gottesdienste nicht mehr angekündigt“, berichtet Brass.

So entwickelte sich der Brauch: Man spreche vielerorts von sogenannten „Klapperkindern“, die sich in Gruppen zusammentun und klappernd durch ihre Orte laufen. „Die Kinder nutzen unterschiedliche Lärminstrumente, mit denen sie Geräusche machen. Dreimal am Tag, morgens, mittags und abends, laufen sie in Gruppen durch den Ort. Oft ist es begleitet von Klappersprüchen“, sagt Brass. Diese Sprüche seien oft in Mundart verfasst, inhaltlich würden die Anwohner darauf hingewiesen, dass sie aufstehen sollen oder der Gottesdienst bald beginnt.

Glocken erklingen in der Osternacht wieder

„In der Ostermesse erklingen die Glocken wieder. So wird die Freude über die Auferstehung Christi verkündet, damit endet das Karklappern.“ „Im Mittelalter finden sich erste Belege des hölzernen Lärmens als Ersatz für die Kirchenglocken“, so Brass. Im Laufe der Jahrhunderte habe sich der Brauch immer wieder verändert: „Erst in den letzten Jahrzehnten wurden Mädchen Teil dieser Klappergruppen.“ Es seien in vielen Orten die Messdiener gewesen, die diese Klappergruppen organisiert haben – und es immer noch tun.

Die Gründe dafür, dass sich Bräuche verändern, seien sehr unterschiedlich. „Bräuche finden nie im luftleeren Raum statt, sondern sind stets auch Folge dessen, was in der Gesellschaft passiert“, erklärt Brass. Ein Beispiel sei die Corona-Pandemie: „Alleine die Tatsache, dass Gruppen in einer bestimmten Größe nicht mehr zusammenkommen konnten, brachte die Notwendigkeit mit sich, kreativ zu sein und Formate zu entwickeln, die der Brauch vorher nicht kannte.“ Es habe zum Beispiel Videos auf der Plattform YouTube vom Klappern gegeben. Brass' These: „So etwas sind Dinge, die einen Brauch nachhaltig prägen können.“

Klapperlauf in Linz und Ratschen in Österreich

Der Brauch sei vor allem in katholisch geprägten, linksrheinischen Regionen zu finden, könne Brass sagen. Über das Gebiet des LVR, vom Rheinland bis in die Eifel, hinaus ist das Klappern aber auch etwa in Hessen lebendig. In der Gemeinde Swisttal, der Voreifel, sind auch heute noch Kinder klappernd an den Kartagen unterwegs – manchmal sogar auf ihren Fahrrädern.

Innerhalb des Rheinlands, in Linz am Rhein, gibt es den sogenannten Klapperlauf. „Seit den 1980er Jahren wird das Ganze gesponsert und findet in größerer Form statt“, erzählt Brass. Mit Klapperschlegeln, einem Holzinstrument, laufen Jung und Alt an den Kartagen durch die Linzer Altstadt. Das sei spannend und nicht untypisch, dass Bräuche irgendwann wiederbelebt werden.

Das Klappern ist auch über die Grenzen Deutschlands verbreitet – allerdings unter einem anderen Namen: So heißt es in Österreich „Ratschen“. Seit 2015 zählt das Ratschen in der Karwoche sogar zum Immateriellen Kulturerbe Österreichs.