AboAbonnieren

RatsbeschlussEltern von Sternenkindern warten seit einem Jahr auf Grabfeld in Weilerswist

Lesezeit 5 Minuten
Auf dem Friedhof in Blankenheim steht eine Stele auf einer Rasenfläche. Darauf ist ein Abbild des kleinen Prinzen.

Nach der Gemeinde Blankenheim wird nun auch die Gemeinde Weilerswist ein Sternenfeld für früh verstorbene Kinder auf dem Friedhof anlegen.

Nach mehr als einem Jahr fasst der Rat den Beschluss, ein Grabfeld für Sternenkinder zu errichten. Eltern warteten nur auf das grüne Licht der Politiker.

„Entschuldigen Sie bitte, ich bin nervös“, sagt Tamara Schröer vor dem Rat der Gemeinde Weilerswist. Ihre Stimme bricht. Tamara Schröer vertritt die Friedhofsverwaltung vor den Politikern und sie hat ein dringendes Anliegen hinsichtlich der geplanten Grabfelder für Sternenkinder in der Gemeinde: „Ich bitte Sie, das heute zu beschließen“, sagt sie.

Das sei nicht nur ein großer Wunsch der Friedhofsverwaltung, sondern auch der Eltern früh verstorbener Kinder. Die Nachfrage nach diesen Ruheplätzen sei hoch, sagt Schröer. Gerade gebe es über ein Bestattungshaus mehrere Anfragen.

Eine Weilerswister Familie wartet seit mehr als einem Jahr auf den Beschluss

Aber das sei nicht erst seit gestern so. Eine Familie warte schon seit langem auf den politischen Beschluss. Eine Stele für das Grabfeld der Sternenkinder würde diese Familie sogar zur Verfügung stellen. Es müsse überhaupt kein Geld mehr in die Hand genommen werden, so Schröer. Das einzige, was diese Familie sich wünschte, sei grünes Licht aus der Politik.

Auf Antrag der SPD-Fraktion arbeitet die Friedhofsverwaltung nun schon etwas mehr als ein Jahr an den Grabfeldern für Sternenkinder. In der Vergangenheit, sagt Schröer, habe es viele angehörige Eltern gegeben, die darunter gelitten hätten, dass die kleineren Gräber ihrer Kinder zwischen den ganzen Erwachsenen-Gräbern untergegangen seien.

„Damals haben wir gedacht: ,Super, die SPD möchte das gleiche wie wir', dann kriegen wir das sicherlich schnell über die Bühne.'“, sagt Schröer. Doch da hatte sich die Sachbearbeiterin getäuscht. Denn in der konkreten Umsetzung gab es viele Detailfragen zu beachten – und ausgiebig zu diskutieren.

Detailfragen zu den Grabstätten trieben die Politiker um

Zum Beispiel: Sollten die Felder mit den Grabmal-Stelen für Sternenkinder nur auf dem Hauptfriedhof in Weilerswist, oder auch etwa in Lommersum, Müggenhausen oder Vernich stehen? Wird es pflegefreie Rasengräber geben, oder sollen die Eltern die Ruhestätten ihrer Kinder nach eigenem Gusto selbst gestalten können?

Auf diese Fragen hatte Schröer in der Ratssitzung konkrete und praxisnahe Antworten: Bei einer Friedhofsbegehung mit den jeweiligen Ortsbürgermeistern habe sie festgestellt, dass das Errichten von Grabfeldern und das Aufstellen von Stelen auf nahezu allen kleineren Friedhöfen möglich sei – ausgenommen dem in Lommersum.

Aber nur weil es theoretisch machbar wäre, heiße das nicht, dass sie das für gut befinde. Bei einem betriebswirtschaftlichen Blick auf die Kosten für Bepflanzung und Pflege fiel auf: „Es müssten jedes Jahr 30 Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren versterben, damit wir das Geld wieder reinholen können.“ Schröer meint: „Und ich bin absolut dagegen, darauf zu spekulieren.“

Soziale Schichten sollen nicht auf dem Grabfeld sichtbar werden

Auch gegen die Selbstgestaltung auf dem Grabfeld spricht sich die Vertreterin der Friedhofsverwaltung entschieden aus. Der Grund: „Wir wollen dort nicht die sozialen Schichten aufleben lassen.“ Schließlich könnten sich einige Eltern einen schicken Marmorgrabstein leisten, die anderen eben nur ein Holzkreuz.

