„Das tut weh“Steigende Energiepreise treffen Verbraucher im Kreis Euskirchen hart
Kreis Euskirchen – Wer beruflich aufs Auto angewiesen ist, der muss in diesen Tagen bei jedem Tankstopp tiefer in die Tasche greifen: Täglich werden an den Zapfsäulen neue Rekordpreise für Benzin, Diesel oder Autogas aufgerufen. „Ich fahre jeden Tag von Wüschheim aus nach Köln-Worringen – 110 Kilometer sind das hin und zurück. Das tut schon weh bei den derzeitigen Spritpreisen“, sagt Dirk Esch.
„Grob gerechnet sind das für mich Kosten von etwa 350 bis 400 Euro im Monat. Dann darf man aber auch kaum aufs Gas drücken“, hat der Wüschheimer auch gleich noch einen Energiespar-Tipp parat.
Doppelt gestraft fühlen sich mitunter Pendler, die erst nach der Hochwasserkatastrophe aufs Auto umsteigen mussten, weil die bislang genutzte Bahnverbindung nach Köln oder Bonn ganz oder teilweise ausgefallen ist. Auch Matthias Sobieroj aus Bad Münstereifel hat sich Gedanken gemacht, wie er die teure Fahrt zum Arbeitsplatz nach Köln umgehen kann: „Ab und zu nutze ich auch das Homeoffice, sofern das Internet hier in der Kernstadt schnell genug funktioniert“, so der Kurstädter.
E-Bike für Kurzstrecken
Bei kürzeren Strecken werden auch andere Verkehrsmittel in Betracht gezogen. „Beruflich pendele ich nur Kurzstrecke von Bad Münstereifel nach Satzvey. Daher werde ich ab nächster Woche wohl wieder das E-Bike nehmen“, plant Doro Sina. „Richtig teuer wird es jedoch, die Kinder zum Papa-Wochenende nach Essen zu bringen. Das sind alle zwei Wochen 252 Kilometer, die für die Kinder nötig sind“, so die Bad Münstereifelerin. „Das wird hart werden“, sagt Sina.
„Tanken sozial erträglich machen“
Eine „Energiepreisbremse“ fordert der Euskirchener CDU-Landtagsabgeordnete Klaus Voussem: Der aktuelle Preisanstieg um bis zu 50 Cent im Vergleich zur Vorwoche sei auch durch die beschlossene Erhöhung der Pendler-Pauschale nicht mehr auszugleichen.
Deshalb appelliert Voussem an die Bundesregierung, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Tanken wieder sozial erträglich zu machen. „Wir brauchen eine Energiepreisbremse! Bei Spritpreisen über zwei Euro pro Liter Kraftstoff drohen die explodierenden Kosten zur sozialen Frage zu werden“, so Voussem. Als Lösung schlägt er vor, die Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe und Heizöl von 19 auf sieben Prozent zu senken. „Wir müssen auch über eine Senkung auf null mit Zustimmung der EU nachdenken“, so der Landtagsabgeordnete weiter.
Dass sie als selbstständige Musiktherapeutin auf den höheren Ausgaben für den benötigten Sprit sitzen bleibt, befürchtet Eva Leberz. „Ich kann meine Preise nicht einfach erhöhen“, sagt die Zülpicherin. Sie ist in Sorge, Klienten zu verlieren, wenn sie Fahrtkosten zusätzlich in Rechnung stellen würde. „Die Krankenkassen erstatten Musiktherapie bei Wachkomapatienten leider nicht. Das würde die Angehörigen nur weiter belasten“, sagt Leberz. Bahnen und Busse kommen für sie ebenfalls nicht infrage: „Ich habe das Auto voller Material, wenn ich zu Hausbesuchen oder in Einrichtungen wie Pflegeheime oder Hospize fahre.“
Noch werden die Preise an den Zapfsäulen mehr oder weniger klaglos hingenommen: „Die Leute wissen ja, dass wir die Preise nicht selbst machen“, sagt die Kassiererin einer Tankstelle in Kall, die namentlich nicht genannt werden möchte. Trotzdem sei das Thema allgegenwärtig: „Fast jeder macht einen Spruch dazu, aber gezahlt werden muss ja am Ende trotzdem“, so die Tankstellen-Mitarbeiterin.
Heizölpreise steigen weiter
Auch beim Thema Heizöl scheint das Ende der Preisspirale noch nicht in Sicht. „Es gibt derzeit zwei Arten von Kunden“, hat Rolf Lütz aus Gemünd festgestellt: „Die Panikkäufer, die jetzt ihre Tanks voll machen, weil sie befürchten, dass es auf lange Sicht nicht mehr billiger wird, und die, die kaufen müssen, weil die Tanks nach dem Winter fast leer sind.“ Was rät er seinen Kunden? „Das muss jeder selbst entscheiden. Keiner kann derzeit die Preise vorhersagen“, so der Brennstoffhändler.
Das könnte Sie auch interessieren:
Aktuell gebe es sogar alle paar Stunden neue Preise: „Von heute Morgen bis zum frühen Nachmittag sind schon wieder acht Cent dazugekommen“, so der Gemünder beim Blick auf seine Einkaufspreise. Bei einer Abnahme von 2000 Litern lag der Preis laut Lütz am Mittwoch um 15 Uhr bei 169,9 Cent pro Liter. Zuzüglich Mehrwertsteuer hat also auch der Heizölpreis die Zwei-Euro-Marke überschritten.
Alle Brennstoffe betroffen
„Und bei anderen Brennstoffen sieht es auch nicht viel besser aus“, hat Lütz keine guten Nachrichten für die Verbraucher. „Braunkohle-Briketts werden langsam knapp, Holzpellets kommen oft aus Osteuropa und auch beim Flaschengas sind die Preise bereits mehrfach gestiegen“, so Lütz. Er ist sicher, dass das Thema noch lange aktuell bleiben werde.
Die Versorgungssicherheit sieht Christoph Kempkes, Vorstandsvorsitzender der RWZ, momentan für die Heizöl-Kunden aber noch nicht gefährdet: „Wir haben Rahmenverträge mit den großen Mineralölkonzernen, da sind uns Liefermengen garantiert“, so der RWZ-Chef. Im schlimmsten Fall kann er sich eine Limitierung bei den Liefermengen für Privatkunden vorstellen. „Dann werden statt der bestellten 10.000 Liter vielleicht nur 2000 Liter pro Haushalt geliefert“, so Kempkes.