Im Urlaub während der FlutWeilerswister Ehepaar erlebt Odyssee bei Rückflug
Weilerswist-Vernich – Ob in einer Notsituation oder nicht, knapp zwei Stunden in der Warteschleife hängt niemand gerne. Egal, ob beim Telefonanbieter, der Bank oder, wie im Fall der Vernicher Familie Gerdes, bei der Lufthansa. Schon gar nicht, wenn zu Hause der Keller unter Wasser steht.
Sorge um Sohn und Haus
Wie in jedem Jahr hatten sich Swen und Marika Gerdes mit ihrer Tochter Ronja im Juli für ein paar Wochen aufgemacht in ihr Ferienhaus in Griechenland, ihr zweites Zuhause. Am Morgen des 15. Juli war die Urlaubsstimmung dann durch die Hochwasserkatastrophe und das Überlaufen des Horchheimer Dammes abrupt vorbei. „Mein Sohn schickte mir eine Voicemail und sagte, dass unser Keller unter Wasser steht“, erzählt Marika Gerdes. „Freunde haben uns daraufhin empfohlen, in Griechenland zu bleiben, da man erstmal sowieso nirgends unterkommen könne. Aber wir waren besorgt, um unseren Sohn und das Haus, und wollten zurück nach Hause“, berichtet sie weiter.
Auf den Schock folgte die Odyssee mit der Lufthansa, wie es die Familie, die sich an diese Zeitung gewandt hat, weiter schildert. „Ich kenne diese Fluglinie seit meiner Kindheit. Normalerweise ist sie bekannt für Qualität, Pünktlichkeit und Sicherheit. Aber dieses Gefühl hatte ich bei den Gesprächen gleich null“, so Gerdes. Laut einem eigens erstellen Telefonprotokoll rief die Familie am Donnerstag, 15. Juli, sechsmal bei der Lufthansa an, um ihren Rückflug umzubuchen und früher nach Hause zurückzukehren. Beim fünften Versuch landete sie immerhin in der Warteschleife. Nach knapp eineinhalb Stunden meldete sich eine Frau am Telefon, die zwei alternative Rückflüge für insgesamt 600 bis 700 Euro für die drei Erwachsenen anbot. Damit sollte die Familie nach eigenen Angaben für den einzelnen Rückflug beinahe so viel zahlen wie für den ursprünglich geplanten Hin- und Rückflug zusammen. Auf die Frage, ob man ihnen denn bei den erneuten Kosten für den Rückflug nicht finanziell entgegenkommen könne, soll es keine Auskunft gegeben haben. Ein günstigerer Flugtarif sei nicht mehr frei gewesen.
Kein Entgegenkommen für Hochwasserbetroffene
„Wir haben nicht verlangt, dass wir kostenfrei zurückfliegen, aber irgendein Entgegenkommen für Hochwasserbetroffene wäre schön gewesen“, so Marika Gerdes weiter. Sie habe sich alleingelassen gefühlt. Noch heute versetzt sie die Erinnerung an die Hilflosigkeit in dieser Situation im griechischen Ferienhaus in Tränen.
Nach kurzer Überlegung entschied die Familie sich dann doch für den deutlich teureren Rückflug und rief die Fluggesellschaft noch einmal an. Diesmal dauerte es knapp zwei Stunden, bis sie eine Mitarbeiterin an den Hörer bekam. „Ob man uns entgegenkommen könnte mit dem Preis, stand dann immer noch nicht fest. Die Dame war sehr nett und wollte sich melden. Als nichts kam, habe ich am Freitag noch sechs Mal versucht anzurufen. Gebucht haben wir dann schlussendlich samstags bei Eurowings und waren damit günstiger und schneller zu Hause“, erklärt Gerdes.
Für ihren Ehemann besonders ärgerlich: „Lufthansa erhält neun Milliarden Euro an staatlichen Hilfen, damit eine Fluggesellschaft gerettet wird, die im Service auf ganzer Linie versagt. Bei dem Kunden kommt von dem Geld nichts an.“ Er sei bereit, für einen Flug etwas mehr als bei klassischen Billig-Airlines zu zahlen, erwarte dann aber auch den entsprechenden Service.
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Am Montag nach der Flut, als die Familie bereits zu Hause war, hinterließ die zweite Mitarbeiterin am Telefon eine Mailbox-Nachricht bei Marika Gerdes, dass sie nun kostenfrei umbuchen könne. Für die Familie, die ihren ursprünglichen Rückflug inzwischen storniert hatte, zu spät. Sie bekam nun anteilig den Flugpreis erstattet. Für sie unverständlicherweise aber zweimal einen Betrag von 78 Euro, einmal 53 Euro. „Ich habe jetzt auch keinen Nerv mehr, mich damit zu beschäftigen. Aber im Nachhinein frage ich mich, was mit einer Familie gewesen wäre, die durch das Hochwasser alles verloren hat und sich einen zweiten Rückflug nicht hätte leisten können“, sagt Gerdes.
Eins steht für die Familie fest. Mit der Lufthansa will sie in nächster Zeit erstmal nicht mehr fliegen. „Bei mir haben sie ganz verloren“, so Swen Gerdes.