So eine freie individuelle Gestaltung könne an dieser Stelle leicht nach hinten losgehen und die Eltern zusätzlich mit einem schlechten Gewissen und Schuldgefühlen belasten. Weil sie ihrem verstorbenen Kind nicht dasselbe bieten können, wie die Eltern nebenan.

Darauf bezugnehmend sagt Dennis Knoblauch (SPD), dass er sich solche Grabfelder bereits auf anderen Friedhöfen angesehen habe: „Ja, da gibt es Gräber, die haben einen Stein aus Marmor. Ja, da gibt es Gräber, die sind vielleicht etwas verwahrloster als andere.“ Aber das alles, so sagt er, spiele doch eigentlich gar keine Rolle.

Selbstgestaltung ist keine Frage des Geldes, sondern des Umgangs mit Trauer

„Der Punkt bei der Selbstgestaltung ist, dass diese den Eltern emotional etwas zurückgeben soll.“ Gestaltung sei nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch eine des persönlichen Umgangs mit der Trauer. Und das sei eben individuell. Und bei einer gesetzten, einheitlichen Steinplatte einfach nicht möglich. Zudem sei die Variante mit einem Stein auf dem Grab nicht gerade günstig: 1500 Euro würde das etwa kosten.

Diese 1500 Euro würde im Falle einer Beisetzung auf einer pflegefreien Rasenfläche (ohne Selbstgestaltung) das Sozialamt zahlen, sagt Tamara Schröer. „Wenn man das Geld für die Bestattung nicht hat, dann ist genau das eine der Varianten, die finanziell übernommen wird.“

Zudem sei es nicht gänzlich ausgeschlossen, dass in Weilerswist ein Feld angelegt werden könne, auf dem Selbstgestaltung möglich wäre. „Wir haben uns schon Gedanken gemacht. Aber im Moment gibt es diese Fläche noch nicht.“

Kindergrabstätten in Weilerswist sollen das Sternenkinderfeld ergänzen

Deswegen macht Schröer einen Vorschlag: „Lasst uns die anderen Plätze, die wir jetzt nicht zu Sternenkinderfeldern ernennen, zu Kindergrabstätten machen.“ Dort könnten alle Kinder beigesetzt werden. Sternenkinder im Alter von null bis drei Jahren, aber auch ältere. Das hätte laut Schröer außerdem den Vorteil, dass Eltern, die dringend eine Selbstgestaltung ihres Grabes wünschten, nicht auf das pflegefreie Rasengrab in Weilerswist angewiesen wären, sondern auch auf andere Friedhöfe ausweichen könnten.

„Nachdem, was wir jetzt gehört haben, bitte ich, die Beschlussvorlage wie folgt abzuändern“, sagt Daniel Rudan (SPD) nach Schröers Ausführungen: „Der Rat beschließt die Einrichtung eines Grabfeldes für Sternenkinder auf dem Friedhof Weilerswist sowie die Einrichtung von Grabfeldern für Kinder auf den Friedhöfen in Metternich, Müggenhausen, Vernich und Lommersum.“

Diesem Vorschlag konnten sich alle Ratsmitglieder – ganz ohne weitere Diskussion – anschließen. „Ich würde mir wünschen, dass bei zukünftigen Sitzungen der Fachausschüsse tatsächlich die Mitarbeiter hier bei uns vortragen, die den Sachverhalt kennen und erklären können. So kommen wir schneller zu Entschlüssen“, sagt Dino Steuer (CDU). „Ein kleines Weihnachtsgeschenk für Frau Schröer“, sagt Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst. Und ein noch größeres für die wartenden Eltern.