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UnterschlagungAngeklagte muss nicht ins Gefängnis

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Das Interesse am Prozess gegen Marion K. war groß. Die Familie stärkte ihr demonstrativ den Rücken.

Euskirchen – Ein Aufschrei der Erleichterung ging durch den Sitzungssaal des Euskirchener Amtsgerichts, als der Vorsitzende Richter Dr. Wolfgang Schmitz-Jansen das Urteil verkündete. Marion K., die frühere Betriebsleiterin der „Eifeltherme“ im Zikkurat, muss nicht wegen Veruntreuung ins Gefängnis. Sie kam mit einer Strafe von zwei Jahren auf Bewährung glimpflich davon. Ihre beiden Töchter fielen ihr gleich nach der Urteilsverkündung tränenreich in die Arme.

Die Sache hätte auch anders ausgehen können angesichts der enormen Schadenssumme von 533.000 Euro, die die Angeklagte zwischen 2007 und 2011 aus der Kasse der Freizeiteinrichtung abgezweigt hatte. Das Gericht hatte aus Gründen der Prozessökonomie die beiden letzten Jahren mit einer Schadenssumme von 264.000 Euro juristisch aufgearbeitet. In der ersten Verhandlung hatte der Richter erklärt, dass es ganz entscheidend davon abhänge, ob die Angeklagte nachweisen könne, dass das gesamte Geld tatsächlich ausgegeben worden war, wie sie vor Gericht erklärt hatte.

Der Richter argwöhnte nicht ganz zu Unrecht, dass Marion K. noch Geld „gebunkert“ haben könnte. Dem trat Verteidiger Thomas Klein mit einer langen Liste entgegen. Darin war aufgeführt, wer von dem über Jahre hinweg unterschlagenen Geld profitiert hatte. Allein an die beiden Töchter waren demnach 56.000 und 60.000 Euro geflossen, 37.000 Euro an die Schwester, 20.000 Euro an den früheren Ehemann, damit er unter anderem allein Urlaub in Österreich machen konnte. Auch der Bruder und die Nichte profitierten vom nicht versiegenden Geldsegen. Sich selbst gönnte die 48-Jährige sündhaft teure Urlaube. Obwohl sie vor Gericht versicherte, 365 Tage im Jahr in der Eifeltherme „zehn bis zwölf Stunden“ gearbeitet zu haben, schlugen etliche Kurztrips mit ihrem damaligen Liebhaber mit etlichen tausend Euro zu Buche. Der Saunameister war auch mit hohen Summen von ihr unterstützt worden.

Bausparverträge und Steuerrückzahlungen

„Und da hat keiner mal nachgefragt, wo das Geld herkam?“, wollte Richter Schmitz-Jansen von der Angeklagten wissen. Nein, keiner habe sich was dabei gedacht, weil niemand gewusst habe, „an wen ich alles Geld verschenkt hatte“, ließ sich die ehemalige Betriebsleiterin ein. Sie habe stets erklärt, dass sie gerade einen Bausparvertrag aufgelöst oder eine Steuerrückzahlung erhalten habe. „Da müssen Sie aber viele Bausparverträge aufgelöst haben“, bemerkte der Richter trocken. In einem Monat hatte die Angeklagte sogar einmal 42.000 Euro aus der Kasse genommen.

Seltsamerweise hakte der Richter nicht nach, als er die Angeklagte nach ihrem derzeitigen Wohnort befragte. Sie wohne jetzt im Haus ihrer ältesten Tochter. „In einer Mietwohnung?“, fragte der Vorsitzende. „Nein, in einem Haus“, so die Antwort. „In einem gemieteten?“, wollte der Richter wissen. „Nein, Eigentum“, lautete die Antwort. Wie eine junge Frau in den Zwanzigern zu einem eigenen Haus kommt, wäre in dem Zusammenhang schon interessant gewesen.

„Das hätte ich auch gern gewusst“, erklärte Mechernichs Beigeordneter Thomas Hambach in einer Sitzungspause. Er musste sich als einer der beiden verantwortlichen Geschäftsführer vom Gericht vorhalten lassen, dass die Betriebsleiterin offenbar schalten und walten konnte, wie sie wollte. „Es gab selbstverständlich jedes Jahr eine Prüfung durch ein Fachunternehmen. Aber dabei werden üblicherweise nur die Belege gecheckt“, so Hambach. Und diese hatte Marion K. manipuliert. Allerdings hätte ein Vergleich mit den nicht veränderbaren Daten des Kassencomputers den Betrug schnell ans Licht gebracht.

25 Jahre treuer Dienst

Aber im Rathaus wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, dass die Angeklagte Summen in solcher Höhe veruntreuen könnte. Sie war nur einen Monat vor Bekanntwerden der Unterschlagung noch vom Bürgermeister für 25 Jahre Treue im Dienste der Stadt geehrt worden. Sowohl zu den Kollegen im Rathaus als auch zu ihren Angestellten in der Therme hatte die 48-Jährige ein enges Vertrauensverhältnis.

Dass sie dieses schamlos ausgenutzt hatte, machte ihr der Staatsanwalt zum Vorwurf. Er bescheinigte ihr außerdem ein planvolles Vorgehen in der Tatausführung, was auf ein gewisses Maß an krimineller Energie schließen lasse. Marion K. kam zugute, dass sie ihre Taten eingeräumt und ein freiwilliges Schuldeingeständnis abgegeben hatte. Ansonsten wäre sie wohl, wie die Staatsanwaltschaft gefordert hatte, für zwei Jahre und acht Monate hinter Gittern gewandert.

Seit sie einen neuen Job gefunden hat, zahlt sie monatlich 300 Euro an die Stadt zurück. Die Kommune hat von der Eigenschadensversicherung immerhin 125.000 Euro ersetzt bekommen. Aber womöglich strengt die Stadt noch einen Zivilprozess an, um sich das großzügig verteilte Geld bei der Verwandtschaft der Angeklagten zurückzuholen.