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Trotz Nähe zu KölnFirma in Weilerswist kämpft mit lahmem Internet

Lesezeit 4 Minuten

Wenn Michael Jost eine E-Mail mit Bild im Anhang verschickt, hake die Übertragung bereits, so der Unternehmer. Er beschäftigt in seinem Autologistik-Unternehmen 40 Mitarbeiter.

Weilerswist – Seit vier Jahren kämpft Autologistik-Unternehmer Michael Jost nach eigenem Bekunden um schnelleres Internet für seine Weilerswister Firma. Sogar an Kanzlerin Angela Merkel hat sich der 43-Jährige schon gewandt. Doch wie bei der Gemeindeverwaltung Weilerswist und dem Kreis war seine Beschwerde auch beim Kanzleramt nicht von Erfolg gekrönt.

2015 kaufte der Geschäftsführer an der Felix-Wankel-Straße in Weilerswist ein 16 000 Quadratmeter großes Grundstück für sein Unternehmen JVG Autologistik, das Autotransporte anbietet. „Über das Internet habe ich mir anfangs keine Gedanken gemacht“, sagt Jost: „Als wir 2016 das Telefon angeschlossen haben, haben wir gemerkt, dass wir hier nur mit einem DSL-Anschluss mit einer Datenübertragungsgeschwindigkeit von 3 Megabit pro Sekunde versorgt sind.“

Seit 2016 ist der Hauptsitz der JVG-Autologistik in einem Weilerswister Gewerbegebiet beheimatet.

Das ist ziemlich wenig. Laut Speedtest, einer Online-Plattform, auf der Haushalte ihre Internet-Geschwindigkeit messen können, lag die durchschnittliche Übertragungsrate in Deutschland im Juni bei etwa 95 Mbit/s. Die Telekom, bei der Jost Kunde ist, sagte dieser Zeitung, eine aktuelle Messung im Autologistik-Unternehmen habe eine Internet-Geschwindigkeit von 2,3 Mbit/s ergeben.

Das Unternehmen hat laut Jost mittlerweile 40 Angestellte, von denen mindestens zehn täglich das Internet nutzen. Die Probleme, die sich durch das lahme Internet im Alltag der Mitarbeiter ergeben, seien schwerwiegend: „In Zeiten der Digitalisierung sind wir von einem papierlosen Arbeiten weit entfernt“, so der Brühler.

Weilerswist sei in der Pflicht

Sobald er eine E-Mail mit einem Bild im Anhang verschicke, hake die Übertragung schon. „Für mich gehört eine zeitgemäße Internet-Anbindung wie Wasser, Strom und Gas zur Grundversorgung“, sagte Jost und sieht die Gemeinde Weilerswist in der Pflicht: „Die Gemeinde profitiert von unserem Wachstum. Eine gute Internet-Anbindung ist das Mindeste, was sie für uns tun kann.“

Dabei spreche er nicht von einer 1000 Mbit/s-Leitung, sondern von einem Standard von 100 Mbit/s. Eine LTE-Versorgung komme aus technischen Gründen für das Unternehmen nicht infrage, so der Unternehmer weiter.

Gemeindeverwaltung fühlt sich nicht zuständig

Die Gemeindeverwaltung sagte auf Anfrage, sie sei nicht für die Internet-Versorgung in Weilerswist zuständig. Der Ausbau der Infrastruktur ist laut Pressesprecherin Claudia Roberz seit den 1990er-Jahren Aufgabe der Telekommunikationsanbieter, um den Wettbewerb zu intensivieren. Diese hätten sich jedoch vor allem auf die Ballungsräume konzentriert, da dort mehr Anschlüsse und Einnahmen zu erwarten seien als in ländlichen Regionen wie dem Kreis Euskirchen und Weilerswist.

Zudem verweist die Gemeinde auf ein Förderprogramm des Kreises, das seit 2018 private Haushalte und Unternehmen im Kreis, deren Internet-Geschwindigkeit unter 30 Mbit/s liegt, mit schnellerem Internet ausstattet.

Zehn Angestellte nutzen in den Büroräumen der Firma täglich das Internet.

Der Standort des Logistikunternehmens wurde laut Kreis Euskirchen sowohl bei diesem als auch bei einem zweiten Förderprogramm des Kreises nicht berücksichtigt. „Im Markterkundungs-Verfahren haben uns die Telekommunikationsanbieter die Bereiche genannt, die unterversorgt sind. Und diese sind in Weilerswist bereits ausgebaut worden“, so Kreissprecher Wolfgang Andres.

Um beim zweiten Förderprojekt berücksichtigt zu werden, hätte die Gemeinde dem Kreis den Bedarf des Unternehmens anmelden müssen. Dies hat die Gemeindeverwaltung laut Roberz nach Absprache mit dem Kreis allerdings nicht getan, da die Realisierung des zweiten Förderprojekts zu lange dauere. Laut Andres dürfte das bis etwa 2023 dauern. „Der Standort, an dem der Kunde wohnt, zählt nicht zum Ausbaugebiet der Deutschen Telekom. Der Netzausbau dort erfolgt durch einen anderen Anbieter“, heißt es in einer Stellungnahme der Telekom.

Netcologne ebenfalls involviert

Gleichwohl arbeite man mit dem anderen Anbieter zusammen, um Kunden mit einer schnelleren Internet-Anbindung zu versorgen. Laut Nico Göricke von der Telekom handelt es sich bei dem zweiten Anbieter, der für das Internet am Firmenstandort zuständig ist, um Netcologne.

Doch auch Netcologne sagte auf Anfrage, dass ein weiterer Netzausbau an der Felix-Wankel-Straße nicht geplant sei. „Der Anschluss dieser Adresse war für uns beim vergangenen Ausbau in Weilerswist wirtschaftlich leider nicht möglich“, so Sprecherin Jennifer Becker. Grundsätzlich sei die Adresse aber förderfähig.

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Die Gemeindeverwaltung ging davon aus, dass der Anbieter Deutsche Glasfaser am Standort des betroffenen Unternehmens einen Ausbau plant. Das Unternehmen sagte dieser Zeitung allerdings, aktuell gebe es keine derartigen Pläne, da diese für sie nicht „von Erfolg“ gekrönt wären. Nähere Angaben zu den Gründen wollte Dennis Slobodian, Sprecher von Deutsche Glasfaser, nicht machen.

Von der Telekom habe Jost erfahren, dass der Ausbau der nötigen Infrastruktur etwa 25 000 Euro kostet. Bestätigen wollte das die Telekom indes nicht. Jost ist jedoch nicht bereit, das Geld aus eigener Tasche zu bezahlen, sagte er. Der finanzielle Aufwand entspreche nicht einmal einem Zehntel der bereits gezahlten Gewerbesteuer an die Gemeinde. Sollte er weiter vergeblich um schnelleres Internet kämpfen, überlegt er, den Hauptsitz außerhalb von Weilerswist zu verlegen. Dann gehe die Gemeinde bei der Gewerbesteuer in Zukunft leer aus, so Jost.

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