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Tag der FriedhöfeLehrreiche Führung über die Kriegsgräberstätte in Rurberg

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Auf zehn Stelen erkunden Konstanze Bauer und Zeitzeuge Rudolf Lauscher die Namen der lange unbekannten Toten.

Simmerath-Rurberg – Bestes Ardennenwetter herrschte, als eigentlich die Führung über den Ehrenfriedhof für die sowjetischen Kriegsopfer stattfinden sollte. Doch Regen, Wind und Kälte hielten viele davon ab. Nur zwei Personen waren gekommen – doch die hatten Ungewöhnliches zu berichten.

Angekündigt hatte die Führung der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge anlässlich des bundesweiten Tags der Friedhöfe. Mit einer Vielzahl von Informationen ausgestattet, stand Konstanze Bauer als Dozentin bereit. Doch zuerst berichtete Rolf Lauscher aus Rurberg: Der 87-Jährige ist Zeitzeuge. Nicht nur kenne er noch den alten Friedhof in Rurberg, auf dem sowjetische Kriegsgefangene beigesetzt wurden.

Die Kriegsgräberstätte

Die Kriegsgräberstätte

Als letzte Ruhestätte für 215 Tote war die sowjetische Kriegsgräberstätte in Rurberg ursprünglich geplant. Doch als aus insgesamt 38 Ortschaften die sterblichen Überreste von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern dorthin umgebettet wurden, musste der Bebauungsplan immer wieder geändert werden.

2322 Tote vieler Nationen sind heute in Rurberg bestattet, die meisten von ihnen aus der Sowjetunion. Der Autor Dieter Lenzen, der über Zwangsarbeitslager im Kreis Monschau geschrieben hat, vermutet, es seien noch mehr Tote auf Einzelfriedhöfen zu finden, doch mittlerweile sei nicht mehr bekannt, wo diese seien. (sev)

Die Gefangenen wurden häufig misshandelt

Er habe auch die Menschen gesehen, die morgens zur Arbeit in den Kermeter gefahren wurden: „Die wurden in einer Kolonne von ihrem Lager zur Kirche geführt, wo sie auf den Lastwagen steigen mussten.“ Eigentlich hätten sie recht gut ernährt gewirkt – doch das sei bei der schweren Arbeit im Forst auch wichtig gewesen.

„Die Gefangenen wurden von der Partei drangsaliert, nicht von den Privatleuten“, beschrieb er seine Beobachtungen. So sei ein Bauer öfters neben der Kolonne hergegangen und haben den Männern heimlich Tabak zugesteckt. Sein Vater habe einem der Zwangsarbeiter ein Stillleben abgekauft, dass dieser auf Sperrholz gemalt habe. Drei siebenpfündige Brote habe der dafür erhalten.

Nicht alle Toten sind russisch-orthodox oder katholisch

Doch die Wachleute hätten die Gefangenen häufig misshandelt, das habe er selbst gesehen. Und: „Das waren die, die nach dem Krieg in der Kirche als Erste nach der Kommunion gefragt haben.“

Doch auch Bauer hatte als Leiterin der Führung viel Spannendes beizutragen. So habe es Unmut gegeben, als der Friedhof im Juni 1961 im russisch-orthodoxen Ritus und im katholischen Ritus geweiht worden sei. „Es ist gar nicht klar, ob alle die, die hier liegen, auch diesen Religionen angehörten“, erläuterte sie angesichts solcher Namen wie Mohamed.

Zwangsarbeiter durften nicht in die Luftschutzkeller

Lange sei ein Großteil der hier bestatteten Toten namenlos gewesen, da die Namenslisten, die die deutsche Bürokratie akribisch geführt hatte, in Moskau in Archiven lagerten. Doch nach dem Ende der Sowjetunion habe sich das geändert, viele Namen konnten rekonstruiert werden. Sie wurden auf zehn Stelen gemeißelt. „Das ist oft sehr schwierig, weil es in der Sowjetunion mehrere Schriftsysteme gab“, erläuterte Bauer.

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Auch drei Kinder sind hier bestattet, das jüngste sei ein Jahr alt gewesen. Sie seien Kinder von Zwangsarbeitern gewesen. Wie Maria Silnitschenko. Sie wurde im September 1943 geboren und kam im August 1944 bei einem Luftangriff ums Leben. „Zwangsarbeitern war es verboten, in die Luftschutzkeller zu gehen“, sagte Bauer.