Haus der GeschichteDer Großvater der Bundesrepublik
Leverkusen – Die neue Parteispitze der Sozialdemokratischen Partei steht seit dem Wochenende fest. Künftig soll ein Führungsduo den Weg vorgeben. „Da wird jetzt gerne behauptet, die SPD würde die Grünen nachahmen. Das stimmt aber nicht, vielmehr greift man damit auf Altbewährtes zurück“, erklärt Professor Bernd Braun, stellvertretender Geschäftsführer der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte. Bereits 1913 war Friedrich Ebert als einer von zwei Parteivorsitzenden von der SPD gewählt worden. An Ebert erinnern heute unterschiedliche Stätten in Leverkusen: eine Straße, ein Platz, aber auch Gebäude wie die Friedrich-Ebert-Grundschule. Wer er eigentlich genau war, soll bis zum 9. Februar die Wanderausstellung der Stiftung „Vom Arbeiterführer zum Reichspräsidenten – Friedrich Ebert (1871 - 1925)“ in der Opladener Villa Römer beantworten. Begleitet wurde die Ausstellungseröffnung der Stiftung und dem Opladener Geschichtsverein (OGV) vom Bläser-Quintett der Musikschule.
„Friedrich Ebert war das erste demokratisch gewählte Staatsoberhaupt in der deutschen Geschichte. Er stammte nicht wie seine Vorgänger vom Adel ab, sondern war ein Aufsteiger aus der Arbeiterklasse. Er gilt als Weichensteller für die Weimarer Republik, man kann ihn als Großvater der Bundesrepublik Deutschland sehen“, so Braun.
Geboren in Heidelberg, wuchs Ebert in sehr ärmlichen Verhältnissen auf. Mit seinen Eltern und fünf Geschwistern wohnte er in einer 46 Quadratmeter großen Wohnung. Ohne Strom, ohne fließendes Wasser. Mit 18 Jahren schloss Friedrich Ebert sich den Sozialdemokraten an, zog später nach Bremen und beruflich bedingt schließlich nach Berlin. Die Materialbeschaffung für die Ausstellung war die wohl schwierigste Aufgabe. „Aus der Zeit gibt es nur sehr wenige Fotos. Bis zu Friedrich Eberts 20. Lebensjahr existieren gerade einmal ein Klassenfoto und ein Foto mit 19 Jahren“, nennt Braun ein Beispiel für die spärliche Quellenlage. Das Gleiche gelte für Ton- und Filmaufnahmen. „Man muss sich mal vorstellen, es gibt von ihm gerade mal eine brauchbare Tonaufnahme und elf Filmstrecken von seiner ganzen Amtszeit. Sechs davon sind vom Tag seines Begräbnisses. Ich würde mal behaupten, da gibt es von Angela Merkel mehr verwertbares Material an einem einzigen Amtstag“, so Braun.
Auch die damaligen Entscheidungen und Handlungen seien nur bedingt mit den heutigen zu vergleichen und müssten aus dem Blickwinkel der damaligen Zeit betrachtet werden. Braun erläutert: „Die Diskussion um den Neubau des Stuttgarter Bahnhofs dauert heute länger, als die gesamte Weimarer Republik überlebt hat.“
Bernd Braun,
Friedrich-Ebert-Gedenkstätte