Nach dem Hochwasser in Schleiden-GemündFamilien in Malsbenden haben alles verloren
Schleiden-Gemünd – „Wir haben keine Tränen mehr zu weinen“, sagt Yvonne Roß über sich und ihren Mann Michael. Sie steht vor einem riesigen Müllberg, der einmal ihr Haushalt war und beobachtet Oliver Schorn, der mit seinem Bagger einen Schrank in den Laster hebt. „Ein Erbstück“, sagt sie trocken, ohne Träne.
Ihr Haus in Malsbenden, das in der Flutnacht von der Urft überschwemmt wurde, ist zu retten, habe ein Statiker gesagt, der ehrenamtlich von Haus zu Haus gegangen sei, um den verzweifelten Hausbesitzern eine erste Einschätzung zu geben. Doch das ist auch alles, eine Elementarversicherung hat Familie Roß wie viele andere nicht.
Viel Trubel vor dem Haus
In ihrem Haus ist ein Trubel wie in einem Ameisenhaufen. Die Junggesellenvereine aus Vlatten und Malsbenden verwandeln das ehemalige Heim in einen Rohbau. Fliesen, Putz, alles muss herunter, damit die durchfeuchteten Wände eine Chance haben zu trocknen. Bautrockner? „In ganz NRW sind keine zu bekommen“, sagt Roß.
Als der Regen gekommen sei, seien sie in Paris gewesen, erzählt Roß. „Deshalb sind wir reich, wir haben Pässe und Kleidung. Das ist mehr, als hier die meisten haben“, sagt sie sarkastisch. Jetzt wohnen sie in den Ferienwohnungen im Obergeschoss. „Die konnten wir wegen Corona nicht vermieten, und jetzt das“, so Roß. Die neue Heizung im Keller ist ein 12000-Euro-Schrotthaufen. Roß zuckt mit den Schultern, keine Tränen.
Verlobungsring im Schlamm
Die Laster, die an ihr vorbeirollen, fahren die Existenzen der Malsbender auf den Müllberg auf dem Marienplatz. Überall malochen Menschen, schleppen, laden, helfen. Mit dem Bollerwagen fahren junge Leute aus Dreiborn umher und versorgen die Menschen mit Getränken und kleinen Mahlzeiten.
Von der Hilfsbereitschaft der Menschen ist Roß überwältigt. Am Dienstag seien Leute aus Köln mit zwei Nasssaugern gekommen, die hätten den Keller trockengelegt. „Sie wohnen im Hochwassergebiet, sagten sie. Die kennen das“, erzählt Yvonne Roß. Am Samstag seien zwei Frauen aus Dedenborn, Ulli und Julia Krings, gekommen, die hätten einfach angepackt. „Die sind seither permanent hier, die sind richtig gute Freunde geworden.“ Der Zusammenhalt sei in Malsbenden noch nie so stark gewesen. Dort, wo man sich früher kurz gegrüßt hat, fällt man sich jetzt in die Arme.
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Alles habe sie verloren, doch als ein Nachbar gekommen sei und ihr ihren Verlobungsring zurückgab, den er im Schlamm gefunden hatte, sei sie doch eingeknickt, gesteht sie. Um sofort wieder in den Sarkasmusmodus zu schalten. Denn das Kleid der Tochter, die in vier Wochen zur Kommunion gehe, habe bereits im Kinderzimmer gehangen. Weiß sei das nicht mehr: „Ich bin dafür, dass in diesem Jahr alle in Braun gehen.“