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Testsituation ändert sichInfizierte Kinder in Euskirchen gehen zunächst zur Schule

Lesezeit 5 Minuten

Ist ein Pooltest in der Grundschule positiv, werden Schüler nun am nächsten Tag in der Schule per Schnelltest getestet.

Kreis Euskirchen – Rolle rückwärts bei den PCR-Testungen in Grundschulen. Ab sofort entfallen die Einzeltests, die Pooltests sollen hingegen zwei Mal pro Woche bestehen bleiben. Der Grund für die Entscheidung des NRW-Schulministeriums: die Labore sind überlastet.

Wie wurde bisher in Grundschulen getestet?

Bisher war es so, dass PCR-Tests an Grund- und Förderschulen im Kreis Euskirchen flächendeckend durchgeführt wurden. Dabei machte jedes Kind in der Klasse zwei Tests: einen für den Pool, einen für die eventuell nötige Einzeltestung – der sogenannte Rückhaltetest. Zunächst wurde der Pooltest ausgewertet.

War dieser positiv, mussten die Einzelproben separat untersucht werden. Nur so lässt sich feststellen, wer aus dem Pool tatsächlich infiziert ist. Diese Einzelauswertung schaffen aber offenbar einige Labore nicht mehr – und stellten die PCR-Einzeltests in Eigenregie ein. Das Kölner Labor Wisplinghoff, das für diese Tests im Kreis zuständig ist, teilte am Dienstag mit: „Die anhaltend steigende Inzidenz zeigt sich leider auch weiterhin im Rahmen der Pooltestung der Schülerinnen und Schüler, sodass wir eine Positivrate von nunmehr über 25 Prozent der Pools zu verzeichnen haben. In Abstimmung mit der Projektsteuerung wurde daher die Analyse der Einzelteste (Poolauflösungen) für die positiven Pools von Montag ausgesetzt.“

Was passierte nach der Mail des Labors?

Mit Verunsicherung lässt sich die Situation wohl ganz gut beschreiben. Bereits am Dienstagnachmittag erreichte die Redaktion eine Mail aus einer Euskirchener Grundschule. „Da das Labor die Analyse der Einzeltests aussetzt, müssen sich Eltern selbst um einen PCR-Test kümmern“, heißt es darin. Das Wort „PCR-Test“ stellte Eltern in dem Moment vor eine Herausforderung. „Wieso sollen Eltern einen PCR in einem Labor machen, wenn Labore überlastet sind?“, fagte eine Mutter.

Was ist neu, wie wird nun getestet?

In den weiterführenden Schulen ändert sich nichts. Dort testen sich Schüler und Lehrer weiterhin zweimal pro Woche selbst.

In Grundschulen wird auf die Einzel-PCR-Tests in den Laboren verzichtet. Auch Eltern müssen sich nicht um einen PCR-Test bemühen. Wenn ein Pooltest positiv ist, werden die Schüler am nächsten Tag in der Schule mit einem Schnelltest getestet – mindestens ein Schüler geht also mit Coronavirus in die Schule. Nach Angaben von Schulleiterin Monika Tilk (GGS Nordstadt in Euskirchen) können die Schnelltests auch morgens vor dem Unterricht in zertifizierten Testeinrichtungen im Rahmen eines Bürgertests durchgeführt werden und das schriftliche Ergebnis der Schule vorgelegt werden.

Bei einem positiven Schnelltest muss das betroffene Kind in häusliche Isolation. Erziehungsberechtigte seien verpflichtet, ihr Kind umgehend abzuholen, das Gesundheitsamt werde über das Ergebnis informiert. Nach Angaben des Schulministeriums werden die Grundschulen nun vollumfänglich in das Bestellmanagement von Antigen-Schnelltests eingebunden.

Was sagen Lehrer und Schulleiter?

„Ich habe als Lehrerin mehr als 100 Kontakte pro Tag, in schlecht belüfteten Innenräumen“, ärgert sich eine Lehrerin aus Bad Münstereifel: „Schulen sind angeblich systemrelevant, aber so relevant, dass man uns auch nur den grundlegendsten Schutz bietet, sind wir dann doch nicht.“ Eine Schulleiterin aus dem Stadtgebiet Mechernich ist ebenfalls verärgert: „Wir erledigen seit zwei Jahren viele Aufgaben, die eigentlich nicht Aufgaben eines Lehrers sind. Nun haben wir im Vorfeld viele Röhrchen beklebt, um auf die Tests vorbereitet zu sein, die nun nicht mehr benötigt werden. Das ist einfach nur frustrierend.“

Ein Schulleiter aus Euskirchen kritisiert im Gespräch mit dieser Zeitung die „wiederholt schlechte Kommunikation seitens des Ministeriums“. Änderungen kämen häufig freitagnachmittags oder in den Abendstunden. Dass infizierte Schüler im Unterricht säßen, sei bei den weiterführenden Schulen nicht ungewöhnlich. „Wir haben pro Woche drei bis fünf positive Schnelltests. Die Schüler sind also auch erstmal mit Covid-19 in der Klasse“, so der Schulleiter.

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Eine Weilerswister Lehrerin findet die jetzige Form der Tests in Grundschulen besser. „Beim PCR-Test ist das Kind noch den ganzen Tag in der Schule. Bei einem Schnelltest ist das Ergebnis sofort da und es wird nach Hause geschickt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es Mitschüler ansteckt, ist beim Schnelltest etwas geringer“, sagt sie.

Was sagt Schulministerin Gebauer?

„Das bisherige Lolli-PCR-Verfahren an den NRW-Grund- und Förderschulen ist nahezu einzigartig in der Bundesrepublik, kein anderes Land hat es geschafft, ein solch komplexes und hochsensitives System in seinen Schulen zu etablieren. Es hat uns in den ersten Wellen der Pandemie sehr gute Dienste erwiesen, ist anerkannt und hat den für die Schülerinnen und Schüler so wichtigen Präsenzunterricht flächendeckend gesichert“, so Gebauer: „Es bleibt weiterhin das oberste Ziel, auch unter schwierigen Bedingungen gerade unsere jüngsten Schülerinnen und Schüler im Präsenzunterricht zu halten.“

Was sagt Landrat Markus Ramers?

Mich haben gestern viele Nachrichten von verunsicherten Eltern von Grundschulkindern erreicht. Eine offizielle Mitteilung zum weiteren Vorgehen haben auch wir erst heute morgen durch die Schulmail des Landes erhalten und die Verunsicherung und den Frust der Eltern kann ich gut nachvollziehen. Eine verlässliche und ehrliche Kommunikation, gerade gegenüber Familien, denen in zwei Jahren Pandemie eine Menge abverlangt wurde, ist wichtiger denn je", so Ramers.

Was ändert sich in den Förderschulen?

Nichts. Für alle Förderschulen, unabhängig von ihrem Schwerpunkt, bleibt das Lolli-Testsystem inklusive Einzeltests in seiner jetzigen Form erhalten. Grund dafür ist laut Ministerium die strukturell höhere Vulnerabilität dieser Schülergruppe. Darüber hinaus sei „die Testmethode für die Schüler hinsichtlich der Anwendbarkeit besonders geeignet.“

Wie sieht es mit den Kindergärten aus?

Der Kreis hält bei Kitas am bisherigen Verfahren fest. Zweimal pro Woche gibt es Pooltests – ein Rückhaltetest wird nicht geben. Noch. „Sobald die Laborkapazität vorhanden sind, würden wir gerne mit Rückstellproben arbeiten. Angesichts der Auslastung der Labore ist das aber zurzeit nicht realistisch und die Fehleranfälligkeit zu hoch“, so Ramers.