Tierische Gäste, „Schwarzer Tod“Der Klimawandel birgt Gefahr für den Kreis Euskirchen
Lesezeit 4 Minuten
Extreme Hitze und Dürre, ein Hitzerekord nach dem anderen.
Es wird immer deutlicher: Der Klimawandel ist auch im Kreis Euskirchen angekommen.
Doch wie wirkt sich das nahezu mediterrane Klima auf die hiesige Flora und Fauna aus?
Kreis Euskirchen – Es war ein Sommer der Superlative. Extreme Hitze und Dürre waren 2018 nahezu an der Tagesordnung. Selbst die Christbäume ließen in den Kulturen kurz vor Weihnachten die Nadeln hängen. Auch in diesem Jahr ist kaum Entspannung in Sicht. Im Gegenteil: Es geht munter weiter.
Wetterbeobachter Karl-Josef Linden vermeldete kürzlich einen Hitzerekord nach dem anderen. Am 24. Juli stieg das Quecksilber in Lommersum auf 40,6 Grad. Selbst in den Höhenlagen der Eifel, in Sistig, war es noch 36,4 Grad heiß.
Inzwischen setzt sich auch bei Skeptikern die Erkenntnis durch, dass der Klimawandel im Kreis Euskirchen angekommen ist. Doch wie wirkt sich das nahezu mediterrane Klima auf die hiesige Flora und Fauna aus?
Fangen wir mit den kleinen Besuchern an, die kein Mensch braucht. So etwa den Eichen-Prozessionsspinner. Nach Angaben der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald bevorzugt der Nachtfalter Wärme und Trockenheit und breitet sich wegen der Klimaveränderung immer stärker aus. Für 2019 ist laut Schutzgemeinschaft daher mit einer stärkeren Population als im Vorjahr zu rechnen.
Das ist keine gute Nachricht, denn die Brennhaare der Raupen sind für Mensch und Tier gefährlich. Sie lösen allergische Reaktionen aus. Inzwischen ist der Prozessionsspinner erstmals in Euskirchen aufgetaucht: Ende Juni kam es zum Raupen-Alarm auf einem Kinderspielplatz. Die Stadt musste das Areal an der Franziskusschule sogar kurzzeitig sperren. Für Kreissprecher Wolfgang Andres war das Neuland: „Uns ist bislang noch kein derartiger Fall gemeldet worden.“
Illegale Insektenfallen auf der Koppel
Bremsen sind echte Plagegeister. Doch auch sie haben Rechte, zumal die Zahl der Insekten rückläufig ist. Auch für Bremsen gilt der im Bundesnaturschutzgesetz verankerte Schutz wildlebender Tiere. Sie dürfen nicht ohne vernünftigen Grund gefangen, verletzt oder getötet werden. Wer sich an streng geschützten Arten vergreift, begeht sogar eine Straftat.
Im Raum Leverkusen haben Naturschützer Fallen entdeckt, in denen sich neben Pferdebremsen auch andere Insekten-Arten befanden. Diese illegalen Fallen standen in der Nähe von Pferdekoppeln.Sven Gnädig, Sprecher des Kreises Euskirchen, erklärte zwar auf Anfrage, dass der Unteren Naturschutzbehörde bislang noch keine Fälle im Zusammenhang mit Insektenfallen gemeldet worden seien. Doch wie in anderen Fällen auch, dürfte es auch in diesem Bereich eine Dunkelziffer geben. Denn Pferde und Rinder leiden erheblich unter den blutsaugenden Insekten. Die Behörden raten in diesen Fällen, Pferde mit Fliegenmasken oder -decken auszustatten. Das biete ausreichenden Schutz vor den Quälgeistern. (pws/rar)
Eichen-Prozessionsspinner gibt es nach Angaben des Biologen Dr. Andreas Pardey inzwischen auch im Nationalpark Eifel. Es handele sich zwar nicht um eine Epidemie, doch nach einem Fund warne man die Besucher grundsätzlich vor der Gefahr: „In diesem Fall ist es schon besser, einen Sicherheitsabstand zu halten.“
„Schwarzer Tod“
Ein weiteres wetterbedingtes Phänomen ist die Rußrinden-Krankheit. Der „Schwarze Tod“ hat in Schwarzmaar/Müggenhausen Mitte Juli Ahorn-Bäume dahingerafft. Die von dem Schlauchpilz Cryptostroma corticale befallenen Gewächse standen an der Kreisstraße 2. Der Kreis Euskirchen ließ sie in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde fällen, um die Ausdehnung der Sporen zu verhindern.
Laut Kreissprecher Andres sterben die von einem rußartigen Belag befallenen Ahorn-Bäume innerhalb eines oder mehrerer Jahre: „Die Sporen können bei intensivem Kontakt eine allergische Reaktion bei Menschen hervorrufen.“ Wissenschaftler haben festgestellt, dass trockene Sommer den Rußrindenbefall fördern. Der Pilz könne Jahre im Baum schlummern und schlage erst zu, wenn das Gewächs, etwa durch trockene Sommer, geschwächt sei.
Wespenspinne
Inzwischen haben auch Spinnen, Falter und Insekten ihr Quartier aus dem Süden in die ehemals raue Eifel verlegt. „Die Artenzusammensetzung ändert sich mit dem Klima“, weiß Pardey, Fachbereichsleiter Forschung der Nationalpark-Verwaltung.So gebe es einige Arten, die bislang so weit nördlich nicht anzutreffen gewesen seien.
So etwa die wärmeliebende Wespen- oder Zebraspinne, die Feldgrille, den Brombeer-Perlmutt- sowie Malvendickkopffalter und den Kurzschwänzigen Bläuling. Julia Zehlius von der Biologischen Station aus Nettersheim fügt dieser Liste noch die Sichelschrecke hinzu, die so weit im Norden bislang nicht vorgekommen sei.
Bissige Holzböcke
Die Zeiten, in denen man mit dem Holzbock in Kontakt kommen könne, dehnten sich aus, berichtet Pardey. So gebe es die ersten Zecken bereits im März. Das habe er leidvoll erfahren. Dies könne dem Klimawandel geschuldet sein. Von einer Zecken-Plage, die Wissenschaftler wegen des Supersommers 2018 für 2019 prognostiziert hatten, wollte der 60-Jährige für das Areal des Nationalparks nicht sprechen.
Michael Schulze von der Biologischen Station betont, dass das „Risiko der durch Zeckenbisse verursachten Krankheiten nach Norden gewandert ist“. Florian Krumpen vom Nationalpark Eifel berichtet, dass jetzt viele Ranger von Zecken gebissen worden seien. Von einer Zunahme in den Höhengebieten der Eifel wollte er allerdings dennoch nicht sprechen: „Das ist wohl eher ein Problem im Flachland des Kreises.